# taz.de -- Rentensystem im Vergleich: Was Deutschland von Österreich lernen kann
> Die Alpenrepublik zahlt deutlich höhere Renten als Deutschland. Doch das
> österreichische System steht vor ähnlichen demografischen Problemen.
(IMG) Bild: Gute Aussichten im Alter: Blick vom Walmendinger Horn auf die Allgäuer Alpen
Nicht nur in Deutschland, auch in Österreich wird heftig über das Thema
Rente gestritten. „Bitte aufhören mit dem Pensions-Bashing“, forderte der
SPÖ-nahe Pensionistenverband jüngst. Das staatliche, wie in Deutschland
umlagefinanzierte System sei „krisenfest“ und „biete den Menschen
Sicherheit“. Und aus der SPÖ heißt es: „Nein zum Pensionsraub – Arbeiten
bis 70 wird es nicht geben“. Entsprechende Forderungen kommen aus Teilen
der Industrie.
Regelmäßig wird Österreich in der deutschen Rentendebatte [1][als Vorbild
präsentiert.] Die Zahlen klingen verlockend: 1.646 Euro Bruttorente im
Monatsdurchschnitt, in Deutschland sind es nur 1.120 Euro (2022). Laut
neuem OECD-Rentenbericht liegt die Nettoersatzrate in Österreich bei 86,8
Prozent – und damit im internationalen Spitzenfeld. Deutschland erreicht
hingegen nur 57,7 Prozent, der OECD-Durchschnitt liegt bei 63,2 Prozent.
Anders als in Deutschland zahlen in Österreich auch fast alle
Beschäftigungsgruppen verpflichtend in die Rente ein. Ein großer
Unterschied ist aber: Wer in Österreich nicht mindestens 15 Jahre
eingezahlt hat, bekommt keine Rente. In Deutschland reichen 5 Jahre. Zudem
sind die finanziellen Abschläge in Österreich vergleichsweise hoch, wenn
weniger als 45 Jahre lang ins System eingezahlt wurde – ein Hauptgrund
dafür, warum in Österreich Frauen im Schnitt um 35 Prozent niedrigere
Renten beziehen.
## Höhere Beiträge, höhere Bundeszuschüsse
Das österreichische System ist kein Wundermittel, sondern teuer erkauft.
Die Bevölkerung und die Betriebe zahlen mehr. Der Beitragssatz liegt seit
1988 bei 22,8 Prozent – in Deutschland sind es 18,6 Prozent. Dieser
Unterschied allein erklärt laut Deutscher Rentenversicherung [2][rund ein
Drittel der höheren Rentenzahlungen.] Dazu kommt ein höherer
Staatszuschuss: Knapp 27 Prozent des österreichischen Bundesbudgets fließen
in das Rentensystem. In Deutschland sind es rund 24 Prozent.
Auffällig ist: Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt in
Österreich bei 62 Jahren. Warum? „Weil die Renten so hoch sind“, erklärt
Martin Halla, Ökonom an der Wirtschaftsuniversität Wien. Viele seien
bereit, „Abschläge in Kauf zu nehmen und dafür früher in Pension zu gehen.“
Zum Vergleich: In Deutschland gehen sowohl Männer als auch Frauen
durchschnittlich mit 64,7 Jahren in den Ruhestand. Bei österreichischen
Frauen lag das Renteneintrittsalter zuletzt bei 60 Jahren, der für sie
geltenden Altersgrenze entsprechend. Erst seit Kurzem wird diese
schrittweise bis 2033 auf 65 angehoben – jenes Niveau, das auch für Männer
gilt. Österreich hat damit eine der niedrigsten Regelaltersgrenzen für
Frauen aller OECD-Staaten.
In den 2000er Jahren unter den beiden Regierungen von Wolfgang Schüssel
(ÖVP) gab es substanzielle Reformen: Die Abschläge für vorzeitigen
Renteneintritt wurden erhöht, der Rechnungszeitraum auf das gesamte
Erwerbsleben ausgeweitet, statt nur der besten 10 bis 15 Jahre, und der
Zugang zur Invaliditätsrente wurde erschwert. „Hätten diese Reformen nicht
stattgefunden, bräuchte man heute noch mehr Zuschüsse“, sagt Halla. Das
Renteneintrittsalter stieg daraufhin an.
Seit 2005 werden zudem neue Staatsbedienstete nach denselben Regeln wie
andere Arbeitnehmer behandelt. Mit dieser schrittweisen Harmonisierung
sollen die Ausgaben für Beamtenrenten von 3,3 Prozent des BIP (2022) auf
voraussichtlich 0,7 Prozent im Jahr 2060 sinken. Und 2022 wurde die
abschlagsfreie Frührente nach 45 Beitragsjahren durch einen
Frühstarterbonus ersetzt.
Die im Frühjahr gebildete Dreierkoalition aus Konservativen,
Sozialdemokraten und Liberalen hat sich viel vorgenommen und teils bereits
umgesetzt: Die Einführung einer Teilrente für schrittweisen Übergang und
eine Einschränkung der sogenannten Korridorpension, die bisher den
vorzeitigen Renteneintritt bei Vorliegen von 40 Versicherungsjahren
ermöglichte. Zudem soll ein Nachhaltigkeitsmechanismus greifen: Bei
Budgetabweichungen werden ab 2035 die Versicherungsjahre für die
Korridorpension automatisch erhöht. Ergänzt wird das durch ein
Beschäftigungspaket für Ältere mit Qualifizierungsmaßnahmen,
altersgerechten Arbeitsplätzen und Anreizen für Betriebe.
Trotz aller Unterschiede seien „die Grundprobleme des österreichischen und
des deutschen Rentensystems dieselben“, sagt Halla. In beiden Ländern
schlage die veränderte Demografie zu Buche, auf die nicht ausreichend
reagiert worden sei.
27 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Florian Bayer
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