# taz.de -- Umfrage zu Einstellung und Motivation: Personalrat gegen Polizeistudie
       
       > Die Vertretung der Polizei in Baden-Württemberg boykottiert die
       > bundesweite Polizeitstudie. Ministerpräsident Kretschmann will das nicht
       > hinnehmen.
       
 (IMG) Bild: Will die Studie: Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz
       
       Berlin taz | Nach dem Widerstand des Hauptpersonalrats der Polizei
       Baden-Württemberg gegen eine bundesweite Polizeistudie drängen
       Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und die
       Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz darauf, dass die Landespolizei doch
       an der Untersuchung teilnimmt.
       
       Der Hauptpersonalrat weigerte sich, einen Fragebogen der bundesweiten
       Polizeistudie an die Dienststellen des Landes zu verschicken. In der
       Umfrage geht es um die politische Einstellung, Motivation und Belastung der
       Beamtinnen und Beamten. Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig.
       
       Mit der Entscheidung widersetzte sich der Personalrat dem Willen der
       Innenministerinnen und Innenminister, die sich gemeinsam für die Studie
       ausgesprochen hatten. Entsprechend erstaunt reagierte
       Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „Wir wollen, dass diese
       Studie gemacht wird.“ Auch Polizeipräsidentin Stefanie Hinz will an der
       Erhebung festhalten: „Ich halte es für sinnvoll, bei einer solchen Umfrage
       mitzumachen und zu schauen, was das über unsere Polizei im Vergleich zur
       Gesamtbevölkerung aussagt.“
       
       Weshalb genau der Personalrat die Studie blockiert, ist nicht bekannt.
       Aufgrund von gesetzlichen Schweigepfllichten wollte sich kein Mitglied
       öffentlich zu den Gründen äußern. Rückendeckung für die Entscheidung kommt
       vom Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Viele
       Polizistinnen und Polizisten befürchteten, die Studie wolle nur bestehende
       Vorbehalte gegenüber der Polizei bestätigen. „Es geht in Deutschland
       niemanden etwas an, ob ich als Polizist rechts oder links bin“, sagte Wendt
       der taz. Die größte Vertretung von Polizistinnen und Polizisten, die
       Gewerkschaft der Polizei (GdP), hingegen unterstützt die Umfrage.
       
       ## Auch Hamburgs Polizei blockiert
       
       Durchgeführt wird die Studie von der Deutschen Polizeihochschule in
       Münster. Die Studienleitung will sich aufgrund der laufenden Befragung
       nicht zum Ausscheren der baden-württembergischen Polizei äußern. Genauso
       wenig dazu, wie viele Polizistinnen und Polizisten bereits an der Umfrage
       teilgenommen haben. Eine von Wendt verbreitete Rücklaufquote von zwei bis
       drei Prozent in Bayern dementierte Studienleiterin Anja Schiemann jedoch.
       
       Der Vorsitzende des blockierenden Personalrats, Ralf Kusterer, ist in
       Baden-Württemberg bekannt für harsche Kritik am Innenministerium. Unter
       anderem lehnte er die mittlerweile beschlossene Kennzeichnungspflicht von
       Beamtinnen und Beamten ab. Ein anderes Mal wetterte er gegen den Aufbau
       einer Antidiskriminierungsstelle, die Polizistinnen und Polizisten
       sensibilisieren soll. Kürzlich legte Kusterer CDU-Innenminister Thomas
       Strobl öffentlich einen Rücktritt nahe, nachdem dieser ein Anwaltsschreiben
       an einen Journalisten weitergegeben hatte.
       
       Neben der Polizei in Baden-Württemberg blockiert auch [1][die Hamburger
       Polizei] die Studie. Derzeit verhandelt der Personalrat in Hamburg mit dem
       Polizeipräsidium über eine Teilnahme an der Umfrage. Das Innenministerium
       in Baden-Württemberg will nun ebenfalls das Gespräch mit dem Personalrat
       suchen.
       
       Das Bundesinnenministerium hatte die Studie bereits vor zwei Jahren in
       Auftrag gegeben. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Toleranz
       attestierte der deutschen Polizei im März 2020 „starke Indizien für ein
       ausgeprägtes Racial Profiling“ und empfahl eine Studie zu rassistischen
       Einstellungsmustern. Trotzdem sah der damalige Bundesinnnenminister Horst
       Seehofer (CSU) keinen Grund dafür. Erst der anschließend wachsende Druck
       und der Kompromiss, zusätzlich Themen wie Belastung und Berufszufriedenheit
       abzufragen, [2][überzeugten den Ex-Minister.]
       
       Die ersten Ergebnisse der Polizeistudie sollen bereits auf der nächsten
       Konferenz der Innenministerinnen und Innenminister Ende November
       vorgestellt werden.
       
       8 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Gerichtsurteil-gegen-Hamburger-Polizei/!5849119
 (DIR) [2] /Seehofers-Polizeistudie/!5835207
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Aaron Wörz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
 (DIR) Studie
 (DIR) Winfried Kretschmann
 (DIR) Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG)
 (DIR) Migration
 (DIR) Polizei Berlin
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Bundesinnenministerium
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Aufgebauschtes Demo-Foto von Politikerin: Polizei bemüht die Opferrolle
       
       Die Niedersächsiche Polizeigewerkschaft unterstellt der Abgeordneten Marie
       Kollenrott wegen eines Demofotos Polizeifeindlichkeit. Das ist Propaganda.
       
 (DIR) Migrationsgeschichte im Journalismus: Wir sind noch nicht so weit
       
       Einst schrieb unsere Autorin einen wütenden Text. Sie wollte nicht nur
       „Ausländerthemen“ haben. Heute sieht sie es anders.
       
 (DIR) Studie zu Rassismus in der Polizei: Schlaglicht auf Alltagsrassismus
       
       Ein Forscherteam untersucht im Auftrag der Innenverwaltung rassistische
       Strukturen in der Berliner Polizei. Der Bericht soll bald vorliegen.
       
 (DIR) Sermin Riedel über Rassismus: „Ich war schon sehr schockiert“
       
       Vor eineinhalb Jahren kamen rassistische und sexistische Vorfälle bei der
       Bremer Feuerwehr heraus. Nun spricht die Feuerwehr- und Polizeibeauftragte.
       
 (DIR) Rechtsextremisten in Polizei und Co.: Nazi-Sprüche in Chatgruppen
       
       Mehr als 300 Mitarbeiter in Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern haben
       einen rechtsextremen Bezug. Das dokumentiert ein Lagebericht des
       Innenministeriums.