# taz.de -- Transparenz bei Nebeneinkünften: Konservative Gedächtnislücken
       
       > Die Union zeigt sich bei der Offenlegung von Nebenjobs sehr flexibel. Das
       > war nicht immer immer so. Früher hat sie Transparenzregeln bekämpft.
       
 (IMG) Bild: Unser Mann im Bundestag: CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer (Archivbild vom 2002).
       
       BERLIN taz | Für Michael Grosse-Brömer, parlamentarischer Geschäftsführer
       der Unionsfraktion, ist die Einigung, wie Parlamentarier ihre
       Nebeneinkünfte künftig offenlegen, in greifbarer Nähe. „Ich gehe davon aus,
       dass das am Donnerstag passiert“, sagt der CDU-Mann.
       
       Zwei Modelle werden beim Rechtsstellungsausschuss des Bundestages am
       Donnerstag auf dem Tisch liegen: eines auf Euro und Cent, wie es SPD, Grüne
       und Linkspartei wollen und die Union es ablehnt, und ein erweitertes
       Stufenmodell, das die Union möchte.
       
       „Wir wollen das bewährte System behalten“, sagt Grosse-Brömer, dem ein
       sechsstufiges Modell vorschwebt. Wenn die Opposition, so die Botschaft, ein
       bisschen gutwillig ist, wird das schon. Die Union gibt sich
       kompromissfähig. Man will doch, wird beteuert, das Gleiche wie die
       Opposition: Transparenz.
       
       Das war nicht immer so. Union und FDP haben in den letzten 20 Jahren mehr
       Transparenz erbittert bekämpft. 1995 lehnte Schwarz-Gelb im Bundestag einen
       SPD-Antrag für Offenlegung von Nebeneinkünften ab. Das Bürgerrecht des
       Abgeordneten sei, dass geheim bleibe, was er sonst noch so verdient,
       argumentierten Union und FDP.
       
       Als 2002 die Verstrickung von Politikern mit dem PR-Berater Moritz
       Hunzinger publik wurden, machte Rot-Grün einen neuen Anlauf. FDP-Mann Jörg
       van Essen polemisierte damals, dass ein „Kartell von Lehrern und
       Gewerkschaftsfunktionären“ den freien Abgeordneten mit Vorschriften
       schikanieren wolle.
       
       ## Nebeneinkommen blieben vertraulich
       
       Friedrich Merz, damals Fraktionschef der Union, bescheinigte Rot-Grün ein
       „Ablenkungsmanöver“. So blieb im Kern alles, wie es war. Die Abgeordneten
       mussten damals dem Bundestagspräsidenten zwar Nebeneinkommen (seit 2002
       inklusive Vorträge) melden, doch der durfte diese nicht veröffentlichen.
       
       Im Jahr 2005 folgte der nächste Versuch. In der RWE-Affäre wurde
       öffentlich, dass Politiker, unter anderem CDU-Generalsekretär Laurenz
       Meyer, auf der Payroll des RWE-Konzerns standen.
       
       Die FDP-Politikerin Ulrike Flach bekam Zehntausende Euro von Siemens – ohne
       erkennbare Gegenleistung. Der damalige Bundestagspräsident Thierse (SPD)
       appellierte 2005 an CDU/CSU, über mehr Transparenz bei Nebenjobs
       nachzudenken. Das Echo war eindeutig: „Unverschämt“ und „ahnungslos“
       polterten führende Unionsabgeordnete.
       
       ## Retortenpoitiker und geklonte Eunuchen
       
       Peter Ramsauer, heute CSU-Verkehrsminister, erklärte: „Was ich verdiene,
       geht nur das Finanzamt etwas an.“ Die rot-grüne Transparenz schaffe ein
       „Parlament aus Retortenabgeordneten“ und „politisch geklonten Eunuchen“.
       
       Rot-Grün setzte 2007 die bis heute geltende Dreistufenregelung durch (siehe
       Kasten) – gegen den Widerstand von FDP und Teilen der Union. Friedrich Merz
       klagte gegen das neue Gesetz in Karlsruhe ohne Erfolg.
       
       Michael Grosse-Brömer will von der hartnäckigen Verweigerung der
       CDU-Kollegen heute lieber nichts mehr wissen. Die Öffentlichkeit habe ein
       Recht auf „die Offenlegung der Einkünfte von Abgeordneten“, sagte
       Grosse-Brömer kürzlich im Bundestag. Das, so der CDU-Mann mit
       Gedächtnislücken, „war in unserer Fraktion immer unstreitig.“
       
       24 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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