# taz.de -- FDP vor den Wahlen in Ostdeutschland: Liberale im Strudel
       
       > Vor den Wahlen in Thüringen und Brandenburg blickt die FDP auf die
       > Scherben ihrer Existenz. Ein Besuch bei ihrer Bundesgeneralsekretärin in
       > Berlin.
       
 (IMG) Bild: Nicola Beer, FDP-Generalsekretärin, will verhindern, dass ihre Partei in den politischen Abgrund gleitet
       
       BERLIN taz | Nein, sagt Nicola Beer, sie habe keine Angst vor dem kommenden
       Wahlsonntag. „Wir lassen uns den Schneid nicht abkaufen.“ Beer muss das
       natürlich sagen. Sie ist die Generalsekretärin der Bundes-FDP. Seit einem
       Jahr erlebt Beer, wie ihre Partei immer tiefer unter den Radar öffentlicher
       Wahrnehmung sinkt.
       
       Am Abend der Bundestagswahl am 22. September waren die Liberalen bei nur
       4,8 Prozent gelandet, sie mussten das Parlament verlassen. Und gerade erst,
       vor zwei Wochen, musste die Generalsekretärin zur Kenntnis nehmen, dass
       ihre FDP auch in Sachsen nicht nur aus der Regierung, sondern aus dem
       Landtag geflogen ist.
       
       Für den kommenden Sonntag sind die Prognosen vergleichbar: Bei nur drei
       Prozent sehen die Demoskopen die Liberalen. Gleitet die FDP, diese 65 Jahre
       alte Traditionspartei, die schon Außenminister und Bundespräsidenten
       hervorgebracht hat, in den politischen Abgrund?
       
       Nicola Beer, 44 Jahre alte Juristin aus Hessen, will das verhindern. Nach
       dem Aus im Bund holte Parteichef Christian Lindner sie als
       Generalsekretärin ins Thomas-Dehler-Haus. Dort brütet seither der neue
       Bundesvorstand über der Frage, wie die sieche Verliererpartei wieder in
       einen bundespolitischen Player zurückzuverwandeln wäre. Das
       Sachsen-Ergebnis war ein Schlag, Thüringen und Brandenburg werden wohl
       weitere.
       
       ## Neue Inhalte
       
       Die Neuaufstellung, sagt die Generalsekretärin der taz, brauche eben noch
       etwas Zeit. Ende November werde man den Parteifreunden auf einem Konvent in
       Berlin neue Inhalte präsentieren können. Bis dahin „hören wir verstärkt
       zu“. Soviel kann Beer aber schon sagen: „Wir wollen Partner sein für Leute,
       die in ihrem Leben weiterkommen wollen, und die wissen, dass das mit
       eigenen Anstrengungen verbunden ist.“
       
       Gute Bildung, soziale Marktwirtschaft und Bürgerrechte seien die Themen der
       FDP. Es fällt nicht das Wort Steuern, nicht der Begriff Euro, nichts zu
       Außen- und Flüchtlingspolitik. Das sind aktuell die Themen der AfD, die
       sich den einstigen FDP-Wählern andient – und dort gute Ergebnisse einfährt.
       
       Gegen dieses Gefressenwerden muss die FDP angehen. In den zurückliegenden
       Monaten hat sie bei ihren 57.000 Mitgliedern nachgefragt und sogar eine
       Beraterfirma engagiert. Die ist der Frage nachgegangen, was die Identität
       der FDP ausmacht und was sie tun muss, damit die Leute sie wieder wählen.
       
       Herausgekommen ist Erstaunliches. Geht es um die FDP, ist den Wählern kaum
       präsent, wofür diese Partei noch steht. Was sie jedoch assoziieren, ist die
       soziale Kühle einer nein-sagenden-Besserwisserpartei. Ein Image, das sich
       nicht ohne Weiteres abschütteln lässt. „Ja“, räumt Nicola Beer ein, „wir
       kämpfen damit, dass die Menschen lieber bei den Gewinnern sein wollen. Das
       ist eben eher hipp und sexy.“
       
       ## Partei im Sinkflug
       
       Eine Frage, die sich der FDP immer drängender stellt, ist die, warum ihr so
       wenige Frauen ihre Stimme geben. Eine Partei im Sinkflug kann schwerlich
       auf die Hälfte der Wählerschaft verzichten. Die Analyse der Beraterfirma
       hatte gezeigt, dass eher ältere männliche Akademiker mit mittleren
       Einkommen bereit wären, wieder die FDP zu wählen.
       
       Frauen fühlen sich offenbar nicht angesprochen. Und das, obwohl Christian
       Lindner gleich zu Beginn drei Frauen in seine Führungsmannschaft geholt
       hat, unter ihnen auch Nicola Beer. „Einen wunderbaren Anfang“ nennt die
       diese Entscheidung. Und dass man bemüht sei, Wertschätzung von Frauen „auch
       in den unteren Gliederungen als allgemeine Haltung zu vermitteln.“
       „Frauen“, erklärt Beer, „mögen keine endlosen Debatten.“
       
       Es macht die Situation nicht einfacher, dass in Hamburg gerade die
       FDP-Landesvorsitzende Sylvia Canel aus der Partei ausgetreten ist. Dort
       stehen im Februar Bürgerschaftswahlen an. Ihrer einstigen Parteiführung
       richtete Canel aus, in der FDP gebe es mittlerweile einen falschen
       Korpsgeist, mit dem jede Diskussion erstickt werde. Und sie kündigte an,
       gemeinsam mit anderen Liberalen eine neue Partei gründen zu wollen.
       Möglicherweise noch im September.
       
       Aber eine „neue FDP“, die will doch auch der Bundesvorstand der Liberalen.
       Ganz zu schweigen davon, dass viele einstige FDP-Wähler vor zwei Wochen in
       Sachsen einer anderen Partei ihre Stimme gegeben haben – der AfD. Mit deren
       Inhalten, da klingt die FDP-Generalsekretärin entschieden, habe man nichts
       zu tun. „Wer sich gegen Freihandel einsetzt, gegen Ausländer oder
       verschiedene Lebensformen hetzt, der würde in der FDP nie ein Zuhause
       finden.“ Der Wahlabend in der Berliner Parteizentrale, er dürfte ebenso
       trübe verlaufen wie der vor zwei Wochen.
       
       13 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
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