# taz.de -- Medienstrategie der AfD: Recht gesprächsbereit
       
       > Die AfD will nicht rechtsextrem sein, aber Funktionäre äußern sich immer
       > wieder in rechten Medien. Ein Widerspruch? Nein.
       
 (IMG) Bild: Die beiden Herren blicken verständnislos, haben sich aber von „Zuerst“ und „Compact“ interviewen lassen. Frauke Petry hat von ihnen wohl noch nie gehört
       
       Das Cover ziert eine Montage: Die Gesichter von Angela Merkel und Claudia
       Roth gehen ineinander über. Die Botschaft von Zuerst!, dem rechtsextremen
       Magazin, das sich selbstbewusst „Deutsches Nachrichtenmagazin“ nennt, ist
       deutlich: Die politischen Positionen der Merkel-CDU verwischen mit denen
       von Bündnis 90/Die Grünen. Diese Einschätzung teilt auch die AfD, und
       passenderweise ist die vermeintliche Alternative in der aktuellen Zuerst!
       gleich mit drei Interviewpartnern präsent. Damit forciert sie einmal mehr
       die Entgrenzung ins rechtsextreme Spektrum. Mit ihrer Medienstrategie
       fischt die Partei schon seit Langem gezielt bei der rechten Klientel
       zwischen Verschwörungsvorstellungen und Rechtsextremismus.
       
       Auf einer der ersten Seiten der aktuellen Ausgabe der Zuerst! legt der
       Berliner Landesvorsitzende der Parteijugendorganisation „Junge Alternative“
       (JA), Thorsten Weiß, dar, dass sie dort „gut“ ankommen würden, „wo die
       Menschen richtig arbeiten und mit den Alltagsprobleme und -nöten selber
       konfrontiert sind“. Nach Erscheinen der Ausgabe zog Weiß für die AfD ins
       Berliner Abgeordnetenhaus.
       
       Wenige Seiten weiter erklärt der baden-württembergische
       AfD-Landtagsabgeordnete Udo Stein, „wie viel ‚Grün‘ in der Politik“ von der
       „schwarz-roten Koalition“ stecke, und lamentiert, dass die CDU „immer
       weiter nach links driftet“. Kürzer, aber nicht weniger einschlägig äußert
       sich auch Enrico Komning. Der neue Landtagsabgeordnete in
       Mecklenburg-Vorpommern versichert, dass nach ihrem Landtagseinzug der
       Tourismus nicht einbrechen würde. Denn in Mecklenburg-Vorpommern könne
       „auch Urlaub vom Multikulti-Wahn“ gemacht werden.
       
       Verleger der Zuerst! ist seit Dezember 2009 Dietmar Munier, vorher aktiv
       bei der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“. Doch statt sich
       auf Parteipolitik zu konzentrieren, etablierte er die Verlagsgruppe „Lesen
       & Schenken GmbH“, die über die Jahrzehnte ein breites Buch- und
       Zeitungsnetzwerk vereinen konnte. Mit der „zweifelsfrei rechten Zeitung“,
       schrieb Munier auf dem rechten Internetportal „Gesamtrechts“ über Zuerst!,
       sollen die „ganzen Alt-68er, die am Drücker sitzen, ordentlich in die
       Zange“ genommen werden. Schließlich befände sich Deutschland in „höchster
       Gefahr“: durch „massenhafte Einwanderung“, „rekordverdächtige Fortpflanzung
       der Fremden“ und „Verlust der eigenen ethnischen Identität“.
       
       ## Sonnenwendfeier mit Holocaustleugner
       
       Die Startauflage soll bei 86.000 Exemplaren gelegen haben, kündigte Munier
       2009 an. Neuere Angabe möchte der Verlag mit Sitz in Martensrande bei Kiel
       gegenüber der taz nicht machen. Auf dem Gelände richtete Munier im Juni
       2012 eine Sonnenwendfeier aus – ein privates Familienfest, sagt er später.
       Einer der Gäste: der Holocaustleugner Ernst Zündel.
       
       In der aktuellen Ausgabe liegt ein mehrseitiges Prospekt von „Lesen &
       Schenken“ bei. Das Angebot reicht von Büchern: „Das Deutsche Drama – Von
       Gastarbeitern bis zur Völkerwanderung aus Afrika“, „Stalins verhinderter
       Erstschlag“ bis zu den Kalendern „Männer der Waffen-SS“ und „Germanische
       Welt“.
       
       Stein, Komning und Weiß sind nicht die ersten AfDler, die mit der Zuerst!
       sprechen. Schon 2014 gab der Thüringer AfD-Landtagsfraktionschef Björn
       Höcke dem Magazin ein Interview. Den Hintergrund der Zeitung hätte er nicht
       gekannt, sagte er danach der taz. Wenig später, im Februar 2015,
       veröffentlichte Zuerst! allerdings ein zweites Gespräch mit Höcke. Und er
       blieb nicht der Einzige. Kein Geringerer als der Bundesvize Alexander
       Gauland erklärte im Mai 2016 einmal mehr in dem Heft, dass die CDU „völlig
       charakterlos“ sei. Auf drei Seiten stellte der Chefredakteur Manuel
       Ochsenreiter in der Juni-Ausgabe Markus Frohnmaier persönlich vor,
       berichtete von dessen engem Verhältnis zur Bundessprecherin Frauke Petry.
       Wenig später war Frohnmaier ihr neuer Pressesprecher.
       
       Nicht in Zuerst!, aber in der weit rechten Compact, dem selbst ernannten
       „Magazin für Souveränität“, äußert sich der Bundessprecher Jörg Meuthen. Im
       Gespräch mit dem Chefredakteur Jürgen Elsässer erklärt er in der
       Mai-Ausgabe 2016 zu seinem Verhältnis zu Höcke: „Wir pflegen einen guten
       und vertrauensvollen Umgang miteinander.“ In der März-Ausgabe erschien
       zuvor bereits ein Interview mit Gauland. Unter dem Titel „Die bessere
       Kanzlerin“ schwärmt in der Ausgabe der ehemalige linke Publizist Elsässer
       von dem Lächeln der Bundessprecherin: „Wer denkt bei Frauke Petry nicht an
       Audrey Hepburn in ‚Frühstück bei Tiffany‘?“.
       
       7 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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