# taz.de -- Die kleine Wortkunde: Sprachliches Gammelfleisch
       
       > Angeblich hat die Stadt Hannover das „Zigeunerschnitzel“ in der
       > Rathauskantine verboten. Dabei ging es nur um einen älteren Ratschlag.
       
 (IMG) Bild: Ham wa doch schon immer so gesagt.
       
       Passenderweise ist die Nachricht keine Nachricht, sondern eine
       Mystifikation: Hannover hätte, hieß es Dienstag, den städtischen Kantinen
       das Wort Zigeunerschnitzel verboten – und nicht wegen des zum Schnitzel
       verkleinerten Schnitz (von althochdeutsch „snitzen“).Sprachdiktatur?
       
       „Wir haben nichts verboten“, sagt Hannovers Sprecher Andreas Möser. Man
       habe nur schriftlich an eine alte Empfehlung erinnert, das Wort zu
       vermeiden anlässlich einer Petition des örtlichen Forums für Sinti und Roma
       e.V.: Die spricht sich gegen den Gebrauch eines eng verwandten Kompositums
       aus, das eine Fertigsoße mit Paprikaaroma bezeichnet. Denn auch die wurde
       durch den xenonymen Sammelbegriff aufgepeppt, unter dem die
       Mehrheitsgesellschaft Roma, Sinti, Jenische und Kalé rubriziert und
       beschimpft hat und vernichtet: Das Wort Zigeuner.
       
       Dieses leitet sich vom Ausdruck Secanen ab, der im 15. Jahrhundert belegt
       ist. Was er bedeutet? Unklar. Als „gelehrte Volksetymologie“ kassiert hat
       der Linguist Marek Stachowski die These, der Name einer phrygischen Sekte
       des 9. Jahrhunderts, der „Αθίγγαννοι“ (Athigganoi, Athinganen – in
       etwa:Unberührbare) sei 600 Jahre später reaktiviert worden. Er lenkt den
       Blick mehr aufs Alttürkische čígāń, arm, das in diverse slawische Sprachen
       und ins Ungarische eingewandert ist, wichtige Siedlungsgebiete der Roma.
       
       Das Fleischgericht dagegen entstammt Wiens Hofküche: Kochbücher des 19.
       Jahrhunderts kennen es, auf entsprechendem Gemüsesud angerichtet, als
       Paprika-Schnitzel. Der französische Küchenreformer Auguste Escoffier
       schrieb diese Zubereitungsart 1903 aus einer Laune heraus mit der
       latinisierenden Neubildung zingara den ziganen Völkern zu.
       
       Aus Sauce und Côte de veau zingara werden im Deutschen dann um 1950 die
       plumpen Nomen-Nomen-Komposita „Zigeunersauce“ und „Zigeunerschnitzel“.
       Dieses führt der Duden ab 1972 auf, ein Kunstwort ohne Tradition.
       
       Seit aber klar ist, dass sein Gebrauch einige Sinti und Roma kränkt,
       kämpfen gute Deutsche und der Industrieverband der Hersteller kulinarischer
       Lebensmittel für seinen Erhalt.
       
       8 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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 (DIR) was fehlt ...: ...das Zigeunerschnitzel
       
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