# taz.de -- Onlinewahlkampf der CDU: Aalglatte Halbglatzen
       
       > Innovativ, klassisch oder peinlich? Wir analysieren, wie sich die
       > Parteien während des Europawahlkampfs im Netz schlagen. Dieses Mal: die
       > CDU.
       
 (IMG) Bild: Großflächenplakatdownload – ein Kompositum so deutsch wie die CDU.
       
       ## Die Parteiseite
       
       Flash-Animationen sind out. Minimalistische Wordpress-Template-Ästhetik ist
       in. Vielleicht ist das aber auch die knochentrockene Pragmatik der
       Christdemokraten. Die verwendeten Farben auf ihrer [1][Website] sind, neben
       simplem Weiß, ein Streifen Grau und das einlullende
       Du-bist-in-Sicherheit-Orange, welches auch auf den [2][Werbeplakaten]
       verwendet wird.
       
       Der Seitenaufbau: In der orangenen Leiste oben links, ein Häuschen für die
       Hauptseite der CDU. Daneben der Button für ein „Menü“, welches bei
       Betätigung übersichtlich aufklappt. Rechts in der Leiste sind die Punkte
       „Spenden“ und „CDUplus“ für Mitglieder untergebracht. Dann noch ein Such-
       und ein Mailbutton. Zum folgen und liken gibt es neben dem Banner
       [3][Facebook], [4][Twitter] und [5][Google plus]. Einfachste Bedienung und
       große Schrift. Wahrscheinlich auch für die älteren Wähler im jungen
       Internetz.
       
       Das Banner: Ein Foto eines Ausschnitts der EU-Flagge. Während [6][die
       Grünen] zum Beispiel tendenziell eher in moralapostolischer Manier den
       ottonormalen Surfer mit den ernsthaften Problemen dieser Welt
       konfrontieren, beruhigt die CDU erstmal mit einem nüchternen: „Materialien
       zur Europawahl“ als Headline. Dann ein kurzer und griffiger Text. Erst
       einmal das Datum der Wahl. Alle Achtung! Die erste Partei, die es schafft
       im ersten Satz zu informieren was passiert und vor allem wann. „Das ist
       alles nicht so einfach aber gemeinsam kriegen wir das schon hin,“
       suggeriert der generelle Schreibstil auf der Seite.
       
       Seichte Worte, beschwichtigende Formulierungen. Schlau gemacht. Warum? Weil
       die auf Plakaten verwendeten [7][Slogans] und übersichtlichen Texte auf der
       Seite so bodenständig und unaufdringlich daherkommen, das jede Omi und
       jedes Küken vom Provinz-Gymnasium XY denken kann: „Och. Das ist doch schön
       und gut für unser Land, äh Europa.“ Nichts spricht dagegen. Denn was kann
       besser sein als jemand der Freiheit, Sicherheit, Chancen und Arbeit
       verspricht, ohne dafür Opfer zu fordern? Großartig. Ist doch alles gar
       nicht so schlimm wie die [8][Linken] oder Rechten oder alle, die sonst noch
       so im Schatten der CDU stehen immer sagen. Bloß keinen Stress bitte!
       
       Der Text liefert im Weiteren einen Hinweis auf den schmerzhaften
       Roundhousekick der Finanzkrise und ihrer Auswirkungen auf die letzte
       Europawahl 2009. Mensch! Jeder macht mal Fehler. Doch wie bescheiden
       bemerkt wird: „Heute hat Deutschland diese Krise eindrucksvoll überwunden.“
       Nicht die CDU sondern Deutschland. Unter Merkels Führung natürlich. Aber
       das wird nicht erwähnt. Ein weiterer Sympathie-Pluspunkt bei Omi und ihrer
       Enkelin.
       
       Die Wettbewerber verwenden Worte wie „kämpfen“ und „gegen“ und bei Gott:
       „Herausforderung!“ Die Partei der soliden Wirtschaft und der
       christdemokratischen Werte konnte mit ihren europäischen Partnern
       stattdessen „die Eurozone stabilisieren.“ Und nun, fünf Jahre später, hat
       sie ein „ehrgeiziges Programm für Europa erarbeitet.“
       
       Unter dem Text in Leserichtung: [9][TV- und Radio-Spots], die wichtigsten
       Personen, also Merkel und der deutsche Spitzenkandidat David McAllister,
       die Termine für deren [10][Ansprachen] und das [11][CDU Wahlprogramm] zum
       Herunterladen. Hören, Sehen, Verstehen. Dann folgt Material. Großflächen-
       und Themenplakate zum herunterladen, Broschüren und Flugblätter für
       Bürgerinnen und Bürger in sieben verschiedenen Sprachen.
       
       Je größer die Organisation, desto authentischer, glaubhafter und
       vertrauenswürdiger wirkt eine bescheidene und besonnene Wortwahl. Die Seite
       weckt das Gefühl, man sei in den Händen einer Partei von realistischen,
       pragmatischen, adulten Autoritätspersonen. Gut gemacht CDU! Das
       Website-Design; überzeugend, solide, aufgeräumt und nichts sagend. Inhalt
       und Form stehen also in einem dialektisch angemessenen Verhältnis.
       
       ## Social Media Präsenz
       
       Die jungen Medien sind nicht so richtig was für die CDU. Auf der
       Facebookseite der größten Partei Deutschlands haben knapp 80.000 Menschen
       den Like-Button gedrückt. Im Vergleich: Die Piraten haben knapp 90.000.
       Aber ok. Das ist auch wirklich kein Wunder.
       
       Auch die Posts auf der Facebookseite, ebenso wie auf Twitter sind so
       ansprechend und aufmerksamkeitsbindend wie ein Eimer Sand. Da stehen dann
       so Sachen wie: „Wahlkampf-Endspurt: Die Veranstaltungen mit Angela Merkel
       und David McAllister in dieser Woche.“ So ist die CDU halt: Immer gefasst,
       besonnen und ordnungsliebend.
       
       ## Das Oberhaupt
       
       Das ist ja eigentlich Angela Merkel. Aber hier geht es um ihren
       Stellvertreter auf Erden, verzeihung, im Europäischen Parlament. McAllister
       schüttelt auf [12][Facebook] Hände in steifen Posen, mit weißen Zähnen und
       geligen Haaren. Naturgemäß ist man ja immer dort unterwegs, wo man sich
       wohlfühlt, anerkannt wird und garantierten Applaus ernten kann. Hier waren
       die Menschen begeistert, da habe ich die getroffen und jenen
       beglückwünscht. Eigentlich sollte man doch mal zeigen, dass man sich auch
       im echten, harten Leben des kleinen Mannes aufopfern kann. Zum Beispiel
       beim Bagger fahren auf der Baustelle oder Kühe füttern auf dem Bauernhof.
       
       Aber nein, überall dieselben Uniformen. Anzug, Krawatte und die haarlosen
       Hinterköpfe der Zuhörerschaft auf Wahlkampfveranstaltungen. Das Gleiche wie
       auf der Parteiseite. Weit und breit keine Kontroversen in den Posts, nichts
       unangenehmes. Wahlkampf für die heile Welt. Und deshalb gibt es auch über
       20.700 Likes auf Facebook. CDU-Lebkuchenherzen und Spargelessen. Man feiert
       und freut sich über erzielte Erfolge.
       
       Auf [13][Twitter] das gleiche. Ab und zu ein neckischer Zwitscher-Hinweis:
       „Liebe SPD. Da ist er, unser David McAllister. Seit Freitag deutschlandweit
       plakatiert.“ Allerdings getwittert vom „[14][Team Deutschland],“ nicht von
       ihm selbst. Auch bei den sozialen Medien gibt es keine Diskussionen, keine
       Gedankenanregungen, keine Meinung. Alles sauber, alles gut, alles
       erfolgreich.
       
       ## Die Kleinigkeiten
       
       Eine kleine Geschichte. Die [15][Junge Union] hat sich mit einem Cover des
       Songs [16][„Supergeil“] von der Band Der Tourist feat. Friedrich
       Liechtenstein ganz viel Mühe gegeben. Das Originallied war zu einem
       Klickhit auf Youtube geworden und die Junge Union dachte wohl: Das ist doch
       fesch. Also schnell umgeschrieben und „Super-Handel, Super-Wirtschaft,
       Super-Standard, Super-Erasmus, Super-Hymne, Super-Sterne“ eingefügt. Fertig
       war das Werbevideo für die coolen, jungen CDU-Wähler.
       
       Das aber fanden die Urheber nicht so gut und ließen das Video entfernen.
       Mit folgender Begründung, wie der Spiegel herausfand: „Wir haben bisher
       wirklich JEDEM erlaubt, unseren Song zu covern, und da waren nicht nur
       Glanzstücke dabei. Aber Euch haben wir das nicht erlaubt. Warum? Weil ihr
       nicht gefragt habt. Und wir hätten das auch nie erlaubt. Warum? Weil ihr
       die Junge Union seid.“
       
       ## Der Peinlichkeitsfaktor
       
       Keine Schwäche, keine Stärke bei der CDU Internetpräsenz. Althergebrachtes
       Visuelles (Händeschüttelnde graue Damen und Herren) wird flankiert von
       vagen Worten präsentiert. Man kennt das. Aber wer aalglatte Menschen in
       Anzügen und einer Liebe für die Werte des christlichen Abendlandes peinlich
       findet, kann das natürlich ganz schrecklich finden.
       
       ## Gesamteindruck
       
       Die CDU zeigt sich als bester Ausweg aus scheinbar simplen, nicht nur
       politischen sondern auch persönlichen Problemen der EU-Bürger. Sie schafft
       es von allen Parteien am besten, die Komplexität der europäischen Probleme
       in der Innen- und Außenpolitik als harmlos darzustellen. Sie manövriert die
       Besucher ihrer Internetseiten in eine bequeme Haltung und nimmt ihnen, so
       die Botschaft, alle Sorgen. Die machen das schon, nicht wahr?
       
       20 May 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.cdu.de/europa2014
 (DIR) [2] http://www.cdu.de/artikel/grossflaechenplakate-zur-europawahl-2014
 (DIR) [3] https://www.facebook.com/CDU?fref=photo
 (DIR) [4] https://twitter.com/CDU
 (DIR) [5] https://plus.google.com/+CDU
 (DIR) [6] http://www.gruene.de/themen.html
 (DIR) [7] http://www.designtagebuch.de/die-plakate-zur-europawahl-2014-teil-1/
 (DIR) [8] http://www.mlpd.de/2014/kw15/wohin-geht-europa
 (DIR) [9] http://www.cdu.de/artikel/tv-und-radio-spots-der-cdu-deutschlands-zur-europawahl-2014
 (DIR) [10] http://www.cdu.de/artikel/angela-merkel-und-david-mcallister-live-erleben
 (DIR) [11] http://www.cdu.de/artikel/europawahl-programm-der-cdu-deutschlands
 (DIR) [12] https://www.facebook.com/david.mcallister
 (DIR) [13] https://twitter.com/davidmcallister
 (DIR) [14] https://twitter.com/teamdeutschland
 (DIR) [15] http://www.junge-union.de/
 (DIR) [16] http://www.youtube.com/watch?v=IlN1pZqO8Zo
       
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