# taz.de -- „From the river to the sea“: Berliner Landgericht wertet Parole als Hamas-Unterstützung
       
       > Das Landgericht Berlin stuft nach einem erneuten Gutachten den Slogan als
       > Hamas-Kennzeichen ein. Jetzt muss der Bundesgerichtshof entscheiden.
       
 (IMG) Bild: Klagen über Kriminalisierung: propalästinensische Demonstrant:innen
       
       Die Staatsschutzkammer des Berliner Landgerichts hat die umstrittene Parole
       „From the river to the sea“ am Mittwoch erneut als Kennzeichen der Hamas –
       und damit als strafbar – eingestuft. Ein 25-Jähriger wurde wegen des
       Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen zu einer
       Geldstrafe verurteilt. „Wer diese Wortfolge nutzt, unterstützt die
       Terrororganisation Hamas und deren Hauptziel der Vernichtung Israels“, so
       die Vorsitzende der Kammer in ihrer Urteilsbegründung.
       
       Das Urteil ist eine erneute Trendwende in der Rechtssprechung Berliner
       Gerichte. In der letzten Zeit [1][hatten verschiedene Abteilungen des
       Amtsgerichts Tiergarten die Strafbarkeit der Parole verneint], weil sie
       nicht eindeutig der Hamas zugerechnet werden könne. Ausschlaggebend dafür
       war überwiegend ein [2][Gutachten des Berliner Landeskriminalamts], nach
       dem die Geschichte des Spruchs bis in die 1960er Jahre zurückreicht und von
       verschiedensten Akteuren – auch von israelischen – verwendet wird.
       
       Laut diesem Gutachten benutzt die Hamas den Ausruf nur sporadisch und eher
       als Ortsmarkierung, nicht als Identifikationsmerkmal. Verwendet würde der
       Spruch auch von der internationalen palästinasolidarischen Bewegung.
       Relevant geworden ist die Frage, ob Hamas-Kennzeichen oder nicht, nachdem
       das Bundesinnenministerium die Hamas infolge des 7. Oktobers verboten
       hatte.
       
       Dieselbe Kammer des Berliner Landgerichts hatte die Parole bereits im
       vergangenen Jahr als strafbar eingestuft. Damals waren die Angeklagten zur
       Revision vor den Bundesgerichtshof gezogen, hatten diese aber anschließend
       zurückgezogen. Für den aktuellen Fall hatte das Landgericht nun ein neues
       Gutachten beauftragt, dieses Mal vom Islamismus- und Terrorismusexperten
       Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Und dieser
       wiederum bejaht die Einstufung als Hamas-Kennzeichen.
       
       ## Meinungsunterbindung beklagt
       
       Aufbauend auf diesem Gutachten argumentierte das Gericht, es sei
       unerheblich, dass die Parole ursprünglich von israelischen Akteuren
       verwendet worden sei. Denn die Hamas habe sich die Parole zu eigen gemacht.
       Benutzt würde sie heute von linken und linksextremistischen Kräften, um
       Israels Existenzrecht zu negieren, so die Richterin in ihrer
       Urteilsbegründung. Damit hätte der Angeklagte seine Unterstützung für die
       Hamas und ihre Ziele zum Ausdruck gebracht.
       
       Neben der Verwendung der Parole im Rahmen einer Demonstration wurde der
       Angeklagte auch wegen des Verbreitens von Propagandabildern der „Al-Aqsa
       Märtyrerbrigaden“ verurteilt, dem bewaffneten Arm der Fatah, die im
       Westjordanland an der Macht ist und als mit der Hamas verfeindet gilt.
       
       Einer der [3][Anwälte des Angeklagten, Benjamin Düsberg], kritisierte den
       Prozess gegenüber der taz als „abgekartetes Spiel“. Eigentlich sei das
       Amtsgericht für „From the river to the sea“-Vorwürfe erstinstanzlich
       zuständig. Doch die Staatsanwaltschaft habe diesen Vorwurf bewusst mit dem
       des Verbreitens von Propagandabildern verbunden, damit der Fall vor
       derselben Staatsschutzkammer landet, die schon im vergangenen Jahr die
       Strafbarkeit der Parole betont hatte. „Von Beginn an war klar, wie das
       Urteil ausfällt“, so Düsberg. Dennoch sei er überrascht gewesen, wie die
       Richterin im Urteil „nicht sachlich, sondern eher ideologisch“ argumentiert
       habe.
       
       Der Anwalt kündigte an, in Revision gehen zu wollen. Der Fall dürfte damit
       zum Bundesgerichtshof wandern. Hier könnte im kommenden Jahr dann ein
       Grundsatzurteil gefällt werden, das die bundesweit uneinheitliche
       Rechtssprechung beenden könnte.
       
       18 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Timm Kühn
       
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