# taz.de -- Kommentar Griechenland: Mathematik schlägt Politik
       
       > Höhere Renten und ein angemessener Mindestlohn sind fast so nötig wie die
       > Luft zum Atmen. Dies alles muss aber auch finanzierbar sein.
       
 (IMG) Bild: Suppenküche der Caritas in Athen.
       
       Sie starren wie das Kaninchen auf die Schlange. Sie, das sind die Politiker
       in Brüssel, Berlin oder Athen, Linke, Eurokritiker und Kleinsparer. Die
       Schlange steht für die immense Verschuldung, die Griechenland bei seinen
       europäischen Geldgebern und dem IWF angehäuft hat.
       
       Im Angebot sind Verzögerungen bei den Tilgungszahlungen oder ein
       Schuldenerlass. Doch in Wahrheit sind diese Schulden vorläufig
       vernachlässigenswert und tatsächlich erst eine Bürde für die ferne Zukunft.
       In den nächsten Jahren muss Athen nur die niedrigen Zinsen bedienen – und
       das sind zwar auch keine Peanuts, aber ebenso wenig Unsummen.
       
       Es ist eine symbolgeladene Scheinpolitik, die da die Debatte beherrscht und
       hinter der die grundsätzliche Frage steht, ob Sparen allein eine
       Volkswirtschaft wieder auf die Beine bringen kann.
       
       Es gibt berechtigte Zweifel an dieser These, allein – es gibt Dringenderes.
       Schon jetzt brechen in Griechenland die Steuereinnahmen weg. Zugleich hat
       die Athener Links-rechts-Regierung eine ganze Reihe sozialer Wohltaten
       angekündigt. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Höhere Renten, eine
       verbesserte Krankenversorgung und ein Mindestlohn, der zum Überleben
       reicht, sind in Athen fast so nötig wie die Luft zum Atmen.
       
       Aber sie müssen finanziert werden. Mathematik schlägt Politik. Auf dem
       freien Markt erhält Griechenland keine Kredite, aus Moskau will Alexis
       Tsipras auch kein Geld annehmen, und auf eine neue Hilfstranche aus Europa
       will er ganz verzichten. Woher soll das Geld kommen? Selbst wenn es
       gelingt, endlich die griechischen Millionäre und Milliardäre zur Zahlung
       von Steuern zu zwingen – jedem, der es wissen will, ist bekannt, dass
       dieses Geld einfach nicht ausreichen wird.
       
       So steuert Griechenland auf einen finanziellen Kollaps in Wochen oder
       Monaten zu. So mag die Politik von Syriza zwar gut gemeint sein, sie führt
       aber ins finanzielle Desaster – ganz ohne dass die übrigen Europäer daran
       eine direkte Schuld tragen. Vielleicht sollte Europa deshalb weniger über
       Kreditverlängerungen nachdenken, sondern dafür sorgen, die unmittelbare Not
       der Griechen lindern zu helfen.
       
       Mittelfristig aber benötigt das Land, wenn es aus der Schuldenspirale
       aussteigen soll, neue Geschäftsideen und Industrieansiedlungen. Denn mit
       Schafskäse, Oliven und Touristen allein ist kein Staat zu machen – schon
       gar kein linker.
       
       3 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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