# taz.de -- Deutscher Verteidigungsetat: Rüsten mit Rückenwind
       
       > Die Bundeswehr soll mehr Geld bekommen. Gute Voraussetzungen:
       > Ukraine-Konflikt und IS-Terror tangieren das subjektive
       > Sicherheitsgefühl.
       
 (IMG) Bild: Ein NH-90 Hubschrauber der Bundeswehr im Einsatz in Afghanistan.
       
       BERLIN taz | Wenn in diesen Tagen Ursula von der Leyen auf den Wehretat
       angesprochen wird, huscht ihr verschmitztes Lächeln über das Gesicht. Die
       Verteidigungsministerin weiß, dass die gegenwärtige unsichere Weltlage ihr
       in die Hände spielt. „Das letzte Jahr hat der Öffentlichkeit eindrucksvoll
       vor Augen geführt, dass Sicherheit und eine einsatzfähige Bundeswehr nicht
       zum Nulltarif zu haben sind“, sagt die Verteidigungsministerin. Die Zeiten
       sinkender deutscher Militärausgaben scheinen jedenfalls vorbei zu sein.
       
       Der Verteidigungsetat für dieses Jahr beträgt rund 32,97 Milliarden Euro.
       Angesichts der gewachsenen Verantwortung, die Deutschland nach Ansicht der
       Großen Koalition zu übernehmen habe, lässt von der Leyen keinen Zweifel an
       einem gehörigen finanziellen Mehrbedarf. „Der Trend muss umgekehrt werden“,
       heißt es dazu aus dem Verteidigungsministerium.
       
       Das entspricht den Forderungen, die aus der Nato immer lauter an
       Deutschland herangetragen werden. So bekräftigte der Gipfel der Allianz im
       September 2014 in Wales die Selbstverpflichtung der Mitgliedstaaten, den
       Anteil ihrer Verteidigungsbudgets auf mindestens zwei Prozent des
       Sozialprodukts anzuheben und davon 20 Prozent für Rüstung und Investitionen
       auszugeben. Deutschland liegt zurzeit bei knapp 1,3 Prozent.
       
       Die Voraussetzungen für eine größere Bereitschaft der traditionell
       militärkritischen bundesrepublikanischen Öffentlichkeit, höhere
       Rüstungsausgaben zu goutieren, stehen so gut wie noch nie. Der
       Ukraine-Konflikt, aber auch der IS-Terror tangieren das subjektive
       Sicherheitsgefühl vieler Menschen. Die Diskussion über die vermeintlich
       massiven Mängel an der Ausrüstung der Bundeswehr tut ihr Übriges.
       
       ## Opposition hält nichts von den Plänen
       
       Als zentraler Baustein zur Akzeptanzerhöhung soll das „Weißbuch zur
       Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“ dienen, bis zum
       kommenden Jahr erstellt werden soll. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat
       bereits angekündigt, im Haushalt 2017 mehr Geld für die Verteidigung zur
       Verfügung zu stellen. Verteidigungsministerin von der Leyen sähe das schon
       gerne früher. „Wir sind in Verhandlungen mit Herrn Schäuble“, heißt es dazu
       aus ihrem Ministerium.
       
       Bei der Opposition kommen diese Pläne nicht gut an. „Das hat die
       Verteidigungsministerin sehr geschickt eingefädelt, ist aber natürlich
       äußerst hinterhältig: Ein paar kaputte Hubschrauber in die Medien zu
       hieven, und dann nach mehr Geld für die Bundeswehr zu rufen“, sagte der
       außenpolitische Sprecher der Linksfraktion Jan van Aken. Er fordert ein
       Ende der kostenintensiven Auslandseinsätze der Bundeswehr. „Würde die
       Bundeswehr sich völlig auf die Landesverteidigung beschränken, bräuchten
       wir die meisten Waffensysteme gar nicht mehr“, so van Aken. „Ohne
       Auslandseinsätze könnte der Wehretat gesenkt werden.“ Alleine der
       Afghanistan-Einsatz habe knapp 10 Milliarden Euro verschlungen.
       
       „Der Ruf nach Aufrüstung und mehr Geld für die Bundeswehr mit der
       Ukraine-Krise zu rechtfertigen, ist sicherheitspolitisch abwegig“, sagt
       Agnieszka Brugger, die Sprecherin für Sicherheitspolitik und Abrüstung der
       grünen Bundestagsfraktion. „Statt eines Rückfalls in die Kalte-Krieg-Denke
       braucht es kluge diplomatische Antworten und nicht mehr Panzer.“ Aber auch
       mit Blick auf das Missmanagement und Chaos im Beschaffungsbereich sei der
       Ruf nach mehr Geld „finanziell unverantwortlich“. Wenn die Mittel nicht
       sinnvoll eingesetzt würden, ließen sich die Probleme auch nicht mit noch
       mehr Geld beheben, sagte Brugger. „Frau von der Leyen und Herr Schäuble
       lassen sich mehr von den Wünschen der Rüstungsindustrie leiten als von
       einer klugen und solide finanzierten Sicherheitspolitik.“
       
       Kritik an den finanziellen Ansprüchen der christdemokratischen
       Verteidigungsministerin kommt auch vom kleinen Koalitionspartner. „Solange
       die Bundeswehr wie in den letzten drei Jahren nicht in der Lage ist, das
       Geld auszugeben, ist eine Debatte darüber schwer zu führen“, sagte der
       verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Arnold.
       „Weil viele Großgeräte nicht geliefert wurden, hat die Bundeswehr am Ende
       Geld an Schäuble zurückgegeben.“
       
       ## Liefertermine nicht eingehalten
       
       Tatsächlich hat das Verteidigungsministerium in den vergangenen Jahren
       regelmäßig nicht seinen Beschaffungsetat ausgeschöpft. So blieben 2013 rund
       1,6 Milliarden Euro ungenutzt, 2014 waren es rund 760 Millionen Euro. Einer
       der Gründe war, dass die Rüstungsindustrie Liefertermine nicht eingehalten
       hatte. Das Beschaffungssystem ist für von der Leyen eine „Großbaustelle“.
       So ist die Ministeriumsspitze inzwischen überzeugt davon, dass in früheren
       Zeiten abgeschlossenen Verträge mit den Rüstungskonzernen „wirklich
       schlechte“ waren, die die Kosten in die Höhe getrieben haben. Das soll nun
       anders werden. Beispielsweise soll es künftig bessere Haftungsregelungen
       geben, die die Risiken nicht mehr einseitig beim Ministerium abladen.
       
       Doch auch wenn die Geldverschwendung künftig sinken sollte: Der Geldbedarf
       wird trotzdem steigen. So steht auch der Sozialdemokrat Arnold einer
       Aufstockung des Verteidigungsbudgets nicht generell ablehnend gegenüber.
       „Wenn der Bundeswehretat nicht anwächst, gibt es nur zwei Varianten:
       Entweder die Bundeswehr arbeitet auch in Zukunft mit schlechtem oder
       schlecht gewartetem Gerät – oder die Bundeswehr müsste personell noch mehr
       verkleinert werden, was Deutschland als so großem europäischen Land nicht
       gerecht würde“, sagte der SPD-Abgeordnete.
       
       5 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
 (DIR) Helke Ellersiek
       
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