# taz.de -- Klimakonferenz in Brasilien: Wie US-Gouverneure die Bühne des Klimagipfels nutzen
       
       > Die US-Regierung ist nicht auf der Klimakonferenz. Dafür inszenieren sich
       > dort mehrere Gouverneur*innen aus den USA. Wie überzeugend ist das?
       
 (IMG) Bild: Immer umringt von einer Menschentraube: der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom auf der COP30, Belém, 11. 11. 2025
       
       Der deutsche Pavillon auf der UN-Klimakonferenz ist brechend voll, als
       Thekla Walker sich auf die Bühne setzt. Die baden-württembergische
       Umweltministerin schaut auf vier voll besetzte Stuhlreihen und zahlreiche
       Kameras. Und noch mehr Menschen quetschen sich an die Holzlatten, die den
       Pavillon von den wuseligen Korridoren der Konferenzhalle im brasilianischen
       Belém trennen.
       
       Sie sind nicht für die Grünen-Politikerin hier, auch nicht für Wade
       Crowfoot, dem Minister für natürliche Ressourcen des US-Bundesstaats
       Kalifornien, und auch nicht für die Klimaschutz-Absichtserklärung, die die
       beiden unterschreiben. Die Zuschauer*innen wollen den Mann hören, der in
       der ersten Reihe sitzt und so enthusiastisch bei jedem Wort der
       Minister*innen nickt, dass sich sein Stuhl gefährlich biegt: den
       kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom.
       
       Wo immer Newsom sich am vergangenen Dienstag auf der UN-Klimakonferenz
       hinbewegte, folgte ihm eine Traube aus Sicherheitspersonal,
       Berater*innen und Journalist*innen. „Dumm“ nennt er die
       Antiklimapolitik Donald Trumps, denn „falls irgendwer aufpasst: China
       flutet den Markt mit grünen Technologien und wird dort dominieren.“
       
       Kalifornien – dessen Wirtschaftsleistung nur von den USA als Ganzem, China
       und Deutschland übertroffen wird – wolle in diesem Wettbewerb antreten.
       „Aber wir können das nicht ohne euch. Deswegen sind wir mit ausgestreckter
       Hand hier“, sagt Newsom im deutschen Pavillon.
       
       ## „Stabiler, verlässlicher Partner“
       
       Während seines Tages auf der Konferenz wird der Gouverneur noch zahlreiche
       Absichtserklärungen und Versprechen unterzeichnen. An den Verhandlungen
       teilnehmen kann er nicht, dafür aber gute Stimmung verbreiten: „Kalifornien
       distanziert sich vom derzeitigen Bewohner der Weißen Hauses. Wir sind ein
       stabiler, verlässlicher Partner.“
       
       Newsom inszeniert sich als Ersatzpräsident, lächelt breit, steigt nicht auf
       Bühnen, sondern springt. [1][Seit Monaten versucht er], sich die
       Favoritenrolle für die demokratische Präsidentschaftskandidatur für die
       Wahlen 2028 zu sichern. Seine Botschaft auf der Klimakonferenz: Das
       vernünftige Amerika gibt es noch.
       
       Meg Calkins gefällt das. Sie ist Professorin für Landschaftsarchitektur an
       der North Carolina State University. „Wir wollen, dass er unser Präsident
       ist“, sagt sie. Calkins wartet auf eine Veranstaltung mit der Gouverneurin
       New Mexicos, Michelle Lujan Grisham.
       
       Sie sei in Belém, um sich zu vernetzen und über die Rolle von
       Landschaftsarchitekt*innen bei Klimaschutz und -anpassung zu
       sprechen. Aber sie wolle zeigen: „Die USA haben den Klimaschutz nicht
       aufgegeben, wir arbeiten so hart, wie wir können.“
       
       ## Lokal gibt es klimapolitische Erfolge
       
       Auf der Veranstaltung wird [2][eine Studie] vorgestellt: Selbst wenn die
       Antiklimapolitik von Trumps Republikaner*innen seine vierjährige
       Amtszeit überdauert, können die Bundesstaaten und Lokalregierungen den
       CO₂-Ausstoß der USA bis 2035 um 44 Prozent gegenüber 2005 senken, mit
       Unterstützung der Bundesregierung nach 2028 sogar um 56 Prozent. Das
       offizielle US-Klimaziel – noch von Trumps Vorgänger Joe Biden verabschiedet
       – verspricht 61 bis 66 Prozent [3][und wurde von Klimaschützer*innen
       gelobt].
       
       Tatsächlich können die US-Amerikaner*innen in Belém auf eine Reihe Erfolge
       verweisen: Der kalifornische Strombedarf wurde im laufenden Jahr zu einem
       Drittel der Zeit ausschließlich von erneuerbaren Energien gedeckt. Oregon
       hat einen CO₂-Preis eingeführt, New York City eine Innenstadtmaut. „Wenn
       die Bundesregierung nicht tut, was sie tun sollte, dann greifen die lokalen
       Regierungen ein“, sagt Lujan Grisham in ihrer Rede.
       
       Ihre eigenen Erfolge lässt sie natürlich nicht aus: „Wir haben die
       Methanemissionen bei der Gasförderung um die Hälfte reduziert, während wir
       die Produktion erhöht haben“, erklärt sie stolz, bevor sie sich daran
       erinnert, dass sie hier bei einer Klimakonferenz über steigende
       Fördermengen fossilen Gases spricht: „Aber ich will nicht, dass Sie sich an
       der Produktionssteigerung festhalten.“
       
       Die Aktivistin Feleecia Guillen lässt ihr das nicht durchgehen: „Die
       Gouverneurin präsentiert sich als Klimavorreiterin, aber wichtig ist nicht
       die globale Bühne, sondern was sie zu Hause tut“, sagt sie. Und dort werfe
       sie den fossilen Industrien mit der Förderung von CO₂-Verpressung und aus
       Erdgas hergestelltem Wasserstoff „einen Rettungsring zu“. Die Wirtschaft
       ihrer Heimat „war schon immer von der Ausbeutung von Menschen und
       natürlichen Rohstoffen geprägt“, sagt Guillen.
       
       ## Eine Aktivistin lobt die Politiker*innen trotzdem
       
       Lujan Grishams Ausrutscher zeigt: Auch die vermeintlichen
       Klimavorreiter*innen auf lokaler Ebene sind [4][in die fossilen
       Versuche verstrickt], die Klimaschutz auf der ganzen Welt ausbremsen.
       Newsom gibt sich ebenfalls eine Blöße: Statt von „emissionsfreiem“ Wachstum
       zu sprechen, präsentiert er sich als verlässlicher Partner bei
       „emissionsarmem“ grünem Wachstum.
       
       Trotzdem sei es gut, dass Newsom, Lujan Grisham und Co in Belém Präsenz
       zeigen, sagt Colette Pichan Battle, eine Aktivistin aus Louisiana. „Hier
       müssen sie sich uns stellen, und es sagt etwas über sie, dass sie sich der
       Kritik aussetzen.“ Battle hofft: „Ihre Auftritte könnten ein Weckruf für
       die US-Bürger sein.“
       
       18 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Linker-Populismus-/!6107531
 (DIR) [2] https://cgs.umd.edu/research-impact/publications/pathways-2035-expanding-non-federal-climate-leadership-united-states
 (DIR) [3] /Kurz-vor-Trump-Rueckkehr/!6054541
 (DIR) [4] /Kampf-gegen-die-Erderhitzung/!6123497
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Waack
       
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