# taz.de -- Rubens auf der Art Basel Paris: Erlöste Märkte
       
       > Während der globale Kunstmarkt einbricht, verblüfft US-Kunsthändler Larry
       > Gagosian auf der Art Basel Paris mit einem Rubens.
       
 (IMG) Bild: Plötzlich ganz zeitgemäß: Peter Paul Rubens' Muttergottes mit Kind
       
       In dicklichem Rosa rollt sich die Haut des Jesusbabys im Nacken zusammen,
       den Kopf mit lächelndem Blick der Mutter zugewandt. Maria, erkennbar im
       roten Gewand, die linke Brust korallig-leuchtend entblößt, hält ihren Sohn
       fest in beiden Händen, die hellbewimperten Augen zaghaft gesenkt. Fast
       sieht es so aus, als blicke sie am Kind vorbei direkt zum Lamm, Symbol
       ihres Sohnes, welcher für die sündige Welt sterben wird. Ein weiteres
       nacktes Kind wird an ihren Sohn gedrückt. Es ist der junge Johannes, der
       spätere Täufer, auch er gehalten von der Mutter, der heiligen Elisabeth,
       Marias Cousine, die – oh Wunder – durch Gott gesegnet den Sohn im hohen
       Alter noch gebar.
       
       Die Szene war ein beliebtes Motiv im italienischen Barock. Dieser Tage
       macht es unerwartet in Paris Furore, als Schlüsselwerk des Messestands von
       Larry Gagosian im Grand Palais auf der Art Basel Paris, einer Messe für
       moderne und zeitgenössische Kunst. Nun ist das hier beschriebene Gemälde,
       das erst 2020 beim [1][Auktionshaus Sothebys für 7,1 Millionen Dollar]
       veräußert wurde, weder zeitgenössisch noch italienisch, sondern wird
       ausgerechnet [2][dem Flamen Peter Paul Rubens] zugeschrieben, datiert auf
       circa 1611–14.
       
       Rubens taucht seine Szene in goldenes Licht, es zieht den Betrachtenden
       regelrecht ins Bild, die Sinnlichkeit des Motivs ist unabstreitbar, die
       Intimität des Moments wird durch die für Rubens typische Fleischlichkeit
       noch verstärkt.
       
       Während der globale Kunstmarkt einbricht, zeigt der US-amerikanische
       Mega-Dealer 30 Jahre nach seiner spektakulären New Yorker Rubens-Schau den
       alten Meister in Paris und bekommt dafür eine Ausnahmegenehmigung der
       Messe, die sonst rigoros ihre Grenze bei 1900 zieht. Es passt in den
       Zeitgeist. Warum? Kunstgeschichte wird hier in ihrer ewigen Kontinuität
       abgebildet. Rubens soll in einen Dialog mit den ihn umgebenden Werken des
       Standes gebracht werden.
       
       Er hebelt so den Wert der Nachbarn: Pablo Picasso, John Currin, Auguste
       Rodin, Jenny Saville, Sterling Ruby, Helene Frankenthaler und andere
       scheinen zu versprechen, in 400 Jahren der nächste Rubens zu sein. Gagosian
       besinnt sich auf etablierte Positionen. Statt ultracontemporary schreit der
       Stand: Es ist wieder 1995.
       
       Was er außerdem schreit, ist: altes Geld. Vielleicht kann der Rubens in
       Paris auch als Zeichen interpretiert werden, Stabilität und Exklusivität in
       [3][Zeiten von Kryptokunst] und willkürlichen Start-up-Bros zu
       signalisieren, ohne dabei eine echte Gegenposition einzunehmen. Als
       verzweifelter Versuch, durch Vergangenheit Zukunft zu behaupten. Ein
       bisschen wie beim Jesusbaby. Und so geht die Party weiter, solange die
       Musik spielt – nur tanzen alle ein bisschen näher am Ausgang.
       
       26 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
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