# taz.de -- Serienkolumne Die Couchreporter: Frauen an die Schreibmaschine
       
       > „Good Girls Revolt“ ist ein Porträt über Sexismus am Arbeitsplatz im New
       > York der Sechzigerjahre. Das neue Mad Men? Ein bisschen.
       
 (IMG) Bild: Patti, gespielt von Genevieve Angelson, ist die Anführerin der Frauenrevolte
       
       „Good Girls Revolt“ ist das neue „Mad Men“! Oder doch nicht? Da sind sich
       die Rezensenten der neuen Amazon-Serie nicht einig. Doch keine_r kommt ohne
       eine Anspielung auf den Serienhit über die chauvinistischen Werbemacher
       aus. Die Gemeinsamkeiten der beiden Serien liegen auf der Hand: Beide
       porträtieren die Arbeitswelt der 1960er Jahre in New York – in „Good Girls
       Revolt“ ist es der Journalismus, nicht die Werbebranche. Es wird gefeiert,
       getrunken und vor allem geraucht. Wie bei „Mad Men“ kämpfe ich beim Binge
       Watching dagegen an, mir alle fünf Minuten eine Zigarette anzustecken.
       
       Doch „Good Girls Revolt“ erzählt die Geschichte aus weiblicher Perspektive:
       die Mitarbeiterinnen des News of the Week“-Magazins kämpfen für die
       gleichen Rechte wie ihre männlichen Kollegen – was ihnen per Gesetz
       zusteht. Die Frauen recherchieren und arbeiten den Reportern zu, doch am
       Ende steht immer nur ein Name über dem Artikel. Und zwar nicht der einer
       Frau, denn die Regel bei „News of the Week“ lautet: Frauen schreiben nicht.
       
       Die drei Protagonistinnen Cindy, Patty und Jane versuchen ihre
       Arbeitskolleginnen zu einer Sammelklage gegen das Magazin zu überreden. Die
       Geschichte gab es wirklich: 1970 haben Journalistinnen der Newsweek
       geklagt, damit sie schreiben dürfen – und haben gewonnen.
       
       An die besondere Atmosphäre und detailverliebte Rhetorik „Mad Mens“ reicht
       die Serie nicht heran. „Good Girls Revolt“ ist bunter, schneller und
       rutscht teilweise in Klischees ab: Auf einer Silvesterparty geben sich die
       Gäste wilden Drogenexzessen und Gruppensex hin. Durchs Bild läuft Andy
       Warhol – na klar.
       
       Themenvielfalt 
       
       Doch die Stärke von „Good Girls Revolt“ liegt in den Nebengeschichten der
       Protagonistinnen. Ihre individuellen Erfahrungen mit Sexismus im Job, aber
       auch im Privatleben werden erzählt. Geschichten, die mich wütend machen.
       Wenn Cindys Mann Löcher in ihr Diaphragma sticht, damit sie aufhört zu
       arbeiten und Kinder bekommt, feuere ich sie an: Mach Schluss mit ihm!
       Frauen wird gesagt, ihre Aufgabe sei, zu lächeln und schön auszusehen –
       sexistische Kackscheiße!
       
       Eine wichtige Szene verhandelt, welche zusätzlichen Gefahren die Anklage
       für die schwarze Protagonistin Denise birgt. Es folgt keine tiefgreifende
       Auseinandersetzung mit intersektionalem Feminismus, doch der Themenaspekt
       wird angesprochen. Auch rassistisch motivierte Polizeigewalt oder die
       Posttraumatische Belastungsstörung eines Vietnam-Kriegsveteranen werden am
       Rande behandelt. Diese kleinen Szenen zeichnen die Serie aus.
       
       Wie relevant die Geschichte auch heute noch ist, zeigt ein aktuelles
       Beispiel aus der Medienwelt: Die „Frontal 21“-Journalistin Birte Meier
       klagt derzeit in Berlin gegen das ZDF, weil sie weniger verdient als ihre
       männlichen Kollegen. Dass viele Frauen auch im Jahr 2016 noch solche Kämpfe
       führen, erklärt vermutlich den großen Zuspruch, den die Serie gerade unter
       weiblichen Zuschauerinnen erfährt. Umso ärgerlicher, dass Amazon sie nach
       nur einer Staffel absetzt. Denn Geschichten über Sexismus im Job sind noch
       lange nicht auserzählt. Aber vielleicht findet sich ja ein anderer
       Streaming-Dienst für die zweite Staffel. Nicht wahr, Netflix?
       
       14 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Carolina Schwarz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Die Couchreporter
 (DIR) US-Serie
 (DIR) Sexismus
 (DIR) New York
 (DIR) Fernsehen
 (DIR) Amazon Prime
 (DIR) Journalismus
 (DIR) Gleichstellung
 (DIR) Die Couchreporter
 (DIR) Gender Pay Gap
 (DIR) Netflix
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Die Couchreporter
 (DIR) Die Couchreporter
 (DIR) Lesestück Meinung und Analyse
 (DIR) Martin Heidegger
 (DIR) ZDFneo
 (DIR) Benjamin von Stuckrad-Barre
 (DIR) USA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Birte Meiers Klage zurückgewiesen: ZDF-Reporterin nicht angestellt genug
       
       Eine Journalistin klagt gegen das ZDF, weil ihre männlichen Kollegen mehr
       verdienen als sie. Das Gericht in Berlin sieht keine Diskriminierung.
       
 (DIR) Studie zu Geschlechterdarstellung im TV: Konsens ohne Konsequenzen
       
       Es gibt zu wenig Frauen im deutschen Fernsehen, darüber sind die
       Senderverantwortlichen sich einig. Doch die Quote kommt erstmal nicht.
       
 (DIR) Serienkolumne Die Couchreporter: Mehr Kapitalismus als Feminismus
       
       „Girlboss“ zeigt das Leben der Unternehmerin Sophia Amoruso. Das soll ein
       Empowerment für junge Frauen sein. Doch funktioniert das?
       
 (DIR) Klage gegen Lohnungleichheit beim ZDF: Formal gesehen war da nichts
       
       Lohnungerechtigkeit beim ZDF? Ein Berliner Gericht weist eine Klage der
       Reporterin Birte Meier zurück. Doch das könnte erst der Anfang sein.
       
 (DIR) Serienkolumne Die Couchreporter: Wettkampf um das Recht auf Flucht
       
       In der Netflix-Serie „3%“ sind Überwachung und Kontrolle Alltag. Doch es
       gibt einen Ausweg für jene, die sich in Tests bewähren.
       
 (DIR) Serienkolumne Die Couchreporter: Sexspielzeug und die Bibel
       
       „Chewing Gum“ handelt von einem sexuellen Coming of Age. Einem schwierigen,
       denn Tracys Familie ist religiös – es fliegen sogar Bibeln.
       
 (DIR) Serienkolumne „Die Couchreporter“: Hochadel und Großbürgerliche
       
       Eigentlich kann ich mit Britishness nicht viel anfangen. Aber die Serie
       „The Crown“ kommt in wunderschönem Upper-Class-Englisch daher.
       
 (DIR) Serienkolumne Die Couchreporter: I am Sherlocked!
       
       Zu Neujahr lief der erste Teil der neuen Sherlock-Staffel an. Das
       verursacht viel positiven Stress. Ein spoilerfreier Fantext.
       
 (DIR) Debatte 2016: Was ich nicht vermissen werde
       
       Es gab viel, über das man 2016 stolpern konnte. Anderes ging unter,
       Ausbrüche eines unversöhnlichen Feminismus etwa. Ein persönlicher
       Rückblick.
       
 (DIR) 150 Jahre Schreibmaschine: Geliebte Erika
       
       Vor 150 Jahren wurde die erste Schreibmaschine vorgeführt. Eine
       Liebeserklärung an „Tippsen“, Drucktypen und „Texis“.
       
 (DIR) ZDFneo-Doku über Sexismus: Und niemand sagt was
       
       Die ModeratorInnen Dunja Hayali und Jaafar Abdul Karim wollen wissen: „Wie
       sexistisch sind wir?“ Das Ergebnis ist ziemlich ernüchternd.
       
 (DIR) Kolumne Die Couchreporter: Kaputt sein bleibt Männersache
       
       Wie „Mad Men“, nur Siebziger: So ist die neue HBO-Serie „Vinyl“. Es stellt
       sich die Frage, warum wir Menschen so sehr feiern, die sich selbst
       zerstören.
       
 (DIR) „Mad Men“ – die letzten Folgen (12): Space Oddity
       
       Nur noch zwei Folgen. Und Mad Men wird immer besser. „Lost Horizon“ bietet
       noch einmal alles auf, was die Serie ausmacht: Sex, Liebe, Kapitalismus,
       Dada.