# taz.de -- Kolumne Datenbrief: Denn sie sagen nicht, was sie tun
       
       > Datensammler sollen gefälligst unaufgefordert informieren, was sie
       > gespeichert haben. Werden nun hunderte kleinere Unternehmen pleitegehen?
       > Natürlich nicht.
       
 (IMG) Bild: Schwarzer Brief vom Datensammler.
       
       Es hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, obwohl die Idee bereits
       einige Monate kursierte: Der Vorschlag eines Datenbriefs, mit dem jeder
       informiert wird, wenn über ihn irgendwo Daten gespeichert werden, wird
       überraschend rege debattiert - innerhalb und außerhalb des Netzes. Selbst
       amtierende Bundesminister schließen sich der Forderung an. Dabei ist die
       Idee absichtlich eher unscharf umrissen und zunächst zur Diskussion
       gestellt, um Pro- und Kontra-Argumenten, gerade auch für die praktische
       Umsetzung, Raum zu geben.
       
       Was soll mit dem Datenbrief erreicht werden? Es geht im Kern um den
       Grundsatz, dass alle, die Daten über Personen speichern, verarbeiten und
       weitergeben, die Betroffenen darüber unaufgefordert zu informieren haben:
       ein Paradigmenwechsel, denn heute muss jeder selbst nachfragen, was zwar
       gutes Recht ist, aber wenig gemacht wird. Der Datenbrief soll nun möglichst
       weitgehende Transparenz schaffen und gleichzeitig Unternehmen zum
       Nachdenken zwingen, welche Daten tatsächlich aufgehoben werden müssen.
       
       Erwartungsgemäß konzentriert sich ein Großteil der Kritik am Konzept des
       Datenbriefes auf die Art der Zustellung, speziell die Vermeidung von
       Fehladressierungen und das sonst entstehende Missbrauchspotenzial. Niemand
       will, dass der Datenbrief mehr Probleme erzeugt als löst. Die eigenen Daten
       gehen eben nur einen selbst etwas an, niemanden sonst, und sei er noch so
       nah verwandt oder verheiratet.
       
       Unstrittig ist: Es muss sichergestellt sein, dass nur der Datengeber
       Kenntnis erlangt. Das wird sicher nicht über zentralisierte Strukturen
       gehen und auch nicht über einen Ansatz, der die gleiche
       Übermittlungsmethode für alle Arten von Datensammlern vorschreibt.
       Natürlich wird man sich seine Krankenakte lieber in Kopie beim Arzt abholen
       und nicht über ein Online-Portal abrufen.
       
       Es spricht jedoch nichts dagegen, die bei Google gespeicherte eigene
       Suchhistorie mit seinem Google-Log-in abzurufen. Es gilt hier, intelligente
       Lösungen zu finden, die der Sensibilität der jeweiligen Daten gerecht
       werden. Im Regelfall wird einfach der etablierte Kommunikationsweg zwischen
       Unternehmen beziehungsweise Behörde und Bürger genutzt, es muss also kein
       postalischer Brief sein.
       
       Ein zweiter Problemkreis ist die Unterscheidung zwischen aktiv genutzten
       Daten und solchen, die nur archiviert sind, wie etwa aus steuerlichen
       Gründen aufgehobene Rechnungen. Auch hier gilt es, sensible Abwägungen zu
       treffen und das Ziel des Vorhabens nicht aus dem Auge zu verlieren. Niemand
       will realitätsferne Dogmen schaffen, geht es doch um die Erlangung einer
       neuen Offenheit und Datenschutz-Balance zwischen Bürger und Unternehmen und
       Behörden.
       
       Und die Kosten? Werden nun hunderte kleinere Unternehmen pleitegehen, weil
       sie nicht mehr nachkommen mit dem Ausdrucken und Verschicken von Briefen?
       Natürlich nicht, denn Ausnahmen für kleine Firmen sind vorgesehen. Den
       Werbeetat wird der Datenbrief bei großen Datensammlern auch nicht
       übersteigen. Und ein Skript für eine Datenbank kostet nicht die Welt.
       
       Bei Firmen wie Auskunfteien, deren Geschäftszweck das Verkaufen und
       Weiterreichen persönlicher Daten ist, hält sich das Mitleid allerdings in
       Grenzen. Nur weil es sich eingebürgert hat, dass jeder alles sammelt, was
       er nur kriegen kann, um es kommerziell zu verwerten, rechtfertigt das noch
       keinen gesellschaftlichen Schutzraum. Ein Ziel hat der Vorschlag bereits
       erreicht: Viele Menschen denken darüber nach, welche Daten über sie wo
       gespeichert sind. Und bei den Datenkrakenlobbyisten fallen die Masken.
       
       12 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Constanze Kurz
       
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