# taz.de -- Klimapolitik der EU könnte kippen: Die Zukunft des Green Deals ist ungewiss
       
       > Gleich drei EU-Kommissare sollen sich künftig in Brüssel um Klimapolitik
       > kümmern. Im Europaparlament könnte die erfahrenste Politikerin
       > durchfallen.
       
 (IMG) Bild: Die spanische Umweltministerin Teresa Ribera ist eine von drei Politiker:innen, die für die EU-Klimapolitik zuständig sein sollen
       
       Aus eins mach drei: Die europäische Klimapolitik wird komplizierter. Aber
       wird sie auch besser? Das ist die bange Frage, die sich viele Klimaexperten
       und Umweltschützer vor der Anhörung der designierten neuen EU-Kommissare
       stellen, die am Montag in Brüssel beginnt.
       
       Bisher war nur ein Kommissar für den „European Green Deal“ und seine
       zahlreichen Gesetze zuständig. Von 2019 bis 2023 war dies der Niederländer
       Frans Timmermans, [1][ihm folgte sein Landsmann Wopke Hoekstra]. Doch in
       der neuen EU-Kommission wird diese wichtige Aufgabe auf drei Schultern
       verteilt.
       
       Neben Hoekstra sollen sich künftig auch der Däne Dan Jørgensen und [2][die
       Spanierin Teresa Ribera] um den Klimaschutz kümmern. So will es
       Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die die Aufgaben für ihr
       Team in Brüssel völlig neu zugeschnitten und verteilt hat.
       
       Nach eigener Aussage geht es der CDU-Politikerin darum, den Akzent künftig
       mehr auf die Industrie zu legen – mit einem „Clean Industrial Deal“. Ihre
       Kritiker glauben aber, dass sie sich dem Druck der konservativen
       Europäischen Volkspartei (EVP) beugt, die den [3][„Green Deal“ entschärfen,
       wenn nicht gar abwickeln will].
       
       ## Von der Leyen will mehr Industrienähe
       
       Schon vor der Europawahl waren wichtige Umwelt- und Klimagesetze, etwa zur
       Renaturierung, aufgeweicht worden. Im Wahlkampf versprach die EVP, das für
       2035 geplante Verbrennerverbot für Pkws rückgängig zu machen und die
       Flottengrenzwerte zu lockern. Von der Leyen strich zudem Klimaauflagen für
       die Landwirtschaft.
       
       In ihrer Antrittsrede vor dem Europaparlament im Juli kündigte von der
       Leyen an, sich künftig mehr um die Wettbewerbsfähigkeit kümmern zu wollen –
       was sich ebenfalls negativ auf den Klimaschutz auswirken könnte. Außerdem
       will sie sich um Klimaresilienz und -vorsorge bemühen.
       
       ## Lob und Kritik für Kandidierende
       
       Die Meinungen über das neue Kommissarstrio gehen weit auseinander. Von
       einem „Dream Team“ spricht Linda Kalcher von der auf Klimathemen
       spezialisierten Denkfabrik „Strategic Perspectives“. Das Trio habe die
       geopolitischen Herausforderungen und die Probleme der Industrie verstanden,
       so Kalcher. Von der Leyen signalisiere mit diesem Team, dass sie den „Green
       Deal“ fortführen und industrietauglich machen wolle.
       
       Optimistisch gibt sich auch Michael Bloss, Klimapolitiker der Grünen im
       Europaparlament. Zwar müsse man sich auf Ärger gefasst machen, so Bloss:
       „Die Konservativen starten harte Angriffe auf den Green Deal.“ Hoekstra
       bekenne sich jedoch zur Klimaneutralität bis 2050. Außerdem stehe er zu den
       umstrittenen Flottengrenzwerten bei Personenwagen. „Allerdings öffnet er
       zugleich die Tür für E-Fuels ab 2025 – und das sehe ich kritisch.“
       
       Die E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe, die klimaneutral produziert
       werden sollen, treiben auch [4][seinen Parlamentskollegen Peter Liese] um.
       Der CDU-Umweltexperte findet es gut, dass Hoekstra sich für diesen
       alternativen Treibstoff starkmacht. Der Niederländer sei „einer der besten“
       Kandidaten für die neue Kommission, so Liese. Der Klimaschutz sei bei ihm
       in guten Händen.
       
       Widerspruch kommt von Fabio De Masi, der für das Bündnis Sahra Wagenknecht
       (BSW) ins Europaparlament eingezogen ist, wo er früher schon einmal für die
       Linke aktiv war. De Masi weist darauf hin, dass Hoekstra sich nicht nur um
       das Klima, sondern auch um die Steuerpolitik kümmern soll: „ein
       Ex-McKinsey-Mann mit einer Briefkastenfirma auf den Jungferninseln. Da
       könnte man auch gleich einen Pyromanen zum Feuerwehrmann machen.“
       
       Umstritten sind auch seine beiden Mitstreiter. Der Däne Dan Jørgensen soll
       sich vor allem um die Energiepolitik kümmern. Er bekennt sich zum EU-Ziel,
       die Treibhausgas-Emissionen bis 2040 um 90 Prozent zu reduzieren – will
       dies aber nicht nur mit erneuerbaren Energien, sondern auch mit Atomkraft
       schaffen. „Der Fokus auf kleine modulare Reaktoren (SMRs) lenkt von der
       dringenden Frage der Kosteneffizienz ab“, kritisiert Bloss.
       
       Besonders viel Gegenwind erwartet die Spanierin Teresa Ribera. Die
       sozialistische Umweltministerin ist bereits seit 2018 für den „ökologischen
       Wandel“ zuständig. Dabei hat sie bewiesen, dass Klimaschutz und
       Sozialpolitik zusammengehen können. Das ist wichtig, denn die soziale
       Komponente kommt in Brüssel bisher noch viel zu kurz.
       
       Allerdings ist sie ein rotes Tuch für Konservative, Nationalisten und
       Rechtspopulisten. Die Rechten drohen damit, Ribera bei den Anhörungen
       durchfallen zu lassen. Die Spanierin müsse erst noch beweisen, dass sie
       auch auf die Bauern und auf die Industrie zugehen kann, warnt CDU-Mann
       Liese. Ihre Befragung ist erst am 12. November zum Abschluss der Anhörungen
       im Europaparlament geplant.
       
       3 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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