# taz.de -- Datenbank zu Toten im Mittelmeer: Die meisten werden nie gefunden
       
       > Ein Projekt der Freien Universität Amsterdam hat die Sterberegister von
       > 563 Orten ausgewertet. Das Ergebnis: Das Drama dauert schon 25 Jahre an.
       
 (IMG) Bild: Der Weg nach Europa – in diesem Fall Griechenland – endet immer öfter tödlich.
       
       AMSTERDAM/DEN HAAG dpa | Seit der strengeren Überwachung der
       EU-Außengrenzen in Südeuropa sind nach einer Studie deutlich mehr
       Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Das geht aus der [1][ersten
       Datenbank zu toten Migranten im Mittelmeerraum] hervor, die am Dienstag in
       Amsterdam präsentiert wurde. Die weitaus meisten Opfer werden jedoch nie
       gefunden.
       
       Von 1990 bis 2013 wurden 3.188 Tote registriert. Zum Vergleich: Allein bei
       der jüngsten Schiffs-Katastrophe im April starben nach Angaben von
       Hilfsorganisationen rund 800 Menschen, 24 wurden geborgen. Seit dem Jahr
       2000 wurden im Schnitt jährlich doppelt so viele Tote an den Küstenorten
       gefunden, als noch in den 90er Jahren.
       
       „Das kann ein Nebeneffekt der europäischen Politik sein“, erklärte der
       Leiter des Forschungsprojekts, Professor Thomas Spijkerboer, bei der
       Vorstellung der Studie in Den Haag. Der Flüchtlingsstrom nahm nach der
       Analyse [2][durch strengere Überwachungsmaßnahmen nicht ab, sondern
       verlagerte sich nur]. „Flüchtlinge nehmen gefährlichere Routen und noch
       unsichere Boote.“
       
       Forscher der Freien Universität Amsterdam hatten Daten der Sterberegister
       von 563 Orten in Italien, Griechenland, Spanien, Malta und Gibraltar aus
       den Jahren 1990 bis 2013 ausgewertet. Die meisten Opfer waren Männer im
       Alter zwischen 20 und 40 Jahren und stammten aus Afrika. Nur rund 40
       Prozent konnten identifiziert werden.
       
       Die Daten zeigten, dass das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer bereits seit 25
       Jahren andauert, sagte der Professor. „Europäische Politiker haben
       weggeschaut.“ Erst durch die Aufmerksamkeit der Medien würden die Boote
       jetzt gesehen. Er plädierte für die Einführung eines zentralen Registers
       von Toten und Vermissten, als Basis für die europäische Flüchtlingspolitik.
       Bisher werde die Politik von einzelnen Katastrophen, aber nicht von Fakten,
       bestimmt.
       
       12 May 2015
       
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