# taz.de -- Siedlungspolitik im Westjordanland: Kein Land als Verhandlungsmasse mehr da
       
       > Die Grenzüberschreitung im Westjordanland ist die skandalöse Norm von
       > Netanjahus Politik. Dabei schrumpft der Raum für Palästina stetig weiter.
       
 (IMG) Bild: Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich gibt eine Pressekonferenz in der Nähe der Siedlung Maale Adumim, 14. August 2025
       
       Die israelische Regierung will einen Palästinenserstaat unmöglich machen –
       und Europa muss härtere Konsequenzen ziehen. Der Weg zum Frieden zwischen
       Israelis und Palästinensern ist schwer zu finden, der [1][Pfad weg davon]
       ist offensichtlich.
       
       Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich hat in diesen Tagen einen
       großen Schritt in die falsche Richtung getan. Er werde die „Idee eines
       palästinensischen Staates endgültig zunichtemachen“, erklärte Smotrich bei
       einer Pressekonferenz. Die geplante E1-Siedlung bei Jerusalem würde das
       palästinensische Westjordanland teilen.
       
       Wundern dürfte das niemanden: Smotrich ist als Fanatiker bekannt, ebenso
       die Tatsache, dass unter seiner Amtsführung die Gewalt im Westjordanland
       ein nie gesehenes Ausmaß erreicht hat. Als de facto-Gouverneur des
       [2][Westjordanlandes hat er die Grenzüberschreitung] zur Norm gemacht.
       Regierungschef Benjamin Netanjahu und sein Kabinett tragen diese Politik
       mit.
       
       [3][Neu ist es jedoch keineswegs]. Israel besetzte 1967 Ost-Jerusalem und
       das Westjordanland. Heute leben in rund 170 Siedlungen und vielen
       Außenposten etwa 700.000 Menschen. All diesen Siedlungen ist gemein, dass
       sie von rechten wie linken Regierungen anerkannt wurden – und dass kaum
       eine dieser Regierungen für diese Völkerrechtsverstöße Konsequenzen
       erfahren hat.
       
       Dabei war sehr früh auch die Frage relevant, wie mit Siedlungen noch ein
       palästinensischer Staat zu machen sei. Die scheinbare Ausweglosigkeit von
       heute ist auch die [4][Folge jahrzehntelangen Mahnens ohne Folgen].
       
       ## Siedler-Ideologie erreicht Mitte der Gesellschaft
       
       Die Suche nach Lösungen muss weitergehen, doch dafür braucht es einen
       klaren Blick auf das, was ist: Wo Politiker wie der einstige
       Ministerpräsident Jitzhak Rabin noch Land als Verhandlungsmasse für Frieden
       sahen, hat Netanjahu damit schon weit vor dem Hamas-Massaker am 7. Oktober
       2023 gebrochen.
       
       Wer also sollte E1 wieder räumen, wenn darin künftig die Voraussetzung für
       eine Rückkehr zu Gesprächen bestünde? Die Siedler-Ideologie ist in die
       Mitte der israelischen Gesellschaft vorgedrungen. Laut Umfragen hält
       mittlerweile eine Mehrheit der Israelis Siedlungen im Westjordanland für
       gut für die Sicherheit.
       
       Mit anderen Worten, eine Siedlung, die einmal gebaut ist, dürfte auf
       israelischer Seite so schnell niemand mehr räumen. Wer vor [5][dieser
       Tatsache] die Augen verschließt, trägt zum Problem bei.
       
       Gegner der Regierung Netanjahu in Israel fordern seit Langem: „Rettet uns
       vor uns selbst.“ Der [6][Werkzeugkasten für Sanktionen] ist dabei groß:
       Maßnahmen gegen Einzelpersonen, Divestment und Co. Entscheidend ist, dass
       es jene trifft, die Entrechtung predigen und jene unterstützt, die für
       Lösungen eintreten.
       
       Dass solche Maßnahmen durchdringen können, zeigt der [7][Fall Simcha
       Rothmann]. Als Australien dem rechtsextremen Politiker die Einreise
       verweigerte, weil dieser „Hass und Zwietracht“ säe, gab es in Israel einen
       Aufschrei. Ähnliche Maßnahmen gegen Smotrich und andere Extremisten, die
       einen palästinensischen Staat unmöglich machen wollen, sollten sich daran
       orientieren.
       
       22 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Israelische-Regierungspolitik/!6102664
 (DIR) [2] /Gewalt-im-Westjordanland/!6102894
 (DIR) [3] /Bauplaene-im-Westjordanland/!6105205
 (DIR) [4] /Israels-Plaene-fuer-Gaza/!6103356
 (DIR) [5] /Israelis-Offensive-auf-Gaza-Stadt/!6103250
 (DIR) [6] /Merz-schraenkt-Israel-Waffenexporte-ein/!6105812
 (DIR) [7] https://www.theguardian.com/world/2025/aug/18/far-right-israeli-politician-barred-from-australia-ahead-of-speaking-tour-ntwnfb
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Wellisch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Nahost-Debatten
 (DIR) Palästina
 (DIR) Westjordanland
 (DIR) Benjamin Netanjahu
 (DIR) Israelis
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Longread
 (DIR) Palästina
 (DIR) Westjordanland
 (DIR) Benny Gantz
 (DIR) Jüdische Siedler
 (DIR) Westjordanland
 (DIR) Siedlungen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Deutsche Entwicklungspolitik im Dilemma: Ratlos in Ruinen
       
       Entwicklungsministerin Alabali Radovan ist zu Besuch in Nahost. Sie sucht
       die Balance zwischen Mitgefühl für die Palästinenser:innen und
       deutscher Regierungslinie.
       
 (DIR) Solidarität mit Palästina: Das Ringen um Palästina als globaler Kampf
       
       Dem Freiheitskampf Palästinas wird universelle Bedeutung zugeschrieben.
       Gerecht ist diese selektive Solidarität nicht, aber sie hat gute Gründe.
       
 (DIR) Gewalt im Westjordanland: Militär und wohl auch Siedler zerstören Olivenbäume
       
       Tagelang wird das palästinensische Dorf Al-Mughayyr nach einem Angriff auf
       Siedler belagert. Das Militär reißt hunderte Olivenbäume – Lebensgrundlage
       lokaler Bauern – nieder.
       
 (DIR) +++ Nachrichten aus Nahost +++: Netanjahu-Rivale Gantz schlägt Einheitsregierung vor
       
       Gantz hatte Netanjahus Regierung 2024 verlassen. Nun fordert er andere
       Oppositionspolitiker dazu auf, sich für ein halbes Jahr dieser wieder
       anzuschließen.
       
 (DIR) Baupläne im Westjordanland: Siedlungen sind nicht das Ende
       
       Israel hat den Bau vieler neuer Siedlungen im Westjordanland genehmigt.
       Viele befürchten, dass damit das Ende einer Zweistaatenlösung droht.
       
 (DIR) Gewalt im Westjordanland: Nachts halten sie jetzt Wache
       
       Die Zahl der Siedlerangriffe auf palästinensische Dörfer steigt. Was genau
       geschah in Kafr Malik, was in Sinjil? Eine Spurensuche im Westjordanland.
       
 (DIR) Israelische Regierungspolitik: Die Gaza-Besetzung wäre ein historischer Fehler
       
       Die Besetzung des Gaza-Streifens ist die konsequente Folge israelischer
       Regierungspolitik. Sie ist ein Schritt auf dem Weg zur israelischen
       Dominanz.