# taz.de -- Reaktion auf Polizeigewalt in Ferguson: Polizisten tragen Body-Cam
       
       > Bürgerrechtler in den USA fordern, an den Uniformen von Polizisten eine
       > kleine Kamera zu befestigen. In Ferguson kommt sie nun zum Einsatz.
       
 (IMG) Bild: Noch die Ausnahme bei US-amerikanischen Polizeieinheiten: Body-Cam, hier von einem Polizisten in Frankfurt am Main vorgeführt.
       
       NEW YORK taz | Das Geschäft mit den Body-Cams blüht: Die kleinen Kameras,
       die am Hosengurt, am Hemd oder an der Brille befestigt werden und das
       aufzeichnen, was der Träger sieht und es an eine Zentrale übermitteln, sind
       neuerdings auch in Ferguson in Missouri im Einsatz.
       
       Zwei Unternehmen haben der Lokalpolizei in der Vorstadt 50 Geräte
       gespendet. Bei einer Demonstration am Samstag, bei der Angehörige und
       Unterstützer des erschossenen Michael Brown erneut verlangten, dass der
       Todesschütze inhaftiert wird, standen ihnen dessen Kollegen erstmals mit
       den kleinen Kameras gegenüber.
       
       Wegen zahlreicher Gewaltexzesse bei der Polizei sind die kleinen Kameras in
       den USA schon lange im Gespräch. Die tödlichen Schüsse des weißen
       Polizisten Darren Wilson auf den unbewaffneten schwarzen Teenager Michael
       Brown in Ferguson haben neue Argumente geliefert. Hätte der Polizist eine
       Body Cam getragen, so die Befürworter, könnte der Tathergang leichter
       rekonstruiert werden.
       
       Stattdessen liegen widersprüchliche Versionen vor. Der Todesschütze
       behauptet, der Teenager habe ihn angegriffen und versucht, ihm seine
       Dienstpistole zu entwenden. Augenzeugen hingegen haben beobachtet, dass der
       Polizist zunächst versucht hat, den Jungen in sein Auto zu zerren, und dann
       auf ihn geschossen hat.
       
       Die Gewaltbereitschaft und mangelnde Professionalität der Polizei lassen
       die Body-Cams als Ersatzlösung erscheinen. Eine
       [1][//petitions.whitehouse.gov/petition/mike-brown-law-requires-all-state-c
       ounty-and-local-police-wear-camera/8tlS5czf:Petition an das Weiße Haus],
       deren Unterzeichner Body-Cams für sämtliche Polizisten des Landes fordern,
       ist binnen weniger Tage von mehr als 150.000 Menschen unterschrieben
       worden. Bürgerrechtsgruppen unterstützen ihre systematische Einführung. Die
       Technologie habe das Potenzial, die Polizei zu kontrollieren, argumentiert
       die [2][//www.aclu.org/:American Civil Liberties Union (ACLU)]. Das
       texanische [3][Civil Rights Project] nennt die kleinen Geräte einen
       „riesigen Erfolg für die Transparenz“.
       
       Laut einer Polizeistudie in Rialto in Kalifornien geht die Anwendung von
       polizeilicher Gewalt um ganze 50 Prozent zurück, wenn die Beamten eine
       Body-Cam tragen. Allerdings wirkten die Geräte nur, so eine Studie des
       Justizministeriums, wenn sie immer angeschaltet seien: Könnten Beamte sie
       selbst abschalten, bliebe der Effekt aus.
       
       Polizeieinheiten quer durch die USA erwägen als Reaktion auf Michael Browns
       Tod, schnell große Mengen von Body-Cams anzuschaffen. Der Polizeichef der
       texanischen Großstadt Houston will 8 Millionen Dollar haben, um seine 3.500
       Beamten in den nächsten Jahren damit auszustatten. In Milwaukee in
       Wisconsin diskutiert der Stadtrat darüber, welches Modell er für seine
       1.800 Polizisten kaufen soll. Und auch in New York, der Stadt mit der
       größten Polizeitruppe der USA, von der bislang nur 15 Prozent Body-Cams
       tragen, denkt Polizeichef Bill Bratton laut über den Kauf von mehr Geräten
       nach.
       
       ## Ein vielversprechender Markt für die Hersteller
       
       Die Body-Cams, die je nach Modell zwischen 120 und 2.000 Dollar kosten,
       gelten polizeiintern einerseits als Mittel, die eigenen Beamten zu
       Disziplin anzuhalten, andererseits sollen sie den Umgang mit
       Bürgerbeschwerden erleichtern.
       
       Bislang verfügt nur ein Sechstel der Polizeieinheiten in den USA über
       einzelne Body-Cams. Die Polizeieinheiten, in denen alle Beamten das Gerät
       haben, sind eine Ausnahme. Angesichts von rund 800.000 Polizisten in den
       USA öffnet sich für die Hersteller ein riesiger Markt.
       
       Doch Kritiker glauben, die Body-Cams würden neue Probleme mit sich bringen.
       Unter anderem ist unklar, wie lange die Videoaufzeichnungen aufbewahrt
       werden und wer Zugang dazu haben soll. Umstritten ist auch, ob die
       Aufzeichnungen in Gerichtsverhandlungen verwertbar sind.
       
       Das Misstrauen nährt sich aus vielen Erfahrungen. Die frischeste ist jene
       mit der Lokalpolizei in Ferguson. Mehr als drei Wochen nach dem Tod von
       Michael Brown hat sie der Öffentlichkeit immer noch fast nichts über ihre
       Ermittlungen gesagt.
       
       Herausgekommen ist hingegen, dass es unter den 53 Polizisten in Ferguson
       schon vor Darren Wilsons tödlichen Schüssen ungewöhnlich viele Fälle von
       exzessiver Gewalt gegeben hat. Gegen fünf weitere Beamte liefen interne und
       externe Untersuchungen.
       
       In denen ging es unter anderem um tödliche Schüsse mit einer
       Elektro-„Taser“-Pistole auf einen geistig behinderten Mann und um das
       Würgen eines Minderjährigen. Ein Mann wurde, nachdem die Polizei von
       Ferguson ihn verprügelt hatte, wegen „Beschädigung von Stadteigentum“
       verklagt, weil sein Blut auf Uniformen von Polizisten geraten war. Mit
       einer Ausnahme sind die Opfer Afroamerikaner.
       
       Doch nicht nur die Polizei in Ferguson mauert. Auch auf nationaler Ebene
       liefern Polizeistatistiken nur lückenhafte Informationen. So führt das FBI
       keine Statistik über die Opfer tödlicher Polizeigewalt in den USA. Es
       listet lediglich „gerechtfertigte Tötungen“ durch Polizisten auf:
       durchschnittlich 400 pro Jahr.
       
       Diese Zahl erfasst allerdings weder alle lokalen Polizeieinheiten, noch
       Tötungen in Gefängnissen. Um die Daten-Lücke zu füllen, hat ein Journalist
       begonnen, alle tödlichen Zusammentreffen mit der Polizei zu erfassen. Brian
       Burghart nennt seine Webseite: [4][„Fatal Encounters“.]
       
       3 Sep 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://https
 (DIR) [2] http://https
 (DIR) [3] http://www.texascivilrightsproject.org/
 (DIR) [4] http://www.fatalencounters.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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