# taz.de -- Beschwerde in Karlsruhe: Massenklage gegen Ceta geplant
       
       > Eine Musiklehrerin und Tausende von Mitstreitern wollen den
       > EU-Freihandelsvertrag mit Kanada angreifen. Sie sehen das Wahlrecht in
       > Gefahr.
       
 (IMG) Bild: Nicht beliebt: das Freihandelsabkommen Ceta.
       
       FREIBURG taz | Marianne Grimmenstein lässt nicht locker. Die Lüdenscheider
       Musiklehrerin will unbedingt das Bundesverfassungsgericht gegen die
       EU-Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta) einschalten.
       Nachdem ihr erster Anlauf im letzten Herbst scheiterte, hat sie nun eine
       neue Initiative gestartet – mit über 45.000 Unterstützern und dem
       erfahrerenen Rechtsprofessor Andreas Fisahn an ihrer Seite.
       
       Schon letztes Jahr hatte sie sich mit einer eher handgestrickten
       zehnseitigen Verfassungsbeschwerde gegen die „drohende Zustimmung der
       Bundesregierung“ zu den Verträgen nach Karlsruhe gewandt. Doch am 30.
       Oktober entschied eine Kammer des Verfassungsgerichts, dass Grimmenstein
       nicht ausreichend erläutert habe, wie sie durch die Abkommen in eigenen
       Grundrechten verletzt sein könnte.
       
       Schon damals fand sie aber Hunderte von Mitstreitern, die den gleichen Text
       in Karlsruhe einreichten, ebenfalls ohne Erfolg. Nachdem damals [1][die taz
       über Grimmensteins Initiative berichtet hatte], wandten sich die
       Petitions-Profis von [2][change.org] an Grimmenstein und versprachen ihr
       Hilfe.
       
       Grimmenstein suchte nun einen erfahrenen Juristen, der eine
       Verfassungsbeschwerde schreibt, die den Karlsruher Anforderungen gerecht
       wird. Sie fand ihn im Bielefelder Rechtsprofessor Andreas Fisahn, der auch
       im Beirat von Attac sitzt. Für die Bundestags-Fraktion der Linken hatte
       Fisahn schon Verfassungsklagen gegen den Euro-Rettungsschirm ESM und die
       Rettungspolitik der Europäischen Zentralbank verfasst.
       
       ## 17.000 Vollmachten
       
       Eine Internetpetition auf change.org, die an diesem Dienstag auslief, fand
       über 45.000 Unterstützer. Davon haben rund 17.000 auch eine Vollmacht
       heruntergeladen und an Grimmenstein geschickt, um sich als Kläger an der
       geplanten Verfassungsbeschwerde zu beteiligen. Weitere Vollmachten will
       Grimmenstein vorerst nicht annehmen, „aber die Liste der Mitkläger wird
       mehrere hundert Seiten lang werden“. Die bisher größten
       Massenverfassungsbeschwerden waren die Klagen gegen die
       Vorratsdatenspeicherung mit 34.000 Mitstreitern und gegen den ESM-Vertrag
       mit 37.000 Klägern. Ebenfalls mit Hilfe von change.org fand Grimmenstein
       rund 650 Personen, die mehr als 14.000 Euro aufbrachten, um Fisahn und sein
       Team bezahlen zu können.
       
       Die geplante Verfassungsbeschwerde wird sich zunächst nur gegen das
       Ceta-Abkommen mit Kanada richten, weil dieses schon ausverhandelt ist.
       Bisher ist allerdings erst die englische Fassung veröffentlicht. Erst wenn
       eine deutsche Fassung vorliegt, hält Fisahn eine Klage für zulässig. Wenn
       es, wie von der Bundesregierung gefordert, noch zu Nachverhandlungen über
       die umstrittenen Schiedsgerichte kommt, könnte sich der Zeitpunkt
       allerdings verzögern. Unklar ist auch noch, ob der Bundestag das Abkommen
       mit ratifizieren muss, wie die Bundesregierung meint, oder ob Beschlüsse
       der EU-Gremien – Ministerrat und Europäisches Parlament – genügen. Im
       zweiten Fall müsste Karlsruhe sehr schnell eingeschaltet werden und
       reagieren.
       
       Fisahn hält individuelle Klagen gegen Ceta für zulässig, weil das Wahlrecht
       verletzt sei. Artikel 38 des Grundgesetzes garantiere die Teilhabe an
       Parlamentswahlen, die nicht dadurch leerlaufen dürften, dass die
       Entscheidungen an ganz anderen Orten fallen. So will er nicht nur die
       Ceta-Bestimmungen zum Investorenschutz und zu den Schiedsgerichten
       angreifen, sondern auch mutmaßliche Verletzungen des Staatsziels
       Umweltschutz, des Sozialstaatsprinzips und der kommunalen Selbstverwaltung,
       die durch Privatisierungen gefährdet sei.
       
       23 Mar 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!147614/
 (DIR) [2] http://change.org
       
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 (DIR) Christian Rath
       
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