# taz.de -- Bundesregierung zum Staatstrojaner: Keine eigene Expertise
       
       > Vertreter der Bundesregierung sprechen über den Staatstrojaner und wie
       > sie sich auf die Firma Digitask verlassen. Auszüge aus der
       > Bundespressekonferenz.
       
 (IMG) Bild: Keine eigene Expertise: Die Bundesbehörden lassen sich die Funktionen der Trojaner von den Machern vorführen.
       
       Insbesondere der Sprecher des Finanzministeriums und des Innenministeriums
       mussten in der [1][Bundespressekonferenz] Rede und Antwort zum Skandal um
       den Staatstrojaner stehen. 
       
       Heraus kam, dass die Bundesbehörden sehr häufig mit der Firma Digitask, die
       den kritisierten Trojaner programmierte, zusammenarbeiten. Deren Software
       wird nicht unabhängig getestet - stattdessen verlassen sich die Behörden
       auf die Expertise der Firma. 
       
       ## 
       
       Der Hinweis, dass auch das Zollkriminalamt einen von Digitask
       programmierten Trojaner verwendet, kam aus dem europäischen Amtsblatt. Der
       Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Martin Kotthaus, gibt
       zu, nicht nur Trojaner sondern auch Technik für herkömmliche Überwachung
       werden bei Digitask bestellt. 
       
       Frage: [...] zum Zollkriminalamt und Beschaffung Quellen-TKÜ-Software 2009.
       Welchen Umfang und welche Aufgaben hat diese Software? ...
       
       Kotthaus: [...] Insgesamt hat der Zoll in 16 Fällen in einem engen
       rechtlichen Rahmen und ‑ das möchte ich betonen ‑ nur zur Überwachung von
       verschlüsselten Telefonaten, was Sie unter Skype und Ähnliches mehr kennen,
       einen Trojaner verwendet. [...]
       
       Zusatzfrage: Bestand der Auftrag des Zollkriminalamtes an die Firma
       DigiTask über zwei Millionen Euro aus 16 einzelnen Softwarepaketen? Oder
       wie ist das zu verstehen?
       
       Kotthaus: Nein. Dieser größere Auftrag hat mit der Überwachung mit diesen
       Trojanern nichts zu tun. [...]
       
       Zusatzfrage: Ich schaue [...] in das betreffende europäische Amtsblatt.
       Dort steht in der Ausschreibung: "Lieferung von Hardware und Software zur
       Telekommunikationsüberwachung". Wo ist jetzt der Unterschied?
       
       Kotthaus: Da gab es eine Anfrage für Software und Hardware wohl
       allgemeinerer Art.
       
       [...]
       
       Bei der Ausschreibung ging es um Material zur Telekommunikation insgesamt.
       Das hatte nichts mit Computern, nichts mit Online, nichts mit Viren, nichts
       mit Trojanern zu tun, sondern das war einfach Equipment für
       Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen klassischer Art, also Handy, Fax,
       Telefon usw. Davon getrennt ist die Frage der 16 Einzelfälle der
       geschätzten Trojaner zu sehen, die wiederum jeweils beauftragt, einzeln
       abgerechnet und einzeln gefertigt wurden.
       
       Zusatzfrage: Das heißt, die Firma DigiTask ist auch Partner erster Wahl,
       wenn es um sonstige TKÜ geht?
       
       Kotthaus: Ich würde es so formulieren: Es gab eine Ausschreibung, und die
       Firma hat offensichtlich die Ausschreibung gewonnen.
       
       ## 2. "Es besteht kein Know-How"
       
       Das Gespräch liefert Hinweise darauf, wie die Software von Bundesbehörden
       geprüft wird - nämlich gar nicht. Der Sprecher des Innenministeriums, Jens
       Teschke, erklärt, dass die Bundesbehörden gar keine eigenen Experten oder
       Tester haben, sondern auf das Wissen der Programmierer, also auf Digitask,
       angewiesen sind. 
       
       Frage: [...] Existiert in den Bundesbehörden eigentlich die Expertise,
       solche Software selber herzustellen oder, wenn sie in Auftrag gegeben und
       eingekauft wurde, dann auch zu kontrollieren und zu wissen, was diese
       Software kann oder nicht kann?
       
       Teschke: Ich kann zu dem einen Teil Ihrer Frage, nämlich zum Test, etwas
       sagen: Diese Software wird jeweils für die Maßnahme speziell konfiguriert
       und wird dann getestet, ob sie nur das kann, was vorgesehen ist. Das kann
       ich dazu sagen. Sie wird eingekauft. Es besteht also zunächst einmal im
       Haus selber kein Know-how.
       
       [...]
       
       Frage: Wenn Sie hausintern in der Lage sind, aus den vorhandenen
       Softwareblöcken etwas zu machen, was "tailor-made" genau nur für diesen
       Fall passt, und wenn Sie auch in der Lage sind, zu überprüfen, dass alles
       andere nicht geht, dann müssen Sie doch das Fachwissen für diese Trojaner
       im Haus haben. Die Darstellung widerspricht sich meiner Meinung nach. Sie
       haben gerade gesagt, die Expertise für solche Trojaner sei im Haus nicht
       vorhanden.
       
       Teschke: Die Expertise, ein gesamtes Programm zu programmieren, ist nicht
       vorhanden. Deswegen kaufen wir sie ein. Deswegen haben wir ein Basispaket,
       wo wir sagen: Du musst das können, und du musst das können. Das wird
       getestet. Das wird im Beisein der jeweiligen Behörden getestet. Man fragt:
       Kann das Programm das, was wir erwarten? Dann macht es das. Dieser Test
       wird uns vorgelegt. Dann gehen wir davon aus, dass die Software das kann.
       Das ist die eine Sicherheitsmaßnahme.
       
       [...]
       
       Zusatzfrage: Das heißt, dass Sie, was die Möglichkeiten eines Trojaners
       oder eines Programms angeht ‑ Sie sagen: Das wird uns dann gezeigt ‑, auf
       das Expertenwissen der Macher angewiesen sind und dass Sie zweitens nicht
       das Programm in Gänze verstehen, sondern nur die Konfektionierung und Ihnen
       die anwendbaren Teile so gezeigt werden, dass es geht.
       
       Teschke: Ja.
       
       ## 3. Die Mühe mit den Bayern
       
       Während die Bundesregierung behauptet, nur gesetzeskonforme Trojaner
       eingesetzt zu haben, ist es unstrittig, dass die Bayrischen Trojaner mehr
       konnten als sie durften. Das führt zu einer interessanten Konstellation,
       denn sowohl Bundesinnenminister Friedrich als auch der Bayrische
       Innenminister Herrmann gehören zur CSU. Trotz der angeblichen Harmonie
       zwischen den Männern, gibt Friedrichs Sprecher Teschke zum Schluss indirekt
       zu, dass der Bayerntrojaner verfassungswidrige Spionagemöglichkeiten bot. 
       
       Frage: Herr Teschke, war es eigentlich aus Sicht des Bundesinnenministers
       zulässig, dass Parteifreund Herrmann in Bayern den "Bayern-Trojaner"
       angewandt hat, obwohl er ganz klar gegen die Regeln verstoßen hat, die der
       Innenminister ‑ zumindest gestern in seinem Interview ‑ geäußert hat? Was
       gedenkt der Bundesinnenminister gegen den bayerischen Staatsminister des
       Innern zu unternehmen, damit das in Zukunft unterbleibt?
       
       Teschke: Sie wissen, dass der bayerische Innenminister selber gestern den
       Einsatz der Software zunächst einmal eingestellt und gesagt hat, dass sie
       erst einmal nicht mehr zum Einsatz kommt. Wir als Bundesregierung sehen
       erst einmal die Länderverantwortung.
       
       [...]
       
       Frage: Herr Teschke, ist das Bundesinnenministerium der Ansicht, dass das
       bayerische Staatsministerium verfassungswidrige Software eingesetzt hat?
       
       Teschke: Der Minister hat sich gestern dahingehend geäußert, dass die
       Länder sehr genau prüfen sollten, welche Software dort zum Einsatz kommt;
       das gilt auch für Bayern. Sollte Software zum Einsatz kommen, die mehr kann
       als erlaubt, sollte diese Software nicht mehr benutzt werden.
       
       Zusatzfrage: [...] Die Software, die eingesetzt wurde, konnte deutlich
       mehr, als das Verfassungsgericht erlaubt hat. Das ist unstrittig und wird
       auch von niemandem ‑ nicht einmal mehr von Herrn Herrmann ‑ bestritten.
       Deswegen meine Frage, nachdem Sie Zeit hatten, die Fakten zu beurteilen:
       Hat das bayerische Innenministerium verfassungswidrige Software eingesetzt?
       
       Teschke: Wir gehen davon aus, dass die bayerischen Behörden die Programme
       so eingesetzt haben, dass sie verfassungskonform waren.
       
       Zusatzfrage: Es ging um die verfassungswidrige Möglichkeit, die diese
       Software geboten hat. Wird von Ihrem Haus bestritten, dass diese Software
       verfassungswidrige Möglichkeiten eröffnet hat?
       
       Teschke: Da stimme ich Ihnen zu: Es ist wohl Allgemeinwissen, dass diese
       Software wohl mehr konnte, als erlaubt war. Diese Software sollte nicht
       mehr zum Einsatz kommen.
       
       [...]
       
       Frage: Herr Teschke, wie viel Mühe macht es denn Ihrem Haus, den
       Parteifreund Herrmann nicht vollkommen im Regen stehen zu lassen? Ist das
       richtig Arbeit?
       
       Teschke: Wir haben keinerlei Mühe mit dem CSU-Innenminister Herrmann.
       
       13 Oct 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2011/10/2011-10-12-regpk.html
       
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