# taz.de -- Debatte über sexistische Werbung: Buhrufe und Erziehungsversuche
       
       > Das Kreuzberger Bezirksparlament diskutiert über ein Verbot von
       > sexistischer Werbung. Eingeladen ist dazu eine Pinkstinks-Aktivistin und
       > die Chefin des Werberats.
       
 (IMG) Bild: Bisher nicht unter Sexismus-Verdacht: Werbeplakat für die Kanzlerin.
       
       Eigentlich müssten die beiden Frauen erbitterte Gegnerinnen sein.
       Schließlich ist die eine Aktivistin bei der Kampagne Pinkstinks, die gegen
       Geschlechterklischees kämpft. Und die andere ist Geschäftsführerin des
       Deutschen Werberates; sie vertritt damit eine Branche, die von diesen
       Klischees allzuoft lebt. Doch an diesem Donnerstagabend sieht man Stevie
       Schmiedel und Julia Busse mehrfach entspannt miteinander plaudern. Beide
       waren geladene Gäste des Ausschusses für Frauen, Gleichstellung und Queer
       der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg, mit
       dessen Mitgliedern die beiden Frauen über das Verbot von Sexismus und die
       Vermittlung von Stereotypen in der Werbung diskutierten.
       
       Gleich zu Beginn wies Julia Busse die Rolle des Badgirls von sich: „In
       unseren Zielen liegen wir nicht weit auseinander.“ Der Werberat bekämpfe
       seit 40 Jahren sexistische und geschlechtsdiskriminierende Werbung.
       Anschließend nahm Schmiedel Busse vorsorglich vor den Versammelten
       Abgeordneten und Gästen in Schutz: Pinkstinks arbeite gut mit dem Werberat
       zusammen.
       
       Doch es nutzte wenig: Hohn und Spott schlugen Busse bei ihren Ausführungen
       über die Arbeit des Werberates entgegen. Die Werbung könne sich auf das
       Recht auf Meinungsfreiheit berufen. Und sie halte nichts von Zensur, wie es
       der fraktionsübergreifende Antrag „Keine sexistische, diskriminierende und
       frauenfeindliche Außenwerbung in Friedrichshain-Kreuzberg“ vorsehe, meinte
       Busse.
       
       Doch der Antrag scheint nicht ausgereift; seine Initiatoren sind sich
       offenbar uneinig über sprachliche Details. Auch könnte man sich fragen, was
       das Ganze überhaupt soll: Denn „die Einstellungen zu erotischen
       Darstellungen sind liberaler geworden“, befand Busse.
       
       Die Pinkstinks-Aktivistin Schmiedel lässt das nicht so stehen: Sie wolle
       keine Zensur von jeglichen sexuellen Darstellungen. Es gehe Pinkstinks um
       die Vermittlung von Stereotypen, viele Kinder würden davon beeinflusst. So
       habe ein Drittel aller Mädchen in Deutschland Essstörungen – daran habe die
       Werbung eine Mitschuld. Schließlich seien fast ausschließlich perfekt
       geformte, attraktive Männer und Frauen in der Werbung zu sehen. „She can‘t
       be, what she can’t see“ – die Mädchen könnten nicht sein, was sie nicht
       sehen, ereiferte sich Schmiedel unter lautem Applaus.
       
       Die Vertreterin des Werberats hatte einen schweren Stand an diesem Abend:
       Busse wurde von Abgeordneten und Gästen ausgebuht. Ähnlich erging es so
       manchem sich zu Wort meldenden CDU-Abgeordneten. Das ging so weit, dass
       sogar die grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Hermann eingriff: „Hier darf
       jeder reden, und niemand sollte ausgebuht werden.“
       
       Für die meisten Beteiligten der Diskussion inklusive Busse, gibt es ein
       Problem mit Sexismus in der Werbung. Doch wie dagegen angegangen werden
       soll – durch ein Verbot, neue Kriterien im Werberat oder direkten Verträgen
       zwischen Stadt, Land oder Bezirk mit den Betreibern der öffentlichen
       Werbeflächen – blieb unklar. Einig waren sich alle Anwesenden: Das Thema
       Sexismus in der Werbung müsse besprochen werden. Und Busse machte klar:
       Wenn der Antrag weniger nach Zensur riechen würde, gäbe es eine offenere
       Verhandlungsbasis. In eine ähnliche Richtung argumentierte die
       Bezirksbürgermeisterin: Grundsätzlich gehe es nicht darum, dass der Bezirk
       der Wirtschaft Vorschriften machen wolle. Aber man dürfe sich auch nicht
       alles gefallen lassen. Selbst wenn es in Friedrichshain-Kreuzberg nur um
       insgesamt vier Werbeflächen gehe, die dem Bezirk gehörten und auf die er
       Einfluss hat. Sascha Frischmuth
       
       21 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sascha Frischmuth
       
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