# taz.de -- Rechtsextremisten in Polizei und Co.: Nazi-Sprüche in Chatgruppen
       
       > Mehr als 300 Mitarbeiter in Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern
       > haben einen rechtsextremen Bezug. Das dokumentiert ein Lagebericht des
       > Innenministeriums.
       
 (IMG) Bild: Hat wohl auch ein Extremismusproblem
       
       Berlin dpa | Wenn Extremisten an Orten arbeiten, wo sie Zugang zu sensiblen
       Daten und Waffen haben, ist das problematisch. Im Herbst 2020 gab es einen
       ersten Bericht zu Rechtsextremisten in den Sicherheitsbehörden. Jetzt legt
       die Bundesinnenministerin den zweiten Bericht vor.
       
       Unter den Bediensteten der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sind
       innerhalb von drei Jahren 327 Mitarbeiter aufgefallen, die Bezüge zum
       Rechtsextremismus oder zur Szene der sogenannten Reichsbürger und
       Selbstverwalter haben. Das geht aus dem zweiten Lagebericht zu
       „Rechtsextremisten in den Sicherheitsbehörden“ hervor, den das
       Bundesinnenministerium am Freitag in Berlin veröffentlicht. Der Bericht
       betrachtet den Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis zum 30. Juni 2021. Beobachtet
       wurde bei den auffälligen Mitarbeitern beispielsweise die Teilnahme an
       extremistischen Veranstaltungen, Kontakte zu extremistischen Parteien oder
       „Heil-Hitler“-Rufe.
       
       Auch wenn einige Akteure gemeinsam in Chatgruppen aktiv waren, in denen
       rechtsextremistische Inhalte geteilt wurden, liefert der Bericht keine
       Hinweise auf ein überregionales Netzwerk von Extremisten aus verschiedenen
       Sicherheitsbehörden. Was dem Verfassungsschutz, der die Informationen
       zusammengetragen hat, allerdings auffiel, sind die zahlreichen Verbindungen
       der als Rechtsextremisten eingestuften Mitarbeiter zu extremistischen
       Akteuren und Parteien sowie zu Organisationen der Hooligan- und
       Kampfsportszene, die dem „subkulturellen Rechtsextremismus“ zugerechnet
       werden.
       
       Den Angaben zufolge waren im Erhebungszeitraum die Aktivitäten von
       insgesamt 860 Bediensteten betrachtet worden. In 38 Prozent der bewerteten
       Fälle lagen laut Bericht die Voraussetzungen für eine weitere
       nachrichtendienstliche Bearbeitung vor.
       
       ## Rechtsextremisten auch im Militär
       
       Im Geschäftsbereich des Militärischen Abschirmdienstes, der rund 242.000
       Soldaten der Bundeswehr und Zivilbeschäftigte umfasst, wurden [1][83
       Rechtsextremisten festgestellt]. Bei der Bundespolizei mit ihren heute mehr
       als 54.000 Mitarbeitern fielen 18 Rechtsextremisten auf. Beim Zoll waren es
       laut Bericht vier rechtsextremistische Mitarbeiter, beim Bundeskriminalamt
       zwei, beim Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst und
       der Bundestagspolizei war es jeweils ein Mitarbeiter.
       
       Hinzu kommen insgesamt 30 Verdachtsfälle und erwiesene Extremismusfälle von
       Bediensteten der Sicherheitsbehörden des Bundes, die der Szene der
       „Reichsbürger“ und Selbstverwalter zugerechnet werden. Die sogenannten
       Reichsbürger und Selbstverwalter zweifeln die Legitimität der
       Bundesrepublik Deutschland an. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen. Die
       Sicherheitsbehörden rechneten der Szene zuletzt rund 19.000 Menschen zu.
       
       In der zurückliegenden Wahlperiode hatte sich auch das Parlamentarische
       Kontrollgremium des Bundestags intensiv mit Rechtsextremisten in den
       Sicherheitsbehörden beschäftigt. Ausgangspunkt war der Fall des
       Bundeswehroffiziers Franco A.. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor,
       Anschläge auf Politiker geplant zu haben.
       
       ## Ausgangspunkt war Franco A.
       
       Franco A. hatte sich eine falsche Identität als syrischer Flüchtling
       zugelegt – aus Sicht der Ankläger, um nach einem Anschlag den Verdacht auf
       Flüchtlinge zu lenken und damit das Vertrauen in die Asylpolitik zu
       erschüttern. A. war 2017 auf dem Wiener Flughafen festgenommen worden, als
       er eine geladene Pistole aus einem Versteck in einer Flughafentoilette
       holen wollte. Was er mit der Waffe plante, ist noch nicht bekannt. Der
       Prozess gegen ihn ist noch nicht abgeschlossen.
       
       Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden im
       betrachteten Zeitraum laut Bericht 179 Sachverhalte untersucht, bei denen
       ein Verdacht auf Rechtsextremismus bestand. In Berlin waren es 74 Fälle.
       Auf Platz drei lag Hessen mit 60 überprüften Sachverhalten. In Bayern waren
       es 38. In Sachsen gab es 26 Prüf-, Verdachts- und erwiesene Fälle von
       Rechtsextremismus.
       
       Allerdings bilden diese Zahlen nicht nur den Umfang des Phänomens in den
       Sicherheitsbehörden des jeweiligen Bundeslandes ab, sondern auch das
       Problembewusstsein, das vor Ort herrscht. Mit anderen Worten: Wo
       Vorgesetzte eher wegschauen oder rechtsextreme Vorfälle verharmlosen, gibt
       es automatisch weniger Verdachtsfälle.
       
       13 May 2022
       
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