# taz.de -- Anzeigen wegen Dobrindt-Äußerungen: „Abschiebe-Saboteure“ ist sagbar
       
       > Der CSU-Politiker sprach in einem Interview von einer
       > „Anti-Abschiebe-Industrie“. Anwälte zeigten Dobrindt an. Anklage wird
       > nicht erhoben.
       
 (IMG) Bild: Zwei „Verbalradikalisten“: CSU-Buddys Alexander Dobrindt und Horst Seehofer
       
       Hamburg taz | Hat es Konsequenzen, dass CSU-Landesgruppenchef Alexander
       Dobrindt im Mai von einer [1][„Anti-Abschiebe-Industrie“] gesprochen hat?
       Bundesweit hatten Migrationsrechtsanwälte Dobrindt deshalb wegen
       Beleidigung angezeigt. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat nun den
       betreffenden Anwälten bekannt gegeben, dass sie diesbezüglich das Verfahren
       eingestellt hat.
       
       Die Staatsanwaltschaft Berlin, die auch für die rechtliche Prüfung
       derjenigen Anzeigen zuständig war, die über andere Staatsanwaltschaften
       eingingen, hält demnach die Formulierung Dobrindts für eine „provokant
       formulierte Kritik“, die von der Meinungsfreiheit gedeckt scheine. Auch sei
       die Kritik nicht geeignet, um eine Beleidigung für eine klar abgrenzbare
       Gruppe an Adressaten darzustellen. Dobrindt habe in seinen Äußerungen weder
       den einzelnen Anwalt noch die auf Asylrecht spezialisierten Rechtsanwälte
       als Personengruppe konkret benannt, heißt es in einer der Mitteilungen zur
       Einstellung des Verfahrens, die der taz vorliegt.
       
       Nach Informationen der taz haben mehrere Anwälte solche Schreiben Ende der
       Arbeitswoche erhalten. Ob damit alle Anzeigen gegen den CSU-Politiker in
       dieser Sache eingestellt sind, ließ sich bislang nicht klären. Allerdings
       schreibt die Staatsanwaltschaft, Dobrindts Äußerungen weisen „unter keinen
       rechtlichen Gesichtspunkten einen strafbaren Inhalt“ auf – auch nicht wegen
       Volksverhetzung oder falscher Verdächtigung.
       
       Dobrindt hatte in der Bild am Sonntag Anfand Mai davon gesprochen, es sei
       „nicht akzeptabel, dass eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst
       die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der
       Öffentlichkeit provoziert wird“. Wenige Tage später hatte er, ebenfalls in
       der Bild am Sonntag, von „Abschiebe-Saboteuren“ gesprochen und erläutert,
       mit „Anti-Abschiebe-Industrie“ meine er „eine unsägliche Allianz von
       Zwangsideologen und Partikularinteressen, die durch Klagewellen versucht,
       Abschiebungen zu verhindern und die Durchsetzung des Rechtsstaates zu
       sabotieren.“
       
       ## Anwälte sind Teil des Rechtsstaates
       
       Unter anderem AfD-Chef Alexander Gauland hatte die Äußerung Dobrindts als
       ein Beispiel dafür gesehen, dass die AfD es geschafft habe, die Grenzen des
       Sagbaren zu verschieben. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU)
       hingegen hatte mit Blick auf Dobrindts Formulierung von
       „Verbalradikalismus“ gesprochen.
       
       Zahlreiche Migrationsrechtsanwälte hatten sich verleumdet und beleidigt
       gefühlt. Claire Deery, Rechtsanwältin und Vorsitzende des Flüchtlingsrats
       Niedersachsen erklärt zu Ihrer Anzeige: „Im Rahmen unserer anwaltlichen
       Tätigkeit sind wir Teil des Rechtsstaates. Daran ändern die Aussagen des
       CSU-Landesgruppenchefs nichts.“ Es sei „offenkundig unwahr, dass das
       Einlegen von gesetzlich vorgesehenen Rechtsmitteln einen Akt der
       Staatssabotage darstellt. Wäre dies der Fall, wären die jeweiligen
       Rechtsmittel im Gesetz nicht vorgesehen“, hieß es in ihrer Anzeige.
       
       Auch Bettina Feix, Fachanwältin für Migrationsrecht in Bayern, hatte
       Dobrindt angezeigt und wurde nun über die Einstellung informiert. „Man
       konnte die Aussagen nicht einfach so stehen lassen“, erklärte Feix der taz.
       „Ich fühlte mich persönlich beleidigt“. Sie vertrete vor allem
       AsylbewerberInnen aus Afghanistan. „Ich hänge mich rein in meine Fälle“,
       sagt sie.
       
       Viele der [2][Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge]
       (Bamf) seien fehlerhaft und würden erst von Gerichten korrigiert. Eben das
       habe für sie mit Rechtsstaatlichkeit nicht mehr viel zu tun.
       
       21 Jul 2018
       
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