# taz.de -- Diskriminierende Werbung: „Pinkstinks“ gegen Sexismus
       
       > NGOs wollen per Gesetz geschlechterdiskriminierende Werbung verbieten
       > lassen. Aber Wirtschaft und Parteien signalisieren Ablehnung.
       
 (IMG) Bild: Demo gegen sexistische Werbung Anfang September in Berlin.
       
       BERLIN taz | Die Mutti hat das richtige Spülmittel, das Luder bewirbt das
       neue Handy, und mit dem Deo Axe können sich minderbemittelte Männer vor
       ebensolchen Frauen überhaupt nicht mehr retten. So weit, so normal, die
       durchschnittliche sexistische Werbewelt. Wer sich beschwert, erwirkt im
       Höchstfall eine Rüge vom Deutschen Werberat, der sich der „Frauenwürde“
       verpflichtet fühlt – so formuliert er es in seinen Schreiben.
       
       Deutschlands größte Frauenorganisationen wollen das nun ändern. Das
       antisexistische Bündnis Pinkstinks hat einen Gesetzentwurf entwickelt, der
       sexistische Werbung verbieten soll. Unterstützt wird das Vorhaben u.a. vom
       Deutschen Frauenrat, Terre des Femmes und dem Deutschen Juristinnenbund und
       damit den drei wichtigsten Frauenrechts-NGOs in Deutschland.
       
       Die Autorinnen des Gesetzentwurfs argumentieren, dass
       Geschlechterstereotype zu Diskriminierungen führten. „Die Darstellung von
       ’Männlichkeit‘ bedient oft Vorurteile hinsichtlich geringer sozialer
       Kompetenz und Aggressivität. Frauen werden hingegen als weniger kompetent
       und autoritär als Männer dargestellt; nicht selten auch als bloße
       Dekoration, stark sexualisiert und/oder für den Haushalt zuständig“, heißt
       es in ihrer Begründung, die sie gestern auf der Website
       [1][werbung.pinkstinks.de] veröffentlichten.
       
       Werbung diene der Beeinflussung und sei keineswegs von der Meinungsfreiheit
       gedeckt, so die VerfasserInnen. Sie schlagen vor, im Gesetz gegen
       unlauteren Wettbewerb, das auch die Werbung reglementiert, einen Paragrafen
       7 a einzufügen. Darin soll geschlechtsdiskriminierende Werbung verboten
       werden. Als Geschlechtsdiskriminierend wird definiert, was ein
       „Über-/Unterordnungsverhältnis“ der dargestellten oder angesprochenen
       Geschlechter darstellt, den Geschlechtern bestimmte soziale Rollen zuordne,
       sexuelle Anziehung ausschließlich als Wert von Frauen darstelle oder Frauen
       „auf einen Gegenstand zum sexuellen Gebrauch reduziert“.
       
       Ein Beispiel sei der Kampagne zufolge etwa das Axe-Plakat, in dem eine
       nackte Frau brünstig einen Astronauten bespringt. Mario Barth, der in der
       Media-Markt-Werbung sagt: „Neu für Frauen: mehr einkaufen, weniger
       ausgeben!“ wird ebenso angeführt wie ein Hotel, das mit einem weiblichen
       Unterleib mit der Aufschrift „24 h open“ wirbt. Männerdiskriminierend sei
       etwa die Almdudler-Werbung: „Auch Männer haben Gefühle: Durst!“
       
       ## Was gilt als sexistisch?
       
       Der deutsche Werberat, das Selbstkontrollorgan der Werbewirtschaft, lehnt
       das Vorhaben ab. Sprecherin Julia Busse sagte der taz: „Der Staat muss hier
       nicht den Tugendwächter spielen.“ Das Verfahren des Werberats, sexistische
       Werbung zu rügen, sei erfolgreich, meint Busse: „In 96 Prozent der Fälle
       wurde diese Werbung dann auch eingestellt.“ Zudem sei unklar, was als
       sexistische Werbung gelte.
       
       Die Regierungsparteien reagieren bisher ablehnend. Die Union spricht gar in
       einer Anleihe bei Thilo Sarrazin von „Tugendterror“. Während die
       Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen das Vorhaben unterstützt,
       gab sich die Gesamtpartei zurückhaltend, als die Aktivistinnen sie fragten.
       
       Grüne und Linke wollen dringend eine gesellschaftliche Debatte, aber noch
       kein Verbot. „Ob jetzt die Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren
       Wettbewerb der Weg der Wahl ist oder ob es andere Möglichkeiten wie
       Rahmenkriterien gibt, müssen wir gründlich prüfen“, sagte Ulle Schauws,
       frauenpolitische Sprecherin der Grünen, der taz. „Der Werberat hat sich in
       den letzten Jahren jedenfalls nicht unbedingt als Bollwerk gegen
       Diskriminierung hervorgetan.“ Der Gesetzentwurf soll dem Justizministerium
       als Petition überreicht werden. Er kann [2][online unterzeichnet werden].
       
       22 Sep 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://werbung.pinkstinks.de/
 (DIR) [2] http://werbung.pinkstinks.de/die-loesung/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heide Oestreich
       
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