# taz.de -- Debatte Rechtsextreme in Deutschland: Ihr Kampf geht weiter
       
       > AfD, Pegida und rechte Publizisten setzen eine Strategie um, mit der die
       > NPD immer scheiterte. Ihre Bewegung ist rechtsextrem und faschistoid.
       
 (IMG) Bild: Parlamentarier kämpft um die Straße: der AfD-Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider spricht im Mai bei Pegida
       
       Wenn es jemanden gibt, der den neuen Rechtsextremismus in einer Person
       darstellt, [1][dann wohl Mario R.]. Laut Focus-Recherchen ist der einstige
       AfD-Mann der Betreiber der inzwischen geschlossenen Facebook-Hetzseite
       „Anonymous.Kollektiv“, das ZDF begegnete ihm auf einer AfD-Demo in Erfurt.
       
       R. mischte dort mit, wo die neue rechte Bewegung in Deutschland ist: beim
       Kampf um die Köpfe, Kampf um die Straße und Kampf um die Parlamente.
       [2][Diese Parole hat einst die NPD ausgegeben], heute wird sie erfolgreich
       von einer losen Sammlung rechter Gruppen umgesetzt, deren politischer Arm
       die AfD ist.
       
       Mit dem Niedergang der NPD ist am extrem rechten Ende des politischen
       Spektrums eine Lücke aufgegangen. Die NPD war als Neonazi-Partei bekannt,
       doch nun ist sie [3][so gut wie pleite]. Ihr [4][droht ein Verbot], und mit
       der Wandlung ihres Ex-Parteichefs [5][zu einem Gastwirt auf Mallorca] hat
       sie sich der Lächerlichkeit preisgegeben. In diese Lücke strömen nun neue
       Gruppen, Institutionen und Personen.
       
       Um die Köpfe kämpfen zahlreiche rechte Publizisten, der Kopp-Verlag, die
       Zeitschrift Compact, Blogs wie „Politically Incorrect“ und auch viele
       Facebook-Kanäle wie der von Mario R.. Um die Straße kämpfen zahlreiche
       Gruppen, die sich die Marke „Pegida“ aufdrücken. Und um die Parlamente
       kämpft, sehr erfolgreich, die AfD.
       
       ## Wie eine 68er-Bewegung des rechten Randes
       
       Zusammengenommen sehen sie aus wie eine 68er-Bewegung des extrem rechten
       Randes. Doch dort enden die Ähnlichkeiten. Während die progressiven 68er
       Menschen von den Zwängen der Gesellschaft befreien wollten, will diese
       Bewegung ihnen erst recht eine Zwangsjacke anziehen. [6][Sie lehnen] den
       Wohlfahrtsstaat für Arme und eine Gleichberechtigung für sexuelle
       Minderheiten ab – wollen [7][Homosexuelle gar ins Gefängnis stecken]. Ein
       großer Teil der AfD-Wählerschaft lehnt sogar [8][die Demokratie als solche
       ab].
       
       Beim Personal ist der Übergang graduell: Kameradschaftsnazis laufen [9][bei
       zahlreichen Pegida-Demos mit], AfD-Politiker und neurechte Publizisten
       [10][reden bei Pegida], neurechte Publizisten [11][besuchen
       AfD-Wahlpartys]. Während AfDler zum Protest [12][gegen den Erfurter
       Moscheebau aufrufen, bekommen sie Schützenhilfe von Neonazis], die zur
       Brandstiftung aufrufen. Ihre Bekannten treten [13][bei rechtsextremen Demos
       mit offenen Bezügen zum Nationalsozialismus] auf – und sagen dort nicht
       viel anderes als AfDler anderswo.
       
       Die theoretischen Versatzstücke, die das Personal dieser Bewegung schon
       jetzt verwendet, sind gar nicht so anders als das der NPD. „Patriotische
       Europäer“ nennen sich die Pegidisten, von einem „Europa der Vaterländer“
       schwärmte bereits die NPD. AfD-Vize Alexander Gauland hält einen schwarzen
       Deutschen für„fremd“, NPD-Ideologe Jürgen Gansel hätte noch
       [14][„rassefremd“ gesagt]. Im Spiegel legte Gauland nach, dass die
       DFB-Mannschaft schon lange nicht mehr deutsch „im klassischen Sinne“ sei.
       Im rassischen Sinne, könnte man übersetzen.
       
       NPD-Politiker Gansel sorgte sich zudem um eine „Landnahme durch kultur- und
       rassefremde Menschen, die die Deutschen zu den Indianern des 21.
       Jahrhunderts machen wird“ – die absurde Idee ist inzwischen ein
       Internet-Meme, das [15][sowohl NPD] als [16][auch AfD verwenden]. Ähnliche
       Ideen von „Umvolkung“ und „Bevölkerungsaustausch“ [17][werden derzeit]
       durch AfD-Politikerinnen wie Beatrix von Storch oder rechte Publizisten wie
       Götz Kubitschek popularisiert Anderswo nutzt sie offen
       [18][nationalsozialistische Vokabeln wie „Volksgemeinschaft“].
       
       ## NPD-Parolen werden wortwörtlich übernommen
       
       „Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches
       Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte“, [19][schrieb ein
       AfD-Politiker auf Facebook]. Und siehe da: Bei einer Rede in Elsterwerda
       [20][nutzte Alexander Gauland wortwörtlich] die NPD-Parole „Heute sind wir
       tolerant und morgen fremd im eigenen Land“ um diesen Gedanken zu
       unterstreichen. Das „Volk“, dass die AfD repräsentieren will, ist also
       keines der „kleinen Leute“, sondern eines der „weißen Leute“.
       
       Gemeinsam sorgen sich Pegida, AfD und die rechten Publizisten um das
       Verhältnis von Islam und Deutschland, sie wollen das „christlich-jüdische
       Abendland“ vor der „Islamisierung“ retten – dabei ist egal, dass das
       Abendland Juden vor allem ausgrenzte, verfolgte und schließlich zu
       vernichten versuchte oder dass Muslime [21][bereits seit Jahrhunderten in
       deutschen Gebieten leben].
       
       Sie sorgen sich um die verlorene Unschuld der Nation, durch Menschen, die
       nicht so aussehen wie sie, nicht so glauben wie sie, nicht so lieben wie
       sie und nicht in Familien leben, die so aussehen wie ihre. Sie erleben
       Deutschland [22][durch „verheerende Gesellschaftsexperimente“] zerstört,
       ein Deutschland, das moralisch verkommen, „linksgrün-versifft“, ist.
       
       Sie sehnen eine frühere deutsche Gesellschaft herbei, in der klarere
       Verhältnisse herrschten, die es aber nie so gegeben hat. Der Impuls ihrer
       Bewegung kommt aus dem Traum einer Wiedergeburt, aus dem „Mut“ zu dem
       angeblich echten Deutschland – eines, in dem ein Boateng als „fremd“ gilt,
       und eines, [23][in dem Muslime keinen oder nur wenig Platz haben].
       
       ## Eine Denkweise wie bei Islamisten
       
       [24][Aktuelle Faschismustheorien] sehen beide Elemente zusammen – das
       Erleben der Gesellschaft als moralisch verkommen und den Traum einer
       'reinen’ Wiedergeburt – als „faschistisches Minimum“ an. Eine ähnliche
       Denkweise gibt es unter islamistischen Fundamentalisten, die die Welt als
       moralisch verkommen ansehen, weil sie sich von einer angeblichen „reinen
       Lehre“ des Islams entfernt hat. Wie die Wiedergeburt dann aussieht, kann
       man im „Islamischen Staat“ sehen, der sich für eine Neuauflage des
       frühislamischen Kalifats hält – allerdings mit Kalaschnikows und
       HD-Propaganda. Das ist dann wohl das derzeitige faschistische Maximum, von
       dem die Rechte in Deutschland in der Umsetzung noch weit entfernt ist.
       
       Viele bezeichnen die AfD noch als nur rechtspopulistisch, doch das Image
       der Partei wandelt sich und ihr völkischer Flügel [25][traut sich immer
       mehr]. Vor einem Jahr trieb noch Bernd Lucke die Öffentlichkeit vor sich
       her – wer erinnert sich heute noch an ihn? – und wurde von der wesentlich
       rechteren Frauke Petry weggeputscht. Petry ihrerseits ist bereits [26][im
       offenen Konflikt] mit dem deutlich rechteren Flügel der AfD aus
       Sachsen-Anhalt und Thüringen.
       
       Wird Petry nächstes Jahr genauso unwichtig sein wie Lucke? Wird sich dann
       noch ein AfDler dafür entschuldigen, einen schwarzen Deutschen „fremd“
       genannt zu haben? Vielleicht wird dann endlich Konsens sein: Diese Partei
       ist rechtsextrem und faschistoid.
       
       11 Jun 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.focus.de/politik/deutschland/holocaustleugnung-auf-facebook-die-dunklen-seiten-des-mario-r_id_5576632.html
 (DIR) [2] http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/vier-saeulen-konzept
 (DIR) [3] http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/die-npd-eine-partei-vor-dem-finanziellen-ruin-8574
 (DIR) [4] /NPD-Verbot/!t5007729
 (DIR) [5] /NPD-Politiker-als-Mallorca-Kneipenwirt/!5040541
 (DIR) [6] /Kolumne-Dumme-weisse-Maenner/!5274884
 (DIR) [7] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-und-homosexuelle-aufregung-im-landtag-von-sachsen-anhalt-a-1095785.html
 (DIR) [8] http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/8048744/jeder-dritte-afd-waehler-ist-gegen-demokratie.html
 (DIR) [9] http://www.br.de/nachrichten/rechtsextremismus/neonazis-pegida-franken-100.html
 (DIR) [10] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/pegida-in-dresden-afd-abgeordneter-hans-thomas-tillschneider-bedankt-sich-a-1091522.html
 (DIR) [11] http://jungle-world.com/artikel/2016/13/53770.html
 (DIR) [12] /AfD-mobilisiert-gegen-geplante-Moschee/!5303077
 (DIR) [13] /Tag-der-deutschen-Zukunft-in-Dortmund/!5310053
 (DIR) [14] http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/173908/glossar?p=15
 (DIR) [15] http://www.facebook.com/npd.de/posts/10150985983799584
 (DIR) [16] http://www.n-tv.de/politik/AfD-vergleicht-Deutsche-mit-Indianern-article13068796.html
 (DIR) [17] http://www.huffingtonpost.de/liane-bednarz/der-grosse-austausch_b_10201686.html
 (DIR) [18] http://www.tagesschau.de/inland/afd-volksgemeinschaft-103.html
 (DIR) [19] http://www.badische-zeitung.de/freiburg/vorwuerfe-gegen-afd-politiker-mandic-wegen-rechtsradikalismus--120439954.html
 (DIR) [20] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/afd-politiker-gauland-nennt-merkel-kanzler-diktatorin-14269792.html
 (DIR) [21] http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Islams_in_Deutschland
 (DIR) [22] http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/der-rechte-fluegel-der-afd-formiert-sich--101997998.html
 (DIR) [23] http://www.alternativefuer.de/wp-content/uploads/sites/7/2016/03/Leitantrag-Grundsatzprogramm-AfD.pdf
 (DIR) [24] http://de.wikipedia.org/wiki/Palingenese_(Sozialwissenschaften)
 (DIR) [25] http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2755596/ZDF-heute-journal-vom-04.-Juni-2016?flash=off
 (DIR) [26] /AfD-Wahlkampf-in-Sachsen-Anhalt/!5278705
       
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