# taz.de -- Landtagswahl Brandenburg und Thüringen: AfD nimmt die dritte Hürde
       
       > Nach starken Ergebnissen in Brandenburg und Thüringen sieht Parteichef
       > Lucke seine „Alternative für Deutschland“ schon fest etabliert.
       
 (IMG) Bild: „Die Bürger dürsten nach einer politischen Erneuerung“, findet AfD-Chef Lucke (Mitte). Dafür gebe es nun eine Partei – seine
       
       POTSDAM taz | Kurz vor 18 Uhr ist im Potsdamer Lokal „Le Manege“ noch kein
       Ton da, die AfD-Anhänger stimmen sich trotzdem schon mal mit Applaus ein.
       Der weitet sich wenig später zu johlendem Jubel und „Jaaaa“-Schreien aus:
       12 Prozent zeigen da die ersten Hochrechnungen in Brandenburg. Ein Erfolg,
       ein richtig satter.
       
       AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland steht im Karo-Sakko auf der Bühne und
       ballt beide Fäuste. „Heute ist der glücklichste Tag meines Lebens“, sagt
       der 73-Jährige. „Jetzt wird uns aus der deutschen Politik keiner mehr
       verdrängen.“ Wieder Jubel.
       
       Zur gleichen Zeit wird auch in Erfurt gejubelt: zehn Prozent gibt es in
       Thüringen für die „Alternative für Deutschland“. Nach dem ersten
       Landtagseinzug der Partei vor zwei Wochen in Sachsen folgen nun also die
       nächsten beiden Parlamente. Für Bundeschef Bernd Lucke, auch er auf der
       Potsdamer Wahlparty zugegen, ist die Botschaft damit klar: „Die Bürger
       dürsten nach einer politischen Erneuerung.“ Dafür gebe es nun eine Partei –
       seine.
       
       Doch das bleibt abzuwarten. Denn noch immer gibt es Richtungskämpfe und
       etliche Ränkespiele in der Partei. Das Potenzial der Selbstzersetzung ist
       längst nicht getilgt. Auch der Thüringer Landesverband gehörte lange zu den
       Sorgenkindern. Mehrmals wurde die Landesspitze ausgetauscht, zuletzt im
       Juni. Von „sektenähnlichen Strukturen“ war die Rede, ein ganzer
       Kreisvorstand trat aus. Und in Brandenburg musste sich die Partei fragen
       lassen, warum sie gleich eine Vielzahl an Kandidaten mit schillernder
       rechter Vergangenheit an die Spitze hob.
       
       An diesem Abend aber scheint all das vergessen.
       
       ## Mit deftigen Tönen in die Wahlkämpfe
       
       Schon zur Europawahl im Mai hatte die AfD in beiden Ländern starke
       Ergebnisse erzielt: In Thüringen holte sie 7,4 Prozent, in Brandenburg gar
       8,5 Prozent. In die jetzigen Wahlkämpfe zog die Partei mit deftigen Tönen.
       In Thüringen prangerte Spitzenkandidat Björn Höcke, ein Lehrer und
       vierfacher Vater, den „politischen Sumpf“ und vermeintliche
       Korruptionsfälle im Land an. Er dagegen sei angetreten, um einen „neuen
       Dienstethos“ in die Politik zu tragen und den „Mehltau der politischen
       Korrektheit abzuräumen“.
       
       In Brandenburg setzte AfD-Spitzenmann Alexander Gauland, wie schon seine
       sächsischen Parteikollegen, auf das Thema Kriminalität. Mehr Polizisten und
       die Wiedereinführung von Grenzkontrollen forderte der frühere Herausgeber
       der Märkischen Allgemeinen. Auch warnte er vor einem „riesigen
       Asylbewerberghetto“, das im Süden Brandenburgs entstehen solle. Dazu setzte
       die AfD in beiden Ländern auf Bildungs- und Familienpolitik. Mehr Lehrer,
       keine „Einheitsschule“, das Leitbild einer 3-Kind-Familie – dies gerne mit
       DDR-Anleihen wie der Forderung nach Einführung eines zinslosen
       Familienkredits.
       
       Das fruchtete offenbar: In Brandenburg etwa erhielt die AfD genauso viele
       Stimmen von früheren CDU- wie von Linken-Wählern, je 19.000. „Trotz aller
       Meinungsverschiedenheiten verbindet uns manches“, hatte Alexander Gauland
       in einem offenen Brief vor der Wahl etwa an Linken-Anhänger geschrieben. In
       der „Beschreibung der Gefahren des Euro“ sei man „ganz nahe“. „Und was die
       DDR angeht, so finden wir Kinderbetreuung und Ärztehäuser nicht weniger
       sinnvoll als Sie.“
       
       Zumindest in Brandenburg ist eine Fraktion rechts der CDU nicht neu: Zehn
       Jahre lang saß hier bis 2009 die DVU im Landtag. Eine Koalition mit der AfD
       lehnen in beiden Ländern alle Fraktionen ab. Die Aufgabe, vor der die AfD
       nach ihren drei Landtagseinzügen steht, ist groß: Sie muss jetzt
       nachweisen, dass sie – wie im Wahlkampf behauptet – tatsächlich alles
       anders und besser macht. Einlösen sollen das ihre neuen Abgeordneten, fast
       nur Männer: Rechtsanwälte, Ärzte, Versicherungsmakler, ein Landwirt –
       Parlamentsneulinge allesamt. Schlicht „besorgte Bürger“, wie Höcke sagt.
       
       Bürger allerdings, die einen neuen Jargon in die Parlamente bringen: Im
       Wahlkampf wetterten die AfD-Kandidaten in Brandenburg wie in Thüringen mit
       Vorliebe gegen die „Politikerkaste“, „Genderideologen“ oder den
       „Gouvernantenstaat“.
       
       14 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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