# taz.de -- Streit um Langstreckenblitzer: Die Polizei macht weiter
       
       > Niedersachsens Datenschutzbeauftragte fordert vergeblich, dass der
       > Einsatz von Langstreckenblitzern auf der B6 gestoppt wird.
       
 (IMG) Bild: Blitz, Blitz, Blitz: Kameras auf der Bundesstraße B6 in der Region Hannover
       
       Hannover taz | Autofahrer*innen, die auf der Bundesstraße 6 in der Region
       Hannover unterwegs sind, werden möglicherweise in ihren Grundrechten
       verletzt. Davon geht zumindest die niedersächsische
       Landesdatenschutzbeauftrage Barbara Thiel (CDU) aus. Sie fordert, dass der
       Pilotversuch zu Section Control sofort gestoppt wird.
       
       Das niedersächsische Innenministerium testet seit Mitte Januar auf der
       Strecke zwischen Gleidingen und Laatzen auf 2,2 Kilometern eine neue Art
       der Geschwindigkeitsmessung. Das Land hat sich dieses Projekt bisher
       450.000 Euro kosten lassen.
       
       Section Control soll eine Alternative zum klassischen Blitzer sein. Das
       Konzept funktioniert so: Am Anfang der Strecke fotografieren Kameras die
       Nummernschilder am Heck der vorbeifahrenden Autos. Zudem werden die
       Fahrtrichtung, die Zeit und der Ort erfasst. Die Daten werden vorübergehend
       verschlüsselt gespeichert. Am Ende der Strecke fotografiert die Anlage
       erneut das Kennzeichen und berechnet die Durchschnittsgeschwindigkeit. Wenn
       die Fahrer*innen zu schnell unterwegs waren, löst einer der Blitzer am Ende
       der Strecke aus. Die Daten werden übermittelt, die Anzeige folgt. Bis
       Mittwoch wurden 31 Autos geblitzt.
       
       Die Daten der Fahrer*innen, die sich an die Regeln halten, werden gelöscht.
       Das Bundesverfassungsgericht hatte 2008 entschieden, dass es keinen
       Grundrechtseingriff darstellt, wenn die Polizei die Daten bei sogenannten
       Nichttreffern sofort wieder spurenlos löscht. Doch am Dienstag
       veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht ein neues Urteil, indem es
       seine Haltung ändert (siehe Kasten).
       
       Die Grundlage für den Pilotbetrieb sei damit weggefallen, sagt Christoph
       Lahmann, der Stellvertreter der Landesdatenschutzbeauftragten. „Der
       Gesetzgeber muss nun eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Section Control
       schaffen.“ Ohne solche Bestimmungen halten die Datenschützer*innen die
       Tempomessung für einen Grundrechtseingriff.
       
       Aber das Innenministerium denkt nicht daran, das Pilotprojekt auf Eis zu
       legen, bis das neue Polizeigesetz in Niedersachsen durch das Parlament
       gegangen ist. Dort ist bereits ein Paragraf vorgesehen, der Section Control
       auch aus Sicht der Datenschützer*innen legitimieren würde.
       
       Die Entscheidung des Verfassungsgerichts habe „keine Auswirkungen“ auf den
       Pilotversuch, sagt Simone Schelk, die Sprecherin des Innenministeriums.
       Zwar sei es unstreitig, dass für die längerfristige Nutzung eine spezielle
       Rechtsgrundlage notwendig sei, für das Projekt beziehe sich das Ministerium
       aber auf die polizeiliche Generalklausel, die besagt, dass die Polizei
       notwendige Maßnahmen treffen kann, um eine Gefahr abzuwehren.
       
       Bei Section Control erfolge kein Abgleich mit anderen Datenbanken, sagt
       Schelk. Es diene ausschließlich der Geschwindigkeitsmessung. „Der Zweck der
       Datenverarbeitung ist damit klar definiert.“ Section Control komme nur dort
       zum Einsatz, wo eine erhebliche Unfallgefahr bestehe – so wie auf der B 6.
       Auf der Strecke zwischen Sarstedt und Hannover starben zwischen 2011 und
       2014 drei Menschen, insgesamt gab es 32 Unfälle. Seit der Bauphase der
       Anlage und sogar seit Bekanntwerden der Planungen habe sich die Unfallzahl
       verringert, sagt Schelk. Zwischen 2015 und 2018 starb hier ein Mensch und
       es gab 17 Unfälle.
       
       Das Ministerium sieht viele Vorteile gegenüber einem stationären Blitzer,
       vor dem Fahrer*innen oft plötzlich abbremsten. Die Methode führe zu einer
       spürbaren Harmonisierung des Verkehrsflusses. Und dass das Tempo über einen
       längeren Zeitraum gemessen werde, sei, so sagt es Innenminister Boris
       Pistorius (SPD), „auch einfach gerechter“.
       
       8 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrea Maestro
       
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