# taz.de -- CDU-Generalsekretär über seinen Job: „Ich fand mich ganz cool“
       
       > CDU-Generalsekretär Peter Tauber möchte seine Partei für
       > Nichtkonservative attraktiver machen. Er selbst spielte einst Gitarre in
       > einer Punk-Band.
       
 (IMG) Bild: Peter Tauber vor einem Bildnis Adenauers
       
       taz: Herr Tauber, Sie werden bald vierzig und sind schon Generalsekretär
       der CDU. Wann haben Sie sich das letzte Mal darüber gewundert? 
       
       Peter Tauber: „Gewundert“ ist in dem Zusammenhang vielleicht das falsche
       Wort. Ich war überrascht, als die Parteivorsitzende mich zu einem Gespräch
       eingeladen hat. Das war im Dezember, als die wichtigen
       Personalentscheidungen fielen.
       
       … als man wusste: Jetzt werden die tollen Jobs vergeben. 
       
       Ja. Ich glaube nämlich nicht, dass jemand von Ihren Kolleginnen und
       Kollegen mich auf dem Zettel hatte.
       
       Haben Sie morgens so einen Moment vor dem Spiegel: Mensch, Peter,
       unfassbar, du bist Generalsekretär! 
       
       Ein normaler Job ist das sicher nicht. Gerade im Gespräch mit anderen merke
       ich natürlich immer wieder, dass die Leute viel mehr darauf schauen, was
       ich tue. Und in den schönen Momenten denke ich schon ab und zu: Was für ein
       Geschenk, dass ich das machen darf!
       
       Nun ist Generalsekretär eigentlich ein Job für alte Haudegen. Nach außen
       koffern, nach innen moderieren – wie klappt’s denn so mit beidem? 
       
       Ich glaube, jeder Generalsekretär hat in seiner Zeit andere Aufgaben zu
       bewältigen. Ich möchte es gerne schaffen, mit dem gängigen Klischee zu
       brechen, dass man als Generalsekretär rumpoltern muss. Das halte ich 2014
       einfach nicht mehr für zeitgemäß. Was aber nicht heißt, dass ich nicht auch
       ab und an mal laut und deutlich werden kann.
       
       Den Generalsekretär der CSU, Andreas Scheuer, duzen Sie und nennen ihn
       Andi. Duzen Sie auch Yasmin Fahimi von der SPD? 
       
       Nein, wir duzen uns nicht.
       
       Kann das noch werden? 
       
       Das liegt daran, wie gut und vertrauensvoll wir zusammenarbeiten. Den Andi
       duze ich, weil wir uns schon aus Zeiten in der Jungen Union kennen, da wäre
       es ja albern, zum Sie zurückzugehen.
       
       Was meinen Sie, warum hat Angela Merkel ausgerechnet Sie gefragt? 
       
       Sie hat mich ja nicht gefragt. Ihre Formulierung lautete: „Ich habe mir
       überlegt, Sie werden Generalsekretär.“ Ich habe nicht lange überlegt,
       schließlich ist das eine große Ehre und Chance zugleich.
       
       Was hat sie in Ihnen gesehen? 
       
       Das müssten Sie eigentlich Angela Merkel fragen. Aber ich denke: Ich bin
       einer von den Jüngeren, der gemeinsam mit anderen etwas für unsere Partei
       tun will, und verkörpere damit die kommende Generation. Wahrscheinlich hat
       auch nicht geschadet, dass ich aus Hessen komme. Und ich hatte den
       Eindruck, Angela Merkel hat sich vorher angesehen, was ich in der Fraktion
       und in der Partei gemacht hatte – als Abgeordneter und Kreisvorsitzender.
       
       Der Altersdurchschnitt unter Ihren Parteimitgliedern liegt bei 57,2 Jahren.
       Höchste Zeit für eine Verjüngungskur. Wie wollen Sie die hinkriegen? 
       
       Der Grund, warum man in eine Partei eintritt, hat sich verändert. Früher
       versprachen sich die Leute mehr Information und bessere Vernetzung. Dieser
       „Mehrwert“ ist im Internetzeitalter obsolet. Heute ist der Vorteil einer
       Parteimitgliedschaft eher, mitreden zu können. Jemand, der im Pflegedienst
       arbeitet oder als Handwerker, der hat doch gar nicht die Zeit, an
       Gremiensitzungen teilzunehmen. Den Leuten bieten wir an, dass Politiker aus
       der ersten Reihe ihnen zuhören, und zwar zu einer Zeit, zu der sie können.
       Das ist neu und allemal interessanter, als einmal alle vier Jahre über
       einen fertigen Koalitionsvertrag abzustimmen.
       
       Die CDU ist gerade so mächtig wie seit Jahrzehnten nicht. Macht Macht
       attraktiv? 
       
       Regierungsverantwortung als zusätzliche Motivation – da wäre ich
       vorsichtig. Es geht eher um die Frage, ob die Menschen das Gefühl haben,
       diese Partei hat ihnen in wichtigen Fragen etwas zu sagen.
       
       Ist konservativ sein wieder oder noch sexy? Und ist diese GroKo-CDU
       überhaupt konservativ? 
       
       Die CDU bietet Konservativen eine Heimat. Sie muss aber auch für andere,
       die sich nicht konservativ nennen, attraktiv sein. Deshalb arbeite ich
       dafür, dass die CDU es noch besser als bisher schafft, in ihrer
       Mitgliederstruktur einen breiten Querschnitt der Gesellschaft abzubilden.
       Das gelingt nur, wenn wir auch für andere Gruppen noch attraktiver werden.
       
       Welche Gruppen meinen Sie? 
       
       Frauen, Junge, Zuwanderer.
       
       Sie sind der Generalsekretär aller 467.000 CDU-Mitglieder. Können Sie sich
       da noch eine Peter-Tauber-Meinung leisten? 
       
       Natürlich ist mein Job, zu erklären, was die CDU denkt. Ich glaube aber,
       dass viele Parteifreunde wissen, wo ich als Peter Tauber auch mal eine
       andere Meinung habe. Das mache ich dann aber deutlich.
       
       Zum Beispiel? 
       
       Ich habe immer zu denen gehört, die die Vorratsdatenspeicherung durchaus
       kritisch sehen. Auch beim Thema Gleichstellung von Schwulen und Lesben,
       beispielsweise beim Thema Adoption, wissen die meisten, dass ich da eine
       liberale Haltung habe.
       
       Sie sind mit 16 in die Junge Union eingetreten, mit 18 in die CDU. Wie cool
       war dieser Peter Tauber damals? 
       
       Also, ich fand mich ganz cool. Aber es gab natürlich auch Mitschüler, die
       fanden mich extrem uncool.
       
       Waren Sie so ein Aktenkoffer-JUler? 
       
       Auf keinen Fall! Diese Schnappschlossaktenkoffer fand ich ganz schrecklich.
       Aber wissen Sie, damals war doch im Grunde konservativ, wer mit ’nem
       Arafat-Schal auf dem Schulhof rumlief. Den hatte ja jeder. Mehr Mut gehörte
       dazu, in der Jungen Union zu sein. Manchen Lehrer provozierte man ja
       bereits, wenn man da einen JU-Kugelschreiber aus dem Mäppchen nahm. Daran
       hatte ich durchaus eine gewisse Freude.
       
       Sie waren nicht nur in der JU, sondern auch Gitarrist der Band „Papst hört
       Punk“. Was genau war denn daran Punk? 
       
       Na die Musik, die wir gemacht haben. Meine musikalischen Fähigkeiten waren
       zwar ziemlich begrenzt, aber die drei richtig gesetzten Akkorde habe ich
       hinbekommen. Ich höre noch heute am liebsten solche Musik, Hauptsache laut
       und mit Gitarren.
       
       Wussten Ihre Bandkollegen, dass Sie Mitglied der Jungen Union sind? 
       
       Natürlich, und das war für niemanden ein Problem.
       
       Einer der Songs hieß „Nazischnitzel, Rübe ab“. Haben Sie das getextet? 
       
       Nein. Das war ’ne Kombi aus zwei verschiedenen Songs. Wie jede gute
       Punkband hatten wir natürlich ein Lied gegen Nazis. Und dann gab es noch
       ein anderes Lied, das sich um das schöne Wort „Rübenschnitzel“ drehte. Eine
       Freundin war Pferdenärrin, und die hat immer von diesem Futter für Pferde
       erzählt. Darüber haben wir einen Song geschrieben. Und irgendwann wurde aus
       beiden Songs ein Mix.
       
       Nur um mir das besser vorstellen zu können: Hatten Sie auch zerfetzte
       Klamotten an? 
       
       Oh ja, alles, was dazugehört. Band-T-Shirts und die Gitarre so tief
       hängend, dass man gar nicht richtig darauf spielen konnte. Und natürlich
       die Haare gefärbt – ich hatte damals nämlich noch welche.
       
       Heute betonen Sie Ihre Verbundenheit zum Vaterland. Erklären Sie doch bitte
       mal, was Sie darunter verstehen. 
       
       Als Politiker suche ich nach der Antwort auf die Frage: Wo wollen wir alle
       zusammen hin, gibt es etwas, worauf wir uns verständigen können, unabhängig
       von unserer Herkunft? Weil unsere Gesellschaft vielfältiger wird, müssen
       wir das Verbindende stärker betonen. Das Wort „Vaterland“ kann einen
       solchen Wertekonsens umschreiben.
       
       Der Gebrauch des Wortes hat sich vom Unsagbaren zum Sagbaren verändert. 
       
       Das stimmt. In seinem Ursprung an der Wende zum 19. Jahrhundert war die
       Idee der Nation der Versuch, etwas Gemeinsames, Identitätsstiftendes zu
       finden – auch in Abkehr von der oftmals willkürlichen Fürstenherrschaft.
       Wir haben lange gebraucht, uns von den dann folgenden Irrungen und der
       Instrumentalisierung des Wortes frei zu machen. Außerdem müssen wir denen,
       die eine Zuwanderungsgeschichte haben, vermitteln, warum bei uns die
       Verbrechen des Dritten Reiches immer eine Rolle spielen müssen. Warum wir
       zum Thema Sterbehilfe aufgrund der Euthanasie einen anderen Zugang haben.
       Wie sollen Zuwanderer das sonst verstehen?
       
       Ihre Reden beenden Sie häufig mit dem Ausruf: „Hurra!“ Was soll das
       eigentlich? 
       
       Ich habe einen sehr guten Freund, ein richtiger Herr. Immer wenn ich mich
       von ihm verabschiedet habe, hat er statt „Auf Wiedersehen“ „Hurra“ gesagt.
       Ich fand das zunächst komisch. Irgendwann habe ich ihn gefragt, warum er
       das macht. Er hat geantwortet, er wolle, dass wir, „wenn wir
       auseinandergehen, und es war eine schöne Begegnung, mit einem frohen
       Gedanken voneinander scheiden: Auf dass wir uns frohen Mutes bald
       wiedersehen.“
       
       Für derlei aber hätten wir nicht genug Zeit, und deswegen lege er das alles
       in „ein wunderschönes Wort: ’Hurra‘ “. Ich dachte: Wie schön. Als ich
       Generalsekretär wurde, habe ich mich gefragt, ob ich diesen Gruß
       beibehalten kann. Doch, habe ich mir gesagt, das mache ich. Wenn einer ein
       Problem damit hat, kann er ja fragen.
       
       Und wenn wir beide auseinandergehen, sagen Sie dann „Hurra“ zu mir? 
       
       Das werden Sie ja sehen.
       
       22 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
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