# taz.de -- Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen: Regierung verkleckert Sondervermögen
       
       > Die Ökonom:innen kritisieren, dass zu wenig Geld aus dem
       > Infrastrukturfonds in zusätzliche Investitionen fließt. Das schade der
       > Konjunktur.
       
 (IMG) Bild: Finanzminister Klingbeil und Kanzler Merz: Gehen mit dem Geld aus dem Sondervermögen nicht gut um, finden die Wirtschaftsweisen
       
       Der Sachverständigenrat Wirtschaft kritisiert den Umgang der
       Bundesregierung mit dem kreditfinanzierten „Sondervermögen“ für
       Infrastruktur und Klimaschutz: Die vielen Milliarden werden die Konjunktur
       nur wenig anschieben, weil die Regierung das Geld zu großen Teilen nicht
       für zusätzliche Investitionen nutzt, sagen die Wirtschaftsweisen. [1][Das
       von der Regierung selbst eingesetzte Gremium] moniert in seinem am Mittwoch
       vorgelegten Jahresgutachten, dass zu viel Geld aus dem „Sondervermögen“ für
       Umschichtungen im Haushalt und kurzfristige Zwecke ausgegeben wird, die
       sogenannten konsumtiven Ausgaben.
       
       Dabei sind wirksame Maßnahmen für eine Konjunkturerholung dringend
       erforderlich. Die deutsche Wirtschaft ist zwei Jahre in Folge geschrumpft.
       Die Wirtschaftsweisen erwarten für 2025 ein minimales Wachstum von 0,2
       Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das prognostizierte Plus für 2026 von
       0,9 Prozent geht vor allem auf steigende staatliche Ausgaben und die
       kalenderbedingte hohe Zahl an Arbeitstagen zurück.
       
       Die Konjunktur würde sich besser entwickeln, wenn wie ursprünglich
       vorgesehen das Geld aus dem [2][Infrastrukturfonds, den die Bundesregierung
       geschaffen hat], tatsächlich für zusätzliche Projekte ausgegeben würde, so
       die Wirtschaftsweisen. Über einen Zeitraum von 12 Jahren werden 500
       Milliarden Euro bereitgestellt, die über Kredite finanziert werden.
       Mithilfe dieses „Sondervermögens“ soll die Infrastruktur auf Vordermann und
       der Klimaschutz vorangebracht werden. Die Grünen haben der dafür nötigen
       Grundgesetzänderung nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass die
       Investitionen zusätzlich erfolgen und Geld explizit in den Klimaschutz
       fließt. [3][Sie werfen der Regierung Wortbruch vor, weil das zu großen
       Teilen nicht der Fall ist.]
       
       Auch die Wirtschaftsweisen kritisieren, dass zu wenig Geld in zusätzliche
       Investitionen fließt. Das Finanzpaket biete Chancen, sagt Monika Schnitzer,
       Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, bei der Vorstellung des
       Jahresgutachtens. „Diese dürfen aber nicht verspielt werden.“
       
       ## Zu wenig zusätzliche Investitionen
       
       Doch offenbar macht die Bundesregierung genau das. Bis zum Jahr 2030 lassen
       sich dem Gutachten zufolge nur 98 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen
       als zusätzliche Investitionen und Ausgaben für Klimaneutralität einordnen.
       Das ist weniger als die Hälfte der bis dahin eingesetzten Mittel aus dem
       „Sondervermögen“. Die Folge: Das mögliche Wirtschaftswachstum fällt viel
       geringer aus als bei einer Verwendung des Gelds ausschließlich für
       zusätzliche Investitionen.
       
       Die Wirtschaftsweisen fordern, dass die gesetzlichen Vorgaben für das
       Kriterium der Zusätzlichkeit bei den Investitionen verschärft werden. Sie
       schlagen eine systematische Überwachung der Ausgaben vor. „Ein gesetzlich
       verankertes unabhängiges Monitoring-Gremium könnte die Verwendung der
       Mittel überwachen und auf Fehlentwicklungen hinweisen“, heißt es in ihrem
       Gutachten.
       
       Auch bei den Bundesländern ist nach Auffassung der Ökonom:innen zentral,
       dass die Investitionen zusätzlich erfolgen. Die Länder sollen von den 500
       Milliarden Euro „Sondervermögen“ 100 Milliarden erhalten. Die
       Wirtschaftsweisen schlagen eine länderspezifische Investitionsquote vor, um
       sicherzustellen, dass die Mittel nicht vielfach in ohnehin vorgesehene
       Projekte fließen. Außerdem empfehlen sie, dass die Gelder für die Länder zu
       60 Prozent an die Kommunen weitergereicht werden.
       
       Mit Blick auf die Staatsfinanzen stellt das Gremium auch aktuelle Projekte
       der Bundesregierung infrage. „Kurzfristig sollten fragwürdige Ausgaben wie
       die Ausweitung der Mütterrente, die Umsatzsteuerermäßigung in der
       Gastronomie, die Anhebung der Entfernungspauschale und die Wiedereinführung
       der Dieselkraftstoffsubventionen für Land- und Forstwirtschaft
       unterbleiben“, fordern die Wirtschaftsweisen.
       
       ## Reform der Erbschaftsteuer
       
       Gleichzeitig mahnen die Ökonom:innen Änderungen bei der Besteuerung von
       Erbschaften und Schenkungen an. Eine Reform soll ihrer Auffassung nach
       dafür sorgen, dass alle Vermögensarten gleichmäßig besteuert werden. Heute
       werden Unternehmenserb:innen stark bevorzugt. „Die
       Verschonungsregelungen für das Betriebsvermögen sorgen dafür, dass
       ausgerechnet sehr hohe Erbschaften und Schenkungen häufig nur
       vergleichsweise gering besteuert werden“, so der Wirtschaftsweise Achim
       Truger.
       
       Eine beliebte Methode, um Steuern bei der Weitergabe von Vermögen zu
       vermeiden, sind Schenkungen. Bislang gibt es dafür alle zehn Jahre neue
       Freibeträge. Hier schlagen die Wirtschaftsweisen die Einführung eines
       Lebensfreibetrags vor. Damit würde die anfallende Steuer ausschließlich vom
       übertragenen Vermögen abhängen und nicht mehr vom Zeitpunkt der Weitergabe.
       Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich noch in diesem Jahr ein
       Urteil zur Erbschaftsteuer fällen, was eine schnelle Reform nötig machen
       könnte.
       
       12 Nov 2025
       
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 (DIR) Anja Krüger
       
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