# taz.de -- Nach dem Militärputsch in Guinea-BIssau: Der Umsturz, der in Wirklichkeit keiner war
       
       > Guinea-Bissaus gestürzter Präsident findet Zuflucht in Kongo-Brazzaville.
       > In der Heimat regieren jetzt seine Freunde und verfolgen seine Gegner.
       
 (IMG) Bild: Auf den Straßen der Hauptstadt ist vom Putsch nichts zu spüren: Bissau am Freitag, 28. November
       
       Nach dem [1][Militärputsch in Guinea-Bissau] am vergangenen Mittwoch wird
       mit jedem Tag offensichtlicher: Der Putsch richtete sich nicht gegen den
       gestürzten Präsidenten [2][Umaro Sissoco Embalo], sondern gegen dessen
       politische Gegner, die eigentlich damit rechneten, zum Sieger der Wahlen
       vom Sonntag, 23. November erklärt zu werden. Das machen vor allem die
       Personalentscheidungen der Putschisten um [3][General Denis N'Canha]
       deutlich, zuvor Leiter des militärischen Stabes des Präsidenten und damit
       protokollarisch sein engster Vertrauter in den Streitkräften.
       
       Neuer Übergangspräsident für die Dauer eines Jahres wurde am Donnerstag
       [4][General Horta N'Tam], bisher Armeechef und Generalstabschef im
       Präsidialamt. N'Tam hatte 2022 als Kommandeur der Präsidialgarde in der
       Hauptstadt Bissau einen Putschversuch gegen Präsident Embalo
       niedergeschlagen und wurde danach zu seiner letzten leitenden Position
       befördert.
       
       Neuer Premierminister wurde am Freitag der bisherige Finanzminister
       [5][Idilidio Vieira Te], der das Amt des Finanzministers beibehält. Er ist
       einer der engsten zivilen Vertrauten des gestürzten Embalo – nämlich als
       dessen Wahlkampfleiter bei den Wahlen 2025. Man sitze „gemeinsamen in einem
       Boot“, erklärte General N'Tam bei der Ernennung des neuen Regierungschefs.
       
       Der gestürzte Embalo selbst, der noch vor den Putschisten selbst seinen
       Sturz internationalen Medien mitgeteilt hatte, konnte Guinea-Bissau noch am
       Donnerstag in einem französischen Privatflugzeug verlassen und reiste nach
       Dakar, Hauptstadt des Nachbarlandes Senegal. Das war aber nur eine
       Zwischenstation: schon am Samstag ging es weiter nach Brazzaville,
       Hauptstadt der Republik Kongo. Der dortige Staatschef Denis Sassou
       N'Nguesso ist ein verlässlicher Vertreter des neokolonialen französischen
       Machtsystems in Afrika, dem sich offensichtlich auch Embalo zugehörig
       fühlte.
       
       ## Ehemalige Staatspartei im Visier
       
       Senegal unter seiner neuen linksnationalistischen Regierung steht eher
       Guinea-Bissaus Opposition nahe, in der die ehemalige sozialistische
       Befreiungsbewegung [6][PAIGC (Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit
       von Guinea und Kapverde)] die führende Rolle spielt. Senegals
       Premierminister Ousmane Sonko bezeichnete den Umsturz in Guinea-Bissau am
       Freitag als „Trickserei“ und verlangte, die Wahlen zu einem ordentlichen
       Abschluss mit der Verkündung eines amtlichen Ergebnisses zu führen.
       
       Die PAIGC hatte Guinea-Bissau nach der mit der Waffe erkämpften
       Unabhängigkeit 1975 bis 1999 regiert, als sie bei Wahlen nach einem
       blutigen Bürgerkrieg die Macht verlor – sie hatte schon damals die Hilfe
       Senegals gegen aufständische Militärs gesucht. Sie regierte danach immer
       nur kurz.
       
       Embalo, ein Brigadegeneral der Reserve, hatte mit seinem Wahlsieg 2019 den
       letzten PAIGC-Staatschef [7][Domingos Simões Pereira] besiegt und danach
       alles getan, um eine Rückkehr der alten Staatspartei an die Macht zu
       verhindern. Als die PAIGC 2023 Parlamentswahlen 2023 gewann, löste Embalo
       das Parlament ersatzlos auf. Von den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen
       2025 wurden sowohl die PAIGC als auch Expräsident Pereira ausgeschlossen.
       
       Sie unterstützten danach den Oppositionskandidaten Fernando Dias, der den
       Sieg beim Wahlgang vom 23. November für sich reklamiert und Embalo
       beschuldigt hat, den Putsch gegen sich selbst organisiert zu haben, um
       einen Machtverlust an der Wahlurne zu verhindern.
       
       Am Samstag erklärte die PAIGC, ihr Parteisitz in Bissau sei von
       „schwerbewaffneten Gruppen von Milizionären“ gestürmt worden. Die
       Bewaffneten hätten die Türen eingetreten, das Gebäude geräumt und das
       Mobiliar verwüstet. Expräsident Pereira soll verhaftet worden sein,
       Expräsidentschaftskandidat Dias ist untergetaucht.
       
       30 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] https://en.wikipedia.org/wiki/Dinis_Incanha
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 (DIR) [5] https://en.wikipedia.org/wiki/Il%C3%ADdio_Vieira_T%C3%A9
 (DIR) [6] https://en.wikipedia.org/wiki/African_Party_for_the_Independence_of_Guinea_and_Cape_Verde
 (DIR) [7] https://en.wikipedia.org/wiki/Domingos_Sim%C3%B5es_Pereira
       
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