# taz.de -- Korruption in Brasilien: Roussef und Lula unter Verdacht
       
       > Neben dem Amtsenthebungsverfahren hat Brasiliens Präsidentin jetzt auch
       > noch den Staatsanwalt am Hals – wie viele andere hochrangige Politiker
       > auch.
       
 (IMG) Bild: Lula unterstützt Dilma im Kampf gegen die Amtsenthebung, hier auf einer Kundgebung im April
       
       Rio de Janeiro epd | In Brasilien geraten Präsidentin Dilma Rousseff,
       Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und weitere hohe Regierungspolitiker
       ins Visier der Korruptionsermittlungen. Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot
       bat den Obersten Gerichtshof am Dienstag (Ortszeit) um Genehmigung, die
       Ermittlungen auf die Präsidentin und ihren Amtsvorgänger auszuweiten, wie
       die Zeitung „O Globo“ in ihrer Onlineausgabe berichtete.
       
       Neben Rousseff und Lula verdächtigt Janot auch den Regierungssekretär
       Ricardo Berzoini und Staatsminister Jaques Wagner. Damit gerät fast die
       gesamte Führungsspitze der regierenden Arbeiterpartei PT in Verdacht, in
       den riesigen Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras
       verwickelt zu sein.
       
       Es ist das erste Mal, dass Rousseff selbst mit dem Korruptionsskandal in
       Verbindung gebracht wird. Der Generalstaatsanwalt wirft ihr vor, die
       Ermittlungen der Justiz behindert zu haben. Dabei geht es laut Janot um die
       Ernennung eines angeblich regierungsfreundlichen Richters und um die
       versuchte Ernennung von Lula zum Minister, um ihn vor juristischer
       Verfolgung in Schutz zu nehmen. Auch der Chef-Verteidiger der Regierung,
       der ehemalige Justizminister José Eduardo Cardozo, soll der
       Justizbehinderung angeklagt werden.
       
       Präsidentin Rousseff ist bereits mit einem Amtsenthebungsverfahren
       konfrontiert. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass der Senat Rousseff in
       der kommenden Woche vorläufig ihres Amtes entheben wird. Die spektakulären
       Ermittlungen im Korruptionsskandal und eine anhaltende Wirtschaftskrise
       haben die Regierung Rousseff an den Rand des Abgrunds gebracht.
       
       ## Verstrickte Opposition
       
       Der Ermittlungsantrag schwächt die Position der bereits angeschlagenen
       Präsidentin. Ihr Vorgänger Lula war bisher lediglich wegen des mutmaßlichen
       Besitzes von zwei Immobilien und möglichen Gefälligkeiten großer
       Bauunternehmen verdächtigt worden. Jetzt erklärte Janot, dass „die
       kriminelle Organisation niemals ohne Lulas Wissen“ funktioniert hätte.
       
       Grundlage des Ermittlungsgesuchs ist eine Kronzeugenaussage des parteilosen
       Senators Delcídio Amaral. Insgesamt will Janot gegen knapp 30 weitere
       Personen ermitteln. Der Verdacht richtet sich neben den PT-Spitzen gegen
       mehrere Politiker, die kürzlich die Koalition verlassen haben und kommende
       Woche eine neue Regierung bilden wollen, unter ihnen der umstrittene
       Parlamentspräsident Eduardo Cunha.
       
       Erst am Montag hatte Janot die Ermittlungen auf führende
       Oppositionspolitiker ausgeweitet. Der Senator und Vorsitzende der
       konservativen Partei PSDB, Aécio Neves, steht demnach ebenfalls im Verdacht
       der Bestechung und Geldwäsche. Auch mehrere Führungskräfte der
       Zentrumspartei PMDB stehen im Verdacht, in den Petrobras-Skandal verwickelt
       zu sein. Der PMDB gehört Vizepräsident Michel Temer an, der Rousseff im
       Falle einer Amtsenthebung im höchsten Staatsamt beerben würde.
       
       In dem Korruptionsskandal geht es um ein Kartell von großen Bauunternehmen,
       die durch Bestechung sehr lukrative und überteuerte Aufträge von Petrobras
       ergatterten. Das Bestechungsgeld floss in die Taschen korrupter Politiker
       und an politische Parteien aller Couleur.
       
       Im Amtsenthebungsverfahren werden Rousseff Regelverstöße beim Umgang mit
       Staatsgeldern und Buchhaltungstricks im Staatshaushalt vorgeworfen. Eine
       direkte Verwicklung in die Petrobras-Korruptionsaffäre wurde ihr bisher
       nicht vorgeworfen. Einen Rücktritt hat die Präsidentin an der Spitze einer
       Mitte-Links-Regierung kategorisch ausgeschlossen.
       
       4 May 2016
       
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