# taz.de -- Nach dem Anschlag in Berlin: Die Sicherheitsdebatte wird schärfer
       
       > Niemand sollte versuchen, die Tat für eigene politische Zwecke zu
       > instrumentalisieren, sagt der Justizminister. Und was geschieht?
       
 (IMG) Bild: Betonblöcke als Schutz? Die SPD unterstützt das
       
       Berlin/München taz | Nach dem Berliner Attentat fordern Polizeivertreter,
       die Videoüberwachung auszuweiten. Gerade auf öffentlichen Plätzen seien
       mehr und bessere Kameras nötig, sagte Ernst Walter, Vizevorsitzender der
       Deutschen Polizeigewerkschaft, am Mittwoch im Mitteldeutschen Rundfunk.
       „Wenn sich die politisch Verantwortlichen immer wieder hinter
       Datenschutzbedenken verbergen, werden wir auch nach zukünftigen Anschlägen
       Probleme bei den Ermittlungen haben.“
       
       Nach der Tat am Breitscheidplatz konnten die Ermittler nicht auf
       Überwachungsaufnahmen zurückgreifen, um den Täter zu identifizieren und
       nach ihm zu fahnden. Öffentliche Videokameras sind am Tatort nicht
       installiert. Dies entspricht der Berliner Linie: Im Gegensatz zu anderen
       Bundesländern wie Bayern setzt die Hauptstadt auf öffentlichen Plätzen in
       der Regel keine fest installierten Kameras ein. Im Koalitionsvertrag des
       neuen rot-rot-grünen Senats ist nicht vorgesehen, die Videoüberwachung
       auszuweiten. Auch nach der Tat vom Montag haben die Koalitionsspitzen ihre
       Haltung nicht geändert.
       
       Eine Entscheidung des Bundeskabinetts vom Mittwoch wirkt sich ebenfalls
       nicht direkt aus: Die Regierung einigte sich am Vormittag darauf, einen
       schon länger geplanten Gesetzentwurf zur Videoüberwachung in den Bundestag
       einzubringen. Allerdings geht es dabei nicht um von der Polizei
       installierte Kameras auf großen Plätzen, sondern um private Kameras in
       öffentlich zugänglichen Räumen wie Einkaufszentren, Sportstadien oder
       U-Bahnhöfen.
       
       Will der Betreiber in solchen Räumen Videoüberwachung einsetzen, muss er
       seine Pläne erst von der Datenschutzbehörde des jeweiligen Bundeslands
       prüfen lassen. Bislang haben diese Behörden immer wieder restriktiv
       entschieden. In Zukunft sind sie durch das neue Gesetz dazu gezwungen, bei
       ihren Abwägungen den „Schutz von Leben, Gesundheit und Freiheit“ stärker zu
       berücksichtigen.
       
       Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte diese Neuerung im Sommer –
       infolge von Attentaten, Anschlagsversuchen und Amokläufen – initiiert. Sie
       ist Teil eines größeren Pakets, das das Kabinett am Mittwoch abnickte.
       Vorgesehen ist darin, auch den Einsatz anderer Techniken zu erleichtern –
       darunter Verkehrskameras mit automatischer Kennzeichenerkennung und
       Körperkameras als Teil von Polizeiuniformen.
       
       ## CDU und CSU fordern Gesetzesverschärfungen
       
       Politikern aus CDU und CSU reicht dieses Paket aber schon jetzt nicht mehr
       aus, sie fordern weitere Gesetzesverschärfungen. Schon kurz nach dem
       Berliner Anschlag hatte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer
       (CSU) eine Neujustierung der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik gefordert.
       Dies sei man den Opfern schuldig. Laut wird in der CSU auch die Forderung
       nach einem verstärkten Einsatz der Bundeswehr im Innern.
       
       Auch der CDU-Mann Klaus Bouillon, Innenminister im Saarland und
       Vorsitzender der Innenministerkonferenz, forderte bereits vor der
       Identifizierung des Täters neue Maßnahmen: Flüchtlinge sollten künftig
       ihren Asylanspruch verlieren, wenn sie nicht an der Feststellung ihrer
       Identität mitwirkten. Es gebe immer noch zu viele Flüchtlinge, deren
       Personalien unklar seien. Bei Ermittlungen sollten zudem Hürden für die
       Telefon- und Internetüberwachung fallen.
       
       Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke sprach dagegen von „unsinnigen
       Scharfmacherfordungen“. Flüchtlinge „unter Generalverdacht“ zu stellen, sei
       „pietätlos und brandgefährlich“. Man dürfe Ermittlungsergebnisse nicht
       vorwegnehmen.
       
       Auch die SPD gab sich zunächst zurückhaltend. Ihr Innenexperte Burkhard
       Lischka unterstützte nur den Vorstoß, Großveranstaltungen besser zu
       schützen, etwa mit Betonblöcken. Für weitere Maßnahmen müsse man warten,
       bis das Täterprofil klar sei. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD)
       mahnte Besonnenheit an. Niemand sollte versuchen, den Anschlag für eigene
       Zwecke zu instrumentalisieren. „Wer es dennoch tut, entlarvt sich selbst
       als verantwortungslos.“
       
       Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic sprach von „reißerischen
       Forderungen“. „Eine Militarisierung der Innenpolitik lehnen wir aufs
       Schärfste ab.“ Auch die Debatte um mehr Videoüberwachung sei „ein
       symbolpolitischer Ladenhüter“. So habe es am Kölner Hauptbahnhof in der
       letzten Silvesternacht mehr als 100 Kameras gegeben: Die dortigen Taten
       habe dies weder verhindert noch aufgeklärt.
       
       22 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
 (DIR) Konrad Litschko
       
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