# taz.de -- SPD-Justiziarin zu Freihandelsabkommen: „Bestehende Gerichtshöfe nutzen“
       
       > Katarina Barley ist Justiziarin der SPD-Fraktion. Sie sieht eine
       > Alternative zu den umstrittenen Schiedsgerichten in den
       > Freihandelsabkommen TTIP und Ceta.
       
 (IMG) Bild: „Die private Schiedsgerichtsbarkeit wird von der Bevölkerung nicht akzeptiert“, sagt Barley. Anti-TTIP-Protest in Berlin 2015
       
       taz: Frau Barley, die Auseinandersetzungen über die Schiedsgerichtsbarkeit
       bei den Freihandelsabkommen Ceta und TTIP haben die SPD kalt erwischt. Ist
       die SPD nun dafür oder dagegen? 
       
       Katarina Barley: Die SPD ist grundsätzlich für Investorenschutz, wenn er
       vor willkürlicher und diskriminierender Behandlung durch den jeweiligen
       Staat schützt. Die SPD will aber verhindern, dass Investorenschutz dazu
       genutzt wird, legitime demokratische Gesetzgebung, zum Beispiel im
       Umweltschutz und bei sozialen Rechten, auszuhebeln.
       
       Warum brauchen kanadische und amerikanische Investoren einen anderen Schutz
       als einheimische und europäische Investoren? 
       
       Teilweise ist ihre Situation objektiv schlechter. So können amerikanische
       und kanadische Unternehmen keine Grundrechte beim Bundesverfassungsgericht
       einklagen.
       
       Sind Sie deshalb dafür, dass ausländische Investoren bei Schiedsgerichten
       klagen können? 
       
       Nein, die Staaten dürfen bei so sensiblen Fragen nicht einen Teil ihrer
       Souveränität aufgeben. Es kann nicht sein, dass wenige spezialisierte
       Anwälte Schiedsgerichte bilden und mit ihren Urteilen die Staaten zu
       milliardenschweren Schadensersatzzahlungen an private Investoren
       verurteilen. Diese private Schiedsgerichtsbarkeit ist weder sinnvoll, noch
       wird sie von der Bevölkerung akzeptiert.
       
       SPD-Chef Sigmar Gabriel hat als Wirtschaftsminister vorgeschlagen,
       stattdessen einen Internationalen Handelsgerichtshof einzurichten. Was
       halten Sie davon? 
       
       Das ist ein guter Vorschlag. Ein Handelsgerichtshof würde von den
       beteiligten Staaten geschaffen und wäre damit demokratisch legitimiert.
       Allerdings dürfte es einige Jahre dauern, bis ein derartiger Gerichtshof
       arbeitsfähig ist. Für das fertig ausgehandelte Ceta-Abkommen käme ein neuer
       Handelsgerichtshof eventuell zu spät.
       
       Lehnen Sie den Vorschlag deshalb ab? 
       
       Nein, wir sollten den Handelsgerichtshof in Ceta als Option verankern, die
       genutzt werden kann, sobald der neue Gerichtshof eingerichtet ist. Bis
       dahin brauchen wir aber eine Übergangslösung.
       
       Was schlagen Sie vor? 
       
       Wir sollten bereits bestehende nationale und supranationale Gerichtshöfe
       nutzen. Kanadische Investoren könnten dann beim Europäischen Gerichtshof
       klagen. Europäische Investoren, die sich in Kanada benachteiligt fühlen,
       könnten beim kanadischen Obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, klagen.
       
       Was sind die Vorteile dieser Lösung? 
       
       Beide Gerichte existieren bereits und sind sofort einsatzfähig. Sie sind in
       der Bevölkerung und bei Unternehmen bekannt und anerkannt. Sie können auch
       dafür sorgen, dass sich die Investoren-Rechtsprechung gut in die sonstige
       Rechtsprechung einfügt.
       
       Wenn der Vorschlag so viele Vorteile hat, warum sollte er nur
       übergangsweise umgesetzt werden? 
       
       Im Verhältnis zu Kanada und wohl auch zu den USA wäre eine Dauerlösung
       sinnvoll. Das Ceta-Abkommen zwischen der EU und Kanada soll aber das Muster
       für viele neue Handelsabkommen werden, zum Beispiel mit China und Russland.
       Es geht mittelbar also auch um den Schutz europäischer Unternehmen in
       Staaten, in denen viele schon schlechte Erfahrungen gemacht haben. Dort
       kann von europäischen Investoren nicht verlangt werden, auf den jeweiligen
       Obersten Gerichtshof zu hoffen. Deshalb brauchen wir am Ende eben doch
       einen Internationalen Handelsgerichtshof.
       
       12 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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