# taz.de -- Streit um Bleiberecht: Wo die Roten Spaltpilz säen
       
       > Von Uneinigkeit unter den 300 Hamburger Lampedusa-Flüchtlingen ist jetzt
       > die Rede. Freuen dürfte diese Debatte vor allem SPD-Innensenator Michael
       > Neumann.
       
 (IMG) Bild: Bei der Ausländerbehörde melden oder nicht? Die Gruppe der Lampedusa-Flüchtlinge scheint sich da uneins zu sein
       
       HAMBURG taz | Die Nachricht, dass sich die sogenannten
       Lampedusa-Flüchtlinge uneins über ihr weiteres Vorgehen sind, schlug ein
       wie ein Blitz. Ausgelöst hat das angebliche Zerwürfnis aber nicht die
       Gruppe selbst, sondern ausgerechnet der Mann, der seit fünf Monaten 80 der
       insgesamt 300 afrikanischen Flüchtlinge in der St.-Pauli-Kirche aufgenommen
       hat.
       
       Kurz nach der Pressekonferenz der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ am Dienstag
       sprach sich Pastor Sieghard Wilm für das Angebot der Innenbehörde aus, die
       Flüchtlinge bis zum Abschluss des Asylverfahrens zu dulden. Wilm berief
       sich dabei auch auf Sprecher der Flüchtlinge in der St.-Pauli-Kirche, die
       auf das Angebot der Stadt eingehen wollten.
       
       Wilm sagte, dass sich etwa zwei Dutzend der 80 in der Kirche
       untergebrachten Flüchtlinge auf das Verfahren einlassen werden. Andere
       Medien berichteten, alle Männer wollen einlenken. Eine Falschinformation,
       die offenbar auf dem Missverständnis beruhte, Wilm spreche für alle
       Flüchtlinge in seiner Kirche. Auf Nachfrage der taz sagte Wilm, er spreche
       nicht für die Gruppe, sondern für die Kirchengemeinde und dass es „keinen
       falschen Gruppendruck“ geben sollte.
       
       Aus der Unterstützerszene hieß es, Pastor Wilm sei der Gruppe damit in den
       Rücken gefallen. Die Gruppe hatte nämlich kurz zuvor offiziell erklärt,
       dass sie weiter geschlossen an ihrer Forderung nach einem Bleiberecht für
       nach [1][Paragraf 23] festhalte und ihre Identitäten auch nur dann
       preisgeben wolle, wenn sie vom Senat ein Signal für eine positive
       politische Entscheidung bekomme.
       
       Am Mittwoch hieß es am Rande der Demonstration für ein Bleiberecht, dass es
       sich bei den Flüchtlingen, die sich melden wollen, um diejenigen handelt,
       die ohnehin bereits von der Polizei kontrolliert wurden.
       
       Bereits vergangene Woche hatte sich die Bischöfin der evangelischen
       Nordkirche Kirsten Fehrs für die Einzelfallprüfungen ausgesprochen.
       Angeblich habe es aus der Innenbehörde Signale gegeben, dass die
       Flüchtlinge, nachdem sie einen Asylantrag gestellt haben, sofort eine
       Arbeitserlaubnis bekommen sollen, heißt es aus Kirchenkreisen. Was nach dem
       Gesetz aber erst nach einem Jahr möglich ist.
       
       Sicher ist der Druck auf die Kirche groß. Im Sommer hatte sich die
       Nordkirche noch gegen den Senat behauptet. Als Behörden die Flüchtlinge in
       einer Turnhalle unterbringen wollten, um sie zu registrieren und
       erkennungsdienstlich zu behandeln und sie vier bis fünf Wochen später per
       Sammelabschiebung nach Italien zu bringen, hatten Diakonie und Kirche sich
       gegen ein solches Abschiebelager ausgesprochen.
       
       Die Kirche intervenierte und nahm Flüchtlinge auf. Nun ist der Senat mit
       seinem Angebot wiederum auf die Kirche zugegangen. Denn die „faire
       Einzelfallprüfung“, die der Senat in Aussicht stellt, war seit Mai eine
       zentrale Forderung der Kirche.
       
       Bis dato trat die Lampedusa-Gruppe als eine Einheit auf, die vom SPD-Senat
       selbstbewusst ein Bleiberecht für alle 300 Männer einforderte. Die
       Uneinigkeit in der Gruppe könnte für sie nun zu einem Problem werden und
       die Reaktion des Senats ließ nicht lange auf sich warten. „Niemand sollte
       die Flüchtlinge zur Durchsetzung eigener politischer Ziele missbrauchen“,
       erklärte Innensenator Michael Neumann (SPD). Sein Sprecher Frank
       Reschreiter fügte hinzu, dass die „konstruktiven Kräfte“ der Gruppe dem
       Senat bestätigten, „dass wir auf dem richtigen Weg sind“. Klar, dass die
       Spaltung der Gruppe vor allem dem Senat gelegen käme.
       
       Es sieht beinahe so aus, als wären die unterschiedlichen Positionen in der
       Gruppe ein Ergebnis von Neumanns Strategie: Zuerst versuchte er mittels der
       Eskalation durch die Polizeikontrollen die Sympathisanten der Gruppe in ein
       linksradikales Licht zu stellen, um damit das bürgerliche Lager
       abzuschrecken. Und nun nutzt er die Gelegenheit, einen Keil zwischen die
       Flüchtlinge zu treiben und setzt darauf, dass einer nach dem anderen
       überläuft.
       
       30 Oct 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__23.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Kaiser
 (DIR) Kai von Appen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hamburg
 (DIR) SPD
 (DIR) Lampedusa
 (DIR) Lampedusa-Gruppe
 (DIR) Bleiberecht
 (DIR) SPD Hamburg
 (DIR) Lampedusa-Gruppe
 (DIR) SPD-Parteitag
 (DIR) Lampedusa-Gruppe
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Lampedusa-Gruppe
 (DIR) Lampedusa
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Hamburg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Pastor Wilm über fünf Jahre Lampedusa in Hamburg: „Das hat die Qualität eines Wunders“
       
       Sieghard Wilm, Pastor auf St. Pauli, nahm viele aus der Lampedusa-Gruppe in
       seiner Kirche auf. Nun hat einer von ihnen Frau und Kind getötet.
       
 (DIR) Unterkünfte für Lampedusa-Flüchtlinge: Eine Bleibe für den Winter
       
       Bei der St.Pauli-Kirche sind acht Wohncontainer für Lampedusa-Flüchtlinge
       aufgestellt worden. Vorrang haben Asylantragssteller, kontrolliert wird das
       aber nicht.
       
 (DIR) Flüchtlingspolitik in Hamburg: SPD zeigt sich unbeeindruckt
       
       Der SPD-Landesparteitag bestätigt den Kurs des Innensenators im Umgang mit
       der Lampedusa-Gruppe. Ein Antrag auf ein Bleiberecht wird abgelehnt.
       
 (DIR) Protest gegen die Flüchtlingspolitik: Hamburger Demo bricht alle Rekorde
       
       Tausende gehen mit den 300 Lampedusa-Flüchtlingen auf die Straße. Sie
       fordern ein Bleiberecht für die Überlebenden des Libyenkriegs.
       
 (DIR) Soli-Demo für Flüchtlinge in Hamburg: 15.000 fordern Bleiberecht
       
       Ein Bündnis unterschiedlichster Gruppen zog am Samstag durch die Staßen der
       Hansestadt. Es protestierte gegen die restriktive Flüchtlingspolitik des
       SPD-Senats.
       
 (DIR) Lampedusa-Flüchtlinge: „Widerstand ist Pflicht“
       
       Um gegen den harten Kurs des Senats zu protestieren, hat sich der Elternrat
       der Stadtteilschule am Hafen selbst angezeigt – wegen Unterstützung der
       „Illegalen“.
       
 (DIR) Abweisung von syrischen Flüchtlingen: Die Unwillkommenen
       
       Amnesty International wirft Syriens Nachbarländern die Abweisung von
       Flüchtlinge vor. Die Organisation fordert die EU auf, die humanitären
       Hilfen aufzustocken.
       
 (DIR) Flüchtlingsleichen in Niger: In der Wüste verdurstet
       
       Am Mittwoch wurden in der nigrischen Wüste zahlreiche Leichen von
       Flüchtlingen gefunden. Darunter fast 50 Kinder. Helfer berichten von
       schockierendem Anblick.
       
 (DIR) Hamburger Flüchtlingsstreit: Die Fronten bleiben verhärtet
       
       Die Gruppe der Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg lehnt das Senatsangebot
       einer Duldung für die Dauer des Antragsverfahrens ab.
       
 (DIR) Lampedusa: Vorbild Glinde
       
       Im schleswig-holsteinischen Glinde leben Flüchtlinge in einer Moschee und
       im Reihenhaus. Hier gibt es keine Kontrollen, sondern Unterstützung von der
       Gemeinde.
       
 (DIR) Notunterkünfte für Asylsuchende: Kirche knickt ein
       
       Die Nordkirche kann 35 Wohncontainer für Lampedusa-Flüchtlinge aufstellen –
       wenn die sich namentlich melden.
       
 (DIR) Streit um Flüchtlingsunterbringung: Tricksereien um Wohncontainer
       
       In der Bezirksversammlung Altona ist um das Aufstellen von Containern „ohne
       Auflagen“ für die Lampedusa Flüchtlinge ein Konflikt um eine Klausel
       entbrannt.
       
 (DIR) Kommentar Lampedusa-Debatte: Nur Selbstverständlichkeiten
       
       Hamburgs Innensenator Michael Neumann verschanzt sich hinter Paragrafen
       statt auf die Probleme der Asylgesetzgebung hinzuweisen.
       
 (DIR) Flüchtlinge aus Lampedusa: Senat gibt keine Garantien
       
       Der Protest gegen das Bleiberecht für die Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg
       hält weiter an und der Senat stellt Duldung während des Antragsverfahrens
       in Aussicht.
       
 (DIR) Lampedusa-Demonstrationen: Polizei im Dauereinsatz
       
       Gegen die Kontrollen von afrikanischen Flüchtlingen wurde auch am
       Wochenende demonstriert. In der City und auf St. Pauli kam es zu
       Sachbeschädigungen.
       
 (DIR) Lampedusa-Flüchtlinge: Festung Hamburg steht
       
       300 Westafrikaner, die vor dem libyschen Bürgerkrieg geflohen waren,
       kämpfen in Hamburg um ein Bleiberecht. Um sie herum ist eine breite
       Unterstützerbewegung entstanden.
       
 (DIR) Polizeiaktionen gegen Flüchtlinge: "Kaukasier" nicht betroffen
       
       Weitere Personenkontrollen gegen Lampedusa-Flüchtlinge. Zwei Männer in
       Untersuchungshaft, verantwortlich sein will weder die Polizei noch die
       Ausländerbehörde.
       
 (DIR) Flüchtlingsproteste in Deutschland: Lampedusa hat nichts geändert
       
       In Hamburg mehrt sich Kritik am Vorgehen der Polizei. In Berlin kollabieren
       immer mehr Menschen beim Durststreik.
       
 (DIR) Kommentar Flüchtlingspolitik: Politik ist Schuld an der Eskalation
       
       Der Protest für die Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg radikalisiert sich.
       Die Politik diskreditiert sogar die humanitären Bemühungen der Kirche.
       
 (DIR) Polizeikontrollen gegen Afrikaner: Streit um Flüchtlinge eskaliert
       
       Hamburgs Innensenator und Autonome stellen einander gegenseitig Ultimaten.
       Die Kirche wirft dem Senat vor, er gebe den Asylsuchenden keine Chance.
       
 (DIR) Libyen-Flüchlinge: Der Schutzschirm der Kirchen
       
       Hamburger Senat findet keinen Betreiber für Notunterkunft. Kirchenasyl will
       er hingegen respektieren. 50 Flüchtlinge übernachten jetzt in einer Kirche
       auf St. Pauli.
       
 (DIR) Sammelabschiebungen in Hamburg: Kirche humaner als SPD-Senat
       
       Libysche Flüchtlinge bekommen Kirchenasyl. Damit entgehen sie vorerst einer
       Sammelabschiebung, in die der Senat unter Olaf Scholz die Kirche einbinden
       wollte.