# taz.de -- Viktor Orbán in Moskau: Wahlkampf auf Russisch
> Ungarns Ministerpräsident reiste heimlich zu einem Treffen mit Wladimir
> Putin im Kreml. Auf der Agenda standen Öl, Gas und ein neuer
> „Friedensgipfel“.
(IMG) Bild: Heimliches Treffen in Moskau: Viktor Orban muss sich um die ungarische Energieversorgung kümmern
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán traf am Freitag den
russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Orbán wurde von einer
großen Delegation begleitet, unter anderem Außenminister Péter Szijjártó,
Bauminister János Lázár und seinen Sicherheitsberater Marcell Biró. Auf
russischer Seite nahmen neben Putin auch Außenminister Sergej Lawrow,
Putins außenpolitischer Berater Jurij Uschakow und Vize-Ministerpräsident
Alexander Nowak an den Gesprächen teil.
Die Reise erfolgte unter äußerster Geheimhaltung, offenbar waren auch die
EU-Partner nicht informiert. Erst Freitagfrüh bestätigte die staatliche
russische Nachrichtenagentur TASS den Besuch – zu einem Zeitpunkt, als die
ungarische Regierungsmaschine bereits in der Luft war.
In einem Facebook-Video begründete Orbán die Reise mit der Notwendigkeit,
die Energieversorgung Ungarns für den Winter und das kommende Jahr zu
sichern. Die USA haben Ungarn kürzlich eine einjährige Ausnahme von ihren
Sanktionen gegen [1][russisches Öl und Gas] gewährt. Dieses will Ungarn
weiter beziehen, obwohl es längst Alternativen aus anderen Ländern gäbe.
Auch nukleare Fragen dürften auf der Agenda gestanden haben, wie die
ungarische Rechercheplattform Vsquare berichtete: Die US-Firma Westinghouse
steigt als Brennstofflieferant für das russisch konzipierte einzige
ungarische Atomkraftwerk Paks ein. Dasselbe AKW wird derzeit mit russischer
Unterstützung – einem Staatskredit über 80 Prozent der Kosten – ausgebaut.
## Drittes Treffen seit Beginn des Ukraine-Kriegs
Ein weiterer Punkt könnte die mögliche Übernahme des Gazprom-Anteils am
serbischen Öl-Unternehmen „Naftna industrija Srbije“ (NIS) durch den
ungarischen Konzern MOL sein. Die russische Gazprom hält derzeit einen
Mehrheitsanteil an NIS. Die US-Regierung drohte jedoch hohe Sanktionen an,
sollte der russische Anteil nicht binnen eines laufenden Ultimatums
abgestoßen werden.
Es handelte sich um das dritte Treffen zwischen Orbán und Putin seit dem
russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022. Unter ähnlicher
Geheimhaltung und Brüskierung der EU-Partner fuhr Orbán bereits im Juli
2024 auf [2][seine „Friedensmission“] nach Moskau, nachdem er unmittelbar
zuvor die Ukraine besucht hatte. 2023 fand ein gemeinsames Treffen in
Peking statt.
Grund für den jüngsten Besuch dürfte auch die bevorstehende ungarische
Parlamentswahl im April sein. Orbán kommt innenpolitisch zunehmend unter
Druck, denn nach 15 Jahren an der Macht und unzähligen Korruptionsfällen
wenden sich immer mehr frühere Unterstützer von ihm ab. [3][Orbáns
Herausforderer Péter Magyar], erst seit anderthalb Jahren auf der
politischen Bühne, und seiner Tisza-Partei werden hohe Chancen auf einen
Wahlsieg eingeräumt.
Schon seit längerem betreibt Orbán daher seinen Wahlkampf auch auf dem
internationalen Parkett. Im April [4][hofierte er den israelischen
Ministerpräsidenten] Benjamin Netanjahu, trotz anstehenden Haftbefehls des
Internationalen Strafgerichtshofs. Auch mit einem Gipfeltreffen von Trump
und Putin versuchte Orbán zuletzt zu punkten – dazu kam jedoch nicht. Beim
Treffen in Moskau signalisierte Putin jedoch, dass er nach wie vor Budapest
als bevorzugten Ort für ein Gipfeltreffen sähe.
Die aktuelle Reise fand nur wenige Wochen nach Orbáns Besuch bei Donald
Trump und inmitten laufender Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg statt.
Der Zeitpunkt schafft diplomatisches Unbehagen, nicht nur in Brüssel.
Nächsten Donnerstag ist der polnische Präsident Karol Nawrocki bei Orbán zu
Gast. Schon seit Jahren blickt man in Warschau höchst kritisch auf die
prorussische Haltung der ungarischen Regierung. Orbáns Besuch im Kreml
dürfte für neue Spannungen sorgen.
28 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Florian Bayer
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