# taz.de -- Informatikexperte über Staatstrojaner: "Unabhängige Kontrolle nötig"
       
       > Der Professor für Informationssicherheit Hartmut Pohl wundert sich über
       > veraltete Spähprogramme, mangelnde Prüfung und fehlendes Fachwissen in
       > Behörden.
       
 (IMG) Bild: Bayerntrojaner unter der Lupe.
       
       taz: Herr Pohl, die Firma DigiTask programmierte Trojaner, die extrem
       unsicher sind. Waren da inkompetente Informatiker am Werk? 
       
       Hartmut Pohl: Sicherheitslücken ausfindig zu machen, ist ein Sonderfeld der
       Informationssicherheit. Es gibt nur wenige Lehrstühle, die darauf
       spezialisiert sind, ähnlich sieht es bei den Unternehmen aus. Eigentlich
       müsste das Fachwissen bei Herstellern von Überwachungssoftware auf jeden
       Fall vorhanden sein. Entsprechende Programmierer, ihre Erfahrung und die
       aufwendigen Prüfungen, die sie durchführen müssen, kosten aber in jedem
       Fall viel Geld.
       
       Was halten Sie von der Aussage von DigiTask, der gelieferte
       "Bayerntrojaner" sei damals der Stand der Technik gewesen? 
       
       Ich habe schon vor zehn Jahren asymmetrische Verschlüsselungssysteme
       empfohlen. Insofern war das verwendete symmetrisch verschlüsselte Programm
       auch 2008 nicht der neueste Stand, andere Produkte waren auf dem Markt
       vorhanden. Es muss aber jeder Fall einzeln bewertet werden: Wie sensibel
       sind die Daten, und wer sind potenzielle Angreifer? Sollen
       Informatikstudierende im vierten Semester abgewehrt werden, organisierte
       Kriminelle oder gar Zugriffe ausländischer Sicherheitsbehörden? Dann wäre
       die höchste Sicherungsstufe nötig, nicht die verwendete. Das betrifft genau
       diesen Fall, da die Daten auch über einen Server in den USA umgeleitet
       wurden.
       
       Beim Bundeskriminalamt sind laut Innenministerium nicht die Kompetenzen
       vorhanden, um die Software zu überprüfen. Wie kann das sein? 
       
       Es sollte in jedem Fall eine externe Instanz eingerichtet werden, die
       unabhängig prüft. Und zwar unter Sicherheits-, Qualitäts- und
       Finanzaspekten. Denn ein Programmierer ist nicht ausgebildet, eine
       gerichtliche Anordnung oder ein Gesetz korrekt zu interpretieren und dann
       als Programm umzusetzen. Hier braucht es unabhängige Experten, die eine
       Bestellung vorab genau definieren, Also Juristen, die beschreiben, was das
       Programm können darf. Und Techniker, die konkrete Details vorgeben, etwa
       Verschlüsselungslängen.
       
       Wer käme als Kontrollinstanz infrage? 
       
       Entsprechende Kompetenzen sollten bei bestehenden Institutionen wie dem
       Bundesrechnungshof - für Finanzielles - oder den Datenschutzbeauftragten
       des Bundes und der Länder aufgebaut werden. Es könnte auch die Expertise
       des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik genutzt werden:
       Stichwort IT-Grundschutz. Es könnte einen Orientierungsrahmen setzen, nach
       dem dann Bundestrojaner und ähnliche Software konzipiert werden könnte.
       
       Befürchten Sie nach der Trojaneraffäre nun einen Imageschaden für
       Informatiker? 
       
       Ein erfahrener Informatiker wird, wenn er freundlich ist, über die ganze
       Sache nur schmunzeln. Der Staat muss sich neu fragen, wie viel Geld und
       Manpower er für die Sicherheit seiner Behördenaktivitäten einsetzen will.
       Da müssen einige Stellschrauben neu justiert werden.
       
       14 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karen Grass
       
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