# taz.de -- Jahreskongress des CCC: „Die Wahrheit muss raus“
       
       > Zum Auftakt seines Jahreskongresses forderte der Chaos Computer Club eine
       > „Stiftung Datenschutz“ und einen jährlichen „Datenbrief“. Wikileaks will
       > Island zur „Informationsoase“ machen.
       
 (IMG) Bild: Seit Jahren findet hier der Kongress des CCC statt: Das inzwischen etwas zu klein gewordene bcc am Berliner Alexanderplatz – fotografiert zu einem Zeitpunkt, als die Massen noch nicht an den Türen standen.
       
       BERLIN taz/dpa | Schon am Tag 1, morgens um viertel vor Elf, sind die
       Kongresstickets ausverkauft. „Solche Schlangen gab es noch nie“, staunt
       CCC-Sprecherin Constanze Kurz angesichts des „26C3“ - des 26. Kongresses
       des [1][Chaos Computer Clubs] im Berliner bcc am Alexanderplatz.
       Schwerpunkt beim Kongress in diesem Jahr sind die Themen Netzneutralität
       und Zensur.
       
       Drinnen fliegen die Drohnen herum, es wird mit Lasern gespielt, die
       Freifunker sind da, der „100-Dollar-Laptop“ und auch der 3D-Drucker.
       Erstmals hat der Kongress ein eigenes Mobilfunknetz. Im Keller, wo auch das
       Hackcenter aufgebaut ist, „geht noch ne Menge ab“, sagt Kurz.
       
       Der [2][CCC-Jahresend-Kongress] steht in diesem Jahr unter dem Motto „here
       be dragons“ und bricht wieder Rekorde. Mehr als 3.000 Teilnehmer sollen es
       schon am ersten Tag sein, zum Zählen sind die CCCler noch nicht gekommen.
       Und noch mehr nehmen dezentral teil: Unter dem Motto „Dragons everywhere“
       finden weltweit 36 Sit-Ins für die Daheimgebliebenen statt. Hacker schauen
       den Kongress-Livestream „und hacken dabei ein bisschen herum“.
       
       Den Auftaktvortrag hielt der „Club“ in diesem Jahr, anders als sonst,
       selbst: CCC-Sprecher [3][Frank Rieger] forderte eine Stiftung Datenschutz
       nach dem Vorbild der Stiftung Warentest, sowie einen [4]["Datenbrief“]: Der
       soll von Datensammlern einmal im Jahr verschickt werden.
       
       „Man könnte den Eindruck gewinnen, das einzige, was zwischen uns und dem
       Überwachungsstaat steht, sind die technische Inkompetenz der Überwacher und
       das Bundesverfassungsgericht“, sagte Frank Rieger außerdem. Diese
       Entwicklung müsse man zurückrollen. Rieger forderte ein Recht auf freie
       Kommunikation und eine „digitale Intimsphäre“.
       
       Insgesamt sieht sich der Club strategisch gut aufgestellt, auch im
       Vergleich zu den Vorjahren. Im politischen Diskurs habe sich im letzten
       Jahr viel verändert. Die drei Maßnahmen Online-Durchsuchung,
       Vorratsdatenspeicherung und die Netzsperren, gegen die der CCC seit Jahren
       Kampagnen führt, seien nicht vollständig inkraft - entweder vom
       Bundesverfassungsgericht gestoppt wie der NRW-Trojaner, die NRW-Ausgabe der
       Online-Durchsuchung, noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig wie die
       Vorratsdatenspeicherung oder das BKA-Gesetz, oder eben vom
       Bundespräsidenten nicht unterschrieben wie die von der Leyen‘schen
       Netzsperren.
       
       Die Stärkung der Bürgerrechte liege auch an einer veränderten
       Öffentlichkeit. „Wir können die Medien heute anders nutzen“, sagt Kurz und
       meint damit nicht, dass sich der CCC einen besseren Presseverteiler
       aufgebaut hätte. Man sende vielmehr selbst: „Über Twitter und Blogs haben
       wir unsere Argumente sichtbar gemacht.“ Als nächstes soll das bisher unter
       Ausschluss der europäischen Öffentlichkeit verhandelte ACTA-Abkommen in den
       Blick genommen werden.
       
       „Die Wahrheit muss raus“, sagt Kurz auch mit Blick auf den Wikileaks. Auf
       Wikileaks werden geheime Dokumente „geleakt“, es fand sich dort unter
       anderem der Kundus-Feldjägerbericht. Wikileaks war beim Kongress mit einem
       Vortrag zu Gast, die Forderung nach einem „information haven“ – etwa
       „Informationsoase“ analog zu Steueroase (“tax haven“) – in Island wurde am
       Ende des Vortrags mit Standing Ovations gefeiert. Das Konzept, Verborgenes
       öffentlich zu machen, entspricht ziemlich genau dem CCC-Grundsatz
       „Öffentliche Daten nützen“.
       
       Am dritten Kongresstag wird es um den elektronischen Personalausweis gehen.
       „Natürlich“ habe der CCC Test-Personalausweise erhalten, die Technik sei
       überdies auch aus den Beratungen bekannt.
       
       Der vierte und letzte Kongresstag wartet mit dem Wikipedia-Showdown auf.
       Der CCC, so Kurz, habe sich in die Relevanz-Diskussion ja auch schon immer
       eingemischt. „Auch technisch ist das ja nicht auf dem neuesten Stand“,
       moniert Kurz, „da sind auf jeden Fall Veränderungen notwendig“.
       
       Erst vor wenigen Tagen hätte es wieder einen Antrag gegeben, das
       Kampagnenwort „Zensursula“ wegen angeblicher Irrelevanz zu löschen. Es sei,
       fügt Kurz augenzwinkernd hinzu, für den Wikipedia-Vortrag auch „ein
       künstlerisches Rahmenprogramm“ vorbereitet.
       
       28 Dec 2009
       
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