# taz.de -- Asylstreit spitzt sich zu: Seehofer droht mit Alleingang
       
       > Die CSU und Merkel ringen um eine Lösung im Asylstreit. Die Fronten sind
       > verhärtet – die Parteien tagen getrennt. Seehofer droht, per
       > Ministerentscheid zu handeln.
       
 (IMG) Bild: Finden Merkel und Seehofer bei ihrem erneuten Zusammentreffen am Donnerstag eine Lösung? (Archivbild)
       
       Berlin dpa | Der erbittert geführte Asylstreit von CSU und CDU droht
       endgültig zu eskalieren. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) drohte
       Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem Alleingang: Sollte es keine
       Einigung in der Frage um die Zurückweisung von Flüchtlingen an der
       deutschen Grenze geben, wolle er notfalls per Ministerentscheid handeln und
       dazu am Montag den Auftrag des CSU-Vorstandes einholen. Das machte Seehofer
       nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag in einer
       Sondersitzung der CSU-Landesgruppe in Berlin deutlich.
       
       Im Kern streiten CSU und CDU seit Tagen darüber, ob auch Asylbewerber ohne
       Papiere sowie bereits abgeschobene Bewerber wie von der CSU gefordert nicht
       mehr über die deutsche Grenze gelangen dürfen. Bei der Zurückweisung von
       bereits in anderen europäischen Ländern registrierten Flüchtlingen hatte
       das CDU-Präsidium am Donnerstagmorgen Kompromissbereitschaft signalisiert.
       
       Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) reicht das Kompromissangebot
       der CDU aber nicht aus. „Bei der Zuwanderung dürfen wir keine halbe Sachen
       mehr machen“, sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel warb indes vor den CDU-Bundestagsabgeordneten
       um Unterstützung für ihren Kurs in der Asylpolitik. Nach dpa-Informationen
       von Teilnehmern der Sondersitzung bat sie um Vertrauen bis zum EU-Gipfel am
       28. und 29. Juni in Brüssel. Bis dahin will Merkel tiefgreifende
       Fortschritte für eine gemeinsame Asylregelung in der EU erreichen.
       
       Die Kanzlerin stellte in der Sitzung zudem ihren Kompromissvorschlag im
       Streit mit der CSU vor. Als erster Redner ergriff nach ihr
       Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble das Wort, der in der Fraktion hohes
       Ansehen genießt. Er stellte sich demonstrativ hinter den Kurs Merkels und
       warnte, es gehe nicht, dass die Union in einer so schwierigen
       internationalen Lage die Bundeskanzlerin schwäche.
       
       ## SPD kritisiert Streit der Union
       
       Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles lehnte den CSU-Vorschlag für eine
       Abweisung von Asylbewerbern schon an der Grenze strikt ab. „Wir fordern die
       Union auf, ihre internen Streitigkeiten möglichst bald zu beenden“, sagte
       sie am Donnerstag in Berlin nach einer Sondersitzung der
       SPD-Bundestagsfraktion, deren Vorsitzende sie ebenfalls ist. „Theaterstücke
       im Dienste von Landtagswahlen sind hier nicht angemessen“, sagte Nahles sie
       mit Blick auf die bayerische CSU, die im Oktober ihre Mehrheit bei der
       Landtagswahl verteidigen will und in der Flüchtlings- und Asylfrage auf
       eine harte Linie pocht.
       
       „Wir sind zu einer ganz klaren Position gekommen“, sagte Nahles nach der
       Sondersitzung. „Wir haben sehr umfangreiche und konkrete Vereinbarungen im
       Koalitionsvertrag zum Thema Migration und Asyl“.
       
       Dabei gebe es von dem Prozedere für Rückführungen bis zu Ankerzentren für
       Asylbewerber und einem Einwanderungsgesetz klare Verabredungen. „Dazu
       stehen wir ausdrücklich.“ Der Vorstoß von Innenminister und CSU-Chef Horst
       Seehofer, bereits in anderen EU-Staaten mit Fingerabdrücken registrierte
       Asylbewerber schon an der Grenze abzuweisen, steht nicht im Vertrag. Im
       Prinzip stützt die SPD hier die Linie von Bundeskanzlerin Angela Merkel
       (CDU).
       
       Die Töne aus der CSU klangen am Donnerstagmittag aber dennoch nicht
       wirklich kompromissbereit. „Wir haben der CDU mitgeteilt, dass wir jetzt
       Handlungsnotwendigkeit sehen“, sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt
       vor einer Sondersitzung der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Deutschland
       stehe vor einer historischen Situation. Man müsse das Asylsystem neu
       ordnen, dazu gehöre, dass man jetzt Entscheidungen treffe und nicht auf
       unbestimmte Zeit verschiebe. Darüber hinaus unterstütze die CSU alle
       Bemühungen, europäische Lösungen herbeizuführen. Dies sei aber nicht
       kurzfristig machbar, „so dass wir jetzt handeln müssen“.
       
       Das CSU-Vorstandsmitglied Hans Michelbach sprach sich dafür aus, bei einer
       Sondersitzung der Bundestagsfraktion über die verschiedenen Positionen im
       Asylstreit abstimmen zu lassen. Bislang ist aber noch unklar, wann genau es
       eine Sondersitzung geben wird.
       
       In der Union wurde die Lage am Donnerstagmorgen äußerst schwierig
       eingeschätzt. Offen war nach wie vor, ob und wann die gesamte
       Unionsfraktion am Mittag noch zu einer Sondersitzung wegen des Asylstreits
       zusammenkommt. Die Spitzen von CDU und CSU hatten sich bereits am
       Mittwochabend nicht auf einen Kompromiss einigen können.
       
       14 Jun 2018
       
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