# taz.de -- Autonome bewerfen Neubauten in Berlin: SPD fürchtet um Besserverdienende
       
       > Gentrifizierungsgegner attackieren immer wieder mal Berliner Neubauten.
       > Die Vorfälle werden weniger. Ein SPDler will trotzdem hart durchgreifen.
       
 (IMG) Bild: Angriff am Dienstag: Steinwurf-Resultat in Berlin-Mitte
       
       BERLIN taz | Tagsüber wirkt der Engeldamm in Berlin-Mitte so gar nicht wie
       der aktuelle Hotspot der militanten Gentrifizierungsgegner. Ruhig geht es
       zu auf der einspurigen Straße, die im leichten Bogen entlang des ehemaligen
       Mauerstreifens verläuft. Auf noch nicht mal 500 Metern wechseln sich
       Plattenbauten aus DDR-Zeiten, Alt-Berliner Wohnhäuser und moderne Neubauten
       ab. Alle teilen sich den Ausblick auf den inzwischen begrünten
       Grenzstreifen und die Kreuzberger Mariannenkirche.
       
       Doch seit Monaten tauchen immer wieder Gruppen auf, die ihrer Kritik an
       Luxusobjekten mit Stein- und Farbbeutelwürfen Ausdruck verleihen. Am
       Dienstagabend waren es nach Polizeiangaben erneut bis zu 20 Personen, die
       zunächst brennende Barrikaden errichteten und dann die Fenster an zwei
       Häusern zerstörten. Betroffen sind ein im vergangenen Jahr fertiggestellter
       Neubau an der Ecke Adalbertstraße und das denkmalgeschützte Taut-Haus, das
       die Brüder Bruno und Max zwischen 1927 und 1932 für die Gewerkschaft der
       Transportarbeiter errichteten.
       
       Das wuchtige Gebäude wurde nach Jahren des Leerstandes saniert, die ersten
       Neu-Besitzer sind inzwischen in die neuen Eigentumswohnungen gezogen. Auch
       im Neubau nebenan wurden 55 Loft-Wohnungen teuer verkauft – und ins
       Erdgeschoss zog das hochpreisige Möbelgeschäft „Sitzfeld“. Die großen
       Fensterfronten an beiden Gebäuden sind seitdem dauerhaft zerstört und
       werden nur noch notdürftig durch Klebestreifen geflickt. Erst im Juli waren
       es ebenfalls 20 Personen, die zunächst die Häuser und dann die anrückende
       Polizei attackierten. Festnahmen gab es bislang keine.
       
       Die Anschläge am Engeldamm haben inzwischen die Debatte über
       Gentrifizierung und ihre Gegner neu entflammt. Der [1][RBB sendete im
       August einen Beitrag] – der ausführlicher auch noch mal im [2][ARD-Magazin
       „Kontraste“] lief –, indem es hieß, dass sowohl die Besitzer des
       Möbelgeschäftes als auch die darüber wohnende Familie ihren baldigen Auszug
       planen. Die linksradikale Szene, der sie Anschläge zugeschrieben werden,
       bestimme darüber, wer wo wohnen darf, so die These des Beitrages. Das
       [3][Bekennerschreiben zu den jüngsten Anschlägen] versteht sich als eine
       Antwort an den RBB.
       
       ## SPDler fordert Überprüfung von Hausprojekten
       
       Nach Jahren der Berichterstattung über die Opfer von Verdrängung durch
       exzessive Mietsteigerungen in der Berliner Innenstadt steht nun also eine
       neue Gruppe im Fokus: Die zugezogenen Reichen, die vor dem linken Terror
       kapitulieren müssen. „Es kann nicht zum Alltag in Berlin gehören, dass hier
       Menschen durch radikale Gewalttäter von links verdrängt werden“, schrieb
       der Berliner SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber [4][am Mittwoch auf seiner
       Facebookseite] – ganz so als wäre die Flucht der Besserverdienenden aus
       Kreuzberg, Mitte oder Neukölln ein Massenphänomen.
       
       Schreiber forderte zudem ein deutlich härteres Vorgehen von Justiz und
       Polizei gegen gewaltbereite Linksradikale. Gegenüber der taz sprach er sich
       für Vereinsverbote gegen die linksautonome Szene aus. Analog zum harten
       Vorgehen gegen Rechts sollen Verbote von Gruppen wie der „Roten Hilfe“ oder
       „Anarchist Black Cross“ geprüft werden. Entscheidend sei deren
       Gewaltbereitschaft und ihre Nennung im Verfassungsschutzbericht. Die
       jüngste Auflösung der „Antifaschisten Linken Berlin“ halte er für einen
       „Treppenwitz“, schließlich seien deren ehemalige Mitglieder weiter in der
       politischen Szene aktiv.
       
       [5][Gruppen wie „Zwangsräumungen verhindern“], die die Debatte um
       Gentrifizierung aus dem linken Spektrum prägen, erwähnte Schreiber nicht.
       Diese werben zwar offensiv für Aktionen des Zivilen Ungehorsams, sind aber
       bislang nicht mit der Forderung nach militanten Aktionen aufmerksam
       geworden.
       
       Berlin dürfe „kein Spielplatz für verirrte Bordstein-Terroristen“ sein,
       sagte Schreiber und forderte die Polizei auf, in alle Richtungen im
       linksextremistischen Bereich zu ermittelt. Explizit erwähnte er
       linksradikale Hausprojekte, wie die „Köpi“, die seit Jahren um ihre
       Existenz bangen muss und sich ganz in der Nähe des Engeldamms befindet.
       „Besetzte Häuser spielen immer eine Rolle als Zufluchtsorte für Täter und
       als Orte, wo Straftaten vorbereitet werden“, so der Sprecher für
       Verfassungsschutz der Berliner SPD-Fraktion. Konkrete Hinweise auf
       Verbindungen der Täter vom Engeldamm in Hausprojekte liegen jedoch nicht
       vor.
       
       ## Keine verschärfte Lage
       
       Die Aktionen der Autonomen sieht Schreiber als „massive Angriffe auf den
       Rechtsstaat und gegen einzelne Menschen und ihre Existenzen“. Auch deswegen
       dürfe man sich in der „Mietenproblematik nicht von der autonomen Szene
       treiben lassen“. Notwendig sei vielmehr ein „gesellschaftlicher Aufschrei“
       gegen die gewaltbereite linksradikale Szene.
       
       Die Berliner Polizei zählte im ersten Halbjahr 2014 93 politisch motivierte
       Sachbeschädigungen im Themenbereich „Gentrifizierung“. Im Vergleich zu den
       jeweils ersten Jahreshälften der Vorjahre ist das eine deutliche
       Reduzierung. Im Jahr 2011 wurden im selben Zeitraum noch 308 Taten notiert.
       
       Auch bei den „Gewalttaten“ lässt sich die These einer verschärften
       Problematik nicht aufrechterhalten. Im Zusammenhang mit der
       Gentrifizierungsproblematik registrierte die Polizei 31 Fälle von
       Landfriedensbruch, Widerstand oder Brandstiftung – so wenige wie seit 2010
       nicht mehr.
       
       1 Oct 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2014/09/linker-terror-berlin-familie-vertrieben-interview.html
 (DIR) [2] http://www.ardmediathek.de/tv/Kontraste/Terror-im-Kiez-Linksextreme-bedrohen-Z/Das-Erste/Video?documentId=23573718&bcastId=431796
 (DIR) [3] http://linksunten.indymedia.org/de/node/123428
 (DIR) [4] http://www.facebook.com/pages/Tom-Schreiber-MdA/160149370674177
 (DIR) [5] http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
       
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