# taz.de -- Von der Leyens möglicher Wechsel: Es war nicht alles schlecht
       
       > Viele Soldaten wären froh, Ursula von der Leyen als Ministerin
       > loszuwerden. Dabei hat sie in ihrer Amtszeit einiges richtig gemacht.
       > Eine Bilanz.
       
 (IMG) Bild: Keine Freunde: von der Leyen und die Bundeswehr-Soldaten (hier bei einer ABC-Schutzübung)
       
       BERLIN taz | Sollte Ursula von der Leyen demnächst wirklich das
       Verteidigungsministerium verlassen und [1][nach Brüssel umziehen] – die
       Stimmung beim Zapfenstreich zum Ausstand würde wohl nicht allzu trist.
       Abschiedsschmerz unter den Soldaten? Wohl kaum. In den Sozialen Netzwerken
       reagierten viele Soldaten erfreut auf die Nachricht, dass sie ihre
       Ministerin bald los sein könnten. Unfähig, inkompetent, selbstsüchtig: Nach
       fünfeinhalb Jahren im Amt ist von der Leyen in weiten Teilen des Militärs
       unten durch.
       
       Das spricht schon mal für die CDU-Politikerin. Die Bilanz ihrer potentiell
       endenden Amtszeit ist zwar tatsächlich durchwachsen. Neben einer Reihe von
       Fehlern, die VerteidigungsministerInnen nun mal so begehen, stehen darin
       aber auch ein paar Highlights. Das liegt eben daran, dass sich von der
       Leyen anders als viele Vorgänger nicht als Elternteil der Truppe verstand,
       sondern den SoldatInnen auch mal etwas zumutete.
       
       Im Jahr 2017 zum Beispiel, als sich Meldungen über rechtsextreme und
       erniedrigende Vorfälle in der Bundeswehr gehäuft hatten und dann auch noch
       der Oberleutnant Franco A. aufflog. Der Offizier, der Waffen hortete und
       eine Liste politischer Gegner führte, hatte schon Jahre zuvor eine
       rechtsextreme Masterarbeit eingereicht. Seinen Vorgesetzten war das
       bekannt, sie zogen aber keine Konsequenzen. Aus den jährlichen Berichten
       des Wehrbeauftragten des Bundestags geht hervor, [2][dass das kein
       Einzelfall war]: In der Bundeswehr gibt es keine konsequente Linie gegen
       Rechtsextreme. Von der Leyen attestierte der Armee deshalb ein
       „Haltungsproblem“.
       
       Unter Soldaten, die sich oft extrem nach gesellschaftlicher Anerkennung
       sehnen, kam das schlecht an. Viele von ihnen verstanden die Kritik als
       Generalverdacht. Dabei war es von der Leyen gelungen, eine Debatte über ein
       strukturelles Problem anzustoßen. Wenn sie hier etwas falsch gemacht hat,
       dann höchstens, dass sie hinterher rhetorisch wieder abrüstete und bis
       zuletzt nur halbherzig Gegenmaßnahmen durchsetzte.
       
       ## Stabsstelle für Diversity
       
       Unbeliebt machte sich von der Leyen auch mit ihrem Versuch, die Bundeswehr
       vielfältiger zu machen. Sie schuf eine Stabsstelle zum
       Diversity-Management, schickte ihre Generäle in ein Seminar zu sexueller
       Vielfalt und richtete Kitas in Kasernen ein. Diejenigen Soldaten, die sich
       stark über eine Kriegermentalität definieren, empfinden das als einen Kurs
       der Verweichlichung. Sie schämen sich geradezu für die Ministerin.
       
       Dabei handelte von der Leyen auch hier richtig. Ganz pragmatisch gesehen
       kann die Bundeswehr ihr Nachwuchsproblem nur lösen, wenn sie sich für mehr
       Bevölkerungsgruppen öffnet. Aber auch andere Missstände kann sie nur über
       Vielfalt abstellen. Je mehr Frauen zum Beispiel dienen, desto weniger
       Akzeptanz bleibt für männerbündnerische Rituale.
       
       Alles richtig gemacht also? So ist es auch wieder nicht. Penetrant und
       öffentlichkeitswirksam forderte von der Leyen über Jahre mehr Geld fürs
       Militär, im Ergebnis ist der Etat ihres Ministerium während ihrer Amtszeit
       um mehr als 10 Milliarden Euro auf 43,2 Milliarden gestiegen. Zwar ist es
       legitim, dass eine Ministerin für ihr Ressort so viel wie möglich
       herausschlägt. Das Ressort muss die Mittel dann aber auch effektiv
       einsetzen.
       
       ## Geld verschwendet
       
       Das Verteidigungsministerium verschwendet sein Geld aber bis heute, die
       Probleme im Beschaffungswesen konnte von der Leyen nicht abstellen, und
       nach mehr als fünf Jahren kann sie das auch nicht mehr auf ihre Vorgänger
       schieben. Für Fehler aus ihrer Amtszeit ist sie selbst verantwortlich.
       
       Mit Hilfe von externen Unternehmensberatern wollte sie das Chaos bei
       Rüstungsprojekten abstellen, ihre Staatssekretärin Katrin Suder holte sie
       sogar direkt von McKinsey. Der Ansatz war zwar nicht falsch, er geriet aber
       komplett außer Kontrolle. Das Ministerium vergab Aufträge an
       Ausschreibungsvorgaben vorbei und lagerte staatliche Aufgaben massenhaft an
       private Unternehmen aus.
       
       Mittlerweile [3][beschäftigt sich damit ein Untersuchungsausschuss des
       Bundestags]. Glück für von der Leyen, dass sie das Ministerium wohl
       verlässt, bevor der Ausschuss sein Ergebnis präsentiert. Peinlich genug,
       dass sie im Herbst womöglich als amtierende EU-Kommissionspräsidentin vor
       den Ausschuss geladen wird und dort ihre Fehler erklären muss.
       
       ## Kein Schiff in Brüssel
       
       Und wie teuer bis dahin wohl die Gorch Fock geworden ist? Die Sanierung des
       Segelschulschiffs kostete schon jetzt ein Vielfaches dessen, was
       ursprünglich vorgesehen war. Von der Leyen hatte mehrmals die Möglichkeit,
       die Sanierung zu stoppen und ein neues Schiff zu bestellen. Wäre billiger
       gekommen. War für von der Leyen trotzdem bis zuletzt keine Option.
       
       In Brüssel sollte sie diese Management-Fehler nicht wiederholen. An [4][der
       Spitze der Kommission] könnte sie sonst noch mehr Schaden anrichten: Der
       Haushalt, den sie dort verwalten würde, ist fast vier Mal so hoch wie der
       des Verteidigungsministeriums. Zum Schluss aber eine gute Nachricht für
       alle Beteiligten: Ein Marine-Segelschiff besitzt die Europäische Union
       zumindest nicht.
       
       3 Jul 2019
       
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