# taz.de -- Seehofers neues Gesetz: Handgranaten für die Polizei
       
       > Horst Seehofer plant ein Musterpolizeigesetz. Als Vorbild soll offenbar
       > ausgerechnet das umstrittene bayerische Gesetz dienen.
       
 (IMG) Bild: Mit dem Kopf noch in Bayern: Bundesinnenminister Horst Seehofer
       
       Berlin taz | [1][Bundesinnenminister] Horst Seehofer (CSU) hat am Mittwoch
       offenbar im Innenausschuss erklärt, das geplante Musterpolizeigesetz für
       die Länder solle sich an der Novelle des bayerischen Polizeigesetzes
       orientieren, das die CSU im Mai im bayerischen Landtag verabschieden will.
       Seehofer habe ihre diesbezügliche Nachfrage klar bejaht, sagte die
       Linken-Abgeordnete Martina Renner am Donnerstag der taz. „Befürchtet haben
       wir das schon länger, jetzt gibt es die Bestätigung von Herrn Seehofer
       selbst“, so Renner. Das Bundesinnenministerium wollte sich auf taz-Anfrage
       nicht dazu äußern, da es sich um eine nichtöffentliche Sitzung des
       Innenausschusses gehandelt hatte.
       
       Das in Bayern geplante Polizeiaufgabengesetz (PAG) sieht eine massive
       Ausweitung der polizeilichen Befugnisse vor. So soll es [2][der Polizei
       künftig möglich sein], auch ohne konkreten Verdacht Personen zu
       durchsuchen, Telefone abzuhören, verdeckte Ermittler einzusetzen, Daten
       auszulesen, zu speichern und zu verändern. Möglich wird das durch die
       Einführung der Kategorie „drohende Gefahr“: Bisher müssen für ein
       präventives Handeln der Polizei konkrete Verdachtsmomente vorliegen,
       künftig soll das nicht mehr nötig sein. Für Aufsehen sorgt auch das
       Vorhaben, der bayerischen Polizei künftig den Einsatz von Handgranaten zu
       erlauben.
       
       Die „drohende Gefahr“ wurde in Bayern bereits im letzten Sommer mit dem
       „Gesetz zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen“ als rechtliche
       Kategorie eingeführt. Dieses Gesetz erlaubt unter anderem, Menschen, die
       als Gefährder eingestuft werden, theoretisch unbegrenzt in Präventivhaft zu
       nehmen – im März hat die bayerische Grünenfraktion dagegen Klage vor dem
       Bundesverfassungsgericht eingereicht. Auch gegen das neue Polizeigesetz
       gibt es starke verfassungsrechtliche Bedenken.
       
       Seehofers Vorstellung, als Bundesinnenminister die Vorgaben für das
       Musterpolizeigesetz zu machen anstatt diese Aufgabe in der Hoheit der
       Länder zu belassen, sei schon grundsätzlich problematisch, so Renner. „Das
       ist ein Versuch, das föderale System in der Sicherheitsarchitektur
       auszuhebeln, dessen Einführung nicht ohne Grund eine der Lehren aus der
       Zeit des Nationalsozialismus war.“ Der Innenminister besitze hier keine
       Weisungskompetenz; sie hoffe, dass die Länder diese „Anmaßung“
       zurückwiesen.
       
       Ausgerechnet das geplante bayerische Polizeigesetz zum Vorbild zu erklären,
       gegen das es verfassungsrechtliche Bedenken und seit Wochen anhaltende
       Proteste gibt, hält Renner für „absolut nicht hinnehmbar.“ Weil nach der
       bayerischen Gesetzesnovelle die Polizei auch ohne Verdacht auf konkrete
       Straftaten ermitteln können soll, verschwämmen dort die Grenzen zwischen
       Polizei und Geheimdienst. „Ein solches Gesetz darf es nicht geben, nicht in
       Bayern und nirgendwo sonst“, so Renner.
       
       Auf Nachfrage, warum ausgerechnet das bayerische Gesetz als Vorlage dienen
       soll, habe Seehofer im Ausschuss darauf verwiesen, dass Bayern die höchste
       Aufklärungsquote bei Straftaten habe. Die aktuellsten Zahlen dazu stammen
       allerdings von 2016, und auch da lag Bayern mit einer Quote von 65,9 nur
       sehr knapp vor anderen Ländern. „Herr Seehofer will bayerische Politik in
       Berlin machen, er hat noch nicht verstanden, dass er nicht mehr in München
       sitzt“, sagt Renner. Wichtig sei nun, den Protest gegen das bayerische
       Gesetz auf die bundesweite Ebene zu heben.
       
       19 Apr 2018
       
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