# taz.de -- Empfang für Antisemitismusbeauftragten: Hamburger Tempelverband muss draußen bleiben
       
       > Zum Senatsempfang für den scheidenden Beauftragten Hensel wurde die
       > liberale Gemeinde nicht eingeladen. Die sieht sich ein weiteres Mal
       > diskriminiert.
       
 (IMG) Bild: Nur noch eine Ruine: der erste Tempel des liberalen Judentums in der Hamburger Poolstraße aus dem Jahre 1844
       
       Ist es eine erneute Kränkung oder schlicht folgerichtig? Zur Verabschiedung
       des Hamburger Beauftragten für Antisemitismus und jüdisches Leben sind die
       Vertreter des liberalen Judentums nicht eingeladen worden. Dagegen hat der
       „Israelitische Tempelverband – Liberale Jüdische Gemeinde in Hamburg“ nun
       mit einem offenen Brief protestiert. Mit der Nichteinladung sei die
       strukturelle Diskriminierung des Tempelverbandes erneut sichtbar geworden,
       heißt es in dem Schreiben.
       
       Der [1][Antisemitismusbeauftragte Stefan Hensel gibt dieses Ehrenamt zum
       Jahresende auf]. Er begründete seinen Schritt mit der Belastung durch sein
       Engagement. „Der zeitliche Aufwand und die anhaltende Konfrontation mit
       Hass und persönlichen Übergriffen sind im Rahmen eines Ehrenamts für mich
       nicht mehr vereinbar“, teilte er mit. Zukünftig wolle er sich den positiven
       Seiten jüdischen Lebens widmen.
       
       Hensel ist allerdings auch wegen seiner Amtsführung kritisiert worden, was
       mit einem Streit zwischen den jüdischen Gemeinden Hamburgs zu tun hat. Der
       Tempelverband erhebt Anspruch auf das Erbe [2][einer der ersten
       Reformgemeinden überhaupt], die sich 1817 in Hamburg gründete. Mit gut 350
       Mitgliedern ist sie deutlich kleiner als die 2.300 Köpfe zählende Jüdische
       Gemeinde in Hamburg (JGH), die orthodox dominiert ist und vom Hamburger
       Senat als Hauptansprechpartner angesehen wird.
       
       Für seine erste Amtszeit war Hensel einvernehmlich von der JGH und dem
       Tempelverband vorgeschlagen worden. Über die Jahre haben sich [3][Hensel
       und der Tempelverband aber entfremdet]. Schon kurz nach Hensels offizieller
       Ernennung habe sich der Tempelverband über dessen Haltung gewundert, sagte
       Eike Steinig, der Zweite Vorsitzende des Tempelverbandes, der taz. Steinig
       irritiert, dass Hensel bei der Nominierung seine Mitgliedschaft in der JGH
       verschwieg. Er unterstellt ihm „eine Befangenheit zu unseren Ungunsten“.
       
       ## Ohne Bewerbungsverfahren erneut bestellt
       
       Vor gut einem Jahr hat der Senat Hensel für eine weitere Amtszeit bestellt
       – ohne ein Bewerbungsverfahren. Weder die öffentliche Kritik des
       Tempelverbandes an Hensels Amtsführung noch die Bewerbung Steinigs für das
       Amt berücksichtigte der Senat dabei; federführend war die Behörde für
       Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (BWFG).
       
       Steinig klagte und bekam recht: Der Senat muss das Bewerbungsverfahren
       fortsetzen. Inzwischen hat auch ein Bewerbungsgespräch Steinigs bei
       Wissenschaftssenatorin Maryam Blumenthal (Die Grünen) stattgefunden.
       
       Die Senatorin war auch bei dem Senatsempfang mit etwa 40 Personen im
       Bürgermeistersaal des Rathauses zugegen, ebenso ihre Staatsrätin Eva Gümbel
       (Grüne), die Sprecherin für Antidiskriminierung der
       Grünen-Bürgerschaftsfraktion Filiz Demirel sowie die
       Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD).
       
       Der Tempelverband kritisiert, dass bei der Verabschiedung als Vertreter des
       Judentums ausschließlich Philipp Stricharz, der erste Vorsitzende der JGH,
       gesprochen habe und der Tempelverband gar nicht erst eingeladen wurde.
       
       „Angesichts der historischen wie aktuellen Bedeutung unserer Gemeinde für
       das jüdische Leben in Hamburg stellt sich uns die Frage, aus welchen
       Gründen eine Einladung unterblieben ist“, heißt es in dem offenen Brief.
       Der Tempelverband habe seinen Dachverband in New York über diese
       Diskriminierung informiert.
       
       Der Tempelverband erwarte „eine umgehende und klare Kurskorrektur der
       politischen Verantwortungsträger – insbesondere der SPD und von Bündnis
       90/Die Grünen“. Bisherige Versuche, die religionspolitischen Sprecher
       beider Parteien für das Thema zu sensibilisieren, hätten zu nichts geführt.
       
       Als besonders irritierend empfinde der Verband, dass bei dem Empfang
       „zentrale politische Akteurinnen, die explizit für Fragen von
       Gleichstellung und Antidiskriminierung zuständig sind, anwesend waren“.
       Gerade vor diesem Hintergrund wiege es schwer, dass die Gemeinde erneut von
       einer staatlichen Veranstaltung ausgeschlossen worden sei.
       
       Der Tempelverband bittet den Senat deshalb um Auskunft: warum er bei der
       Einladung nicht berücksichtigt worden sei. Nach welchen Kriterien die
       Senatskanzlei jüdische Gemeinden bei ihren Einladungen auswähle. Wie der
       Senat sicherzustellen gedenke, „dass [4][alle jüdischen Gemeinden
       gleichberechtigt und ohne politische Einflussnahme] in relevante staatliche
       Formate einbezogen werden“.
       
       Dass der Tempelverband bei dem Empfang übergangen wurde, erklärt die
       Wissenschaftsbehörde damit, dass nur ein sehr kleiner Kreis eingeladen
       worden sei. „Die Auswahl der Gäste lag in großen Teilen beim scheidenden
       Beauftragten selbst, der als zu verabschiedende Person ein entsprechendes
       Auswahlrecht hatte“, teilte die Behörde mit.
       
       6 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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