# taz.de -- Machtkampf im BSW Sachsen-Anhalt: Wagenknecht-Partei macht sich selbst kaputt
       
       > Ein Parteitag des BSW in Sachsen-Anhalt sägt alle Kritiker der
       > Parteichefs im Landesvorstand ab. Zahlreiche Delegierte verlassen empört
       > das Treffen.
       
 (IMG) Bild: „Von Tuten und Blasen keine Ahnung“: Sachsen-Anhalts BSW-Chefs Thomas Schulze (l.) und John Lucas Dittrich
       
       Vizechefin abgesetzt, Landesgeschäftsführerin abgesetzt, ein Beisitzer
       abgesetzt: Das BSW in Sachsen-Anhalt hat am Samstag kurzen Prozess gemacht.
       Am Ende eines extra anberaumten Sonderparteitags ist nahezu der komplette
       bisherige Landesvorstand der Wagenknecht-Partei ausgetauscht. Zwei weitere
       Vorstandsmitglieder waren ihrem erwarteten Zwangsabgang zuvorgekommen. Sie
       traten bereits am Freitag zurück und dann auch gleich aus dem BSW aus.
       
       Das Parteitreffen in Burg, unweit der Landeshauptstadt Magdeburg, markiert
       den vorläufigen [1][Höhepunkt eines knallharten Machtkampfs im achtköpfigen
       Vorstand des BSW Sachsen-Anhalt]. Zwei Lager schenkten sich hier seit
       Monaten nichts. Auf der einen Seite standen die Landesvorsitzenden Thomas
       Schulze und John Lucas Dittrich sowie ein mit ihnen verbündeter Beisitzer,
       auf der anderen die jetzt zu Fall gebrachte 5er-Gruppe, die den beiden
       Chefs Machtgier, Intrigen und cholerische Ausbrüche vorhalten.
       
       Wie vergiftet die Stimmung auch innerhalb des rund 550 Mitglieder zählenden
       Landesverbands ist, zeigte sich schon bei der Eröffnungsrede von Thomas
       Schulze. Der Parteichef warf der 5er-Gruppe in der schmucklosen Stadthalle
       von Burg „Spaltung“ vor und gab sich auch ansonsten unversöhnlich. Gut zwei
       Drittel der 100 Delegierten standen im Anschluss auf und applaudierten
       euphorisch, das restliche Drittel buhte. Die Mehrheitsverhältnisse waren
       damit schnell geklärt. Mit ebendieser Zwei-Drittel-Mehrheit wurden die
       verbliebenen drei Kritiker:innen dann auch ihres Amtes enthoben.
       
       Deren Unterstützer:innen verließen unmittelbar danach fast geschlossen
       die Versammlung, auf der das Landes-BSW weiter um sich kreiste. Sie
       sprachen von einem „Tribunal“, das in Burg durchgezogen wurde, mit Leuten
       an der Spitze, „die von Tuten und Blasen keine Ahnung“ hätten. „Wir machen
       mit diesem Parteitag das BSW in Sachsen-Anhalt kaputt“, warnte Jan
       Witkowsky, Delegierter aus Halle und Ehemann der geschassten
       Vizelandeschefin Sylvia Winkelmann-Witkowsky. Sie selbst war gar nicht
       anwesend. „Ein Hörsturz, klar, der ganze Stress“, so Witkowsky zur taz.
       
       ## Schreckbild Thüringer Weg
       
       Wann der Zank und Streit im BSW Sachsen-Anhalt begonnen hat, ist nicht mehr
       genau auszumachen. Ebenso wenig die Frage, worum es – jenseits der Macht in
       der Partei – eigentlich geht. Beide Seiten werfen sich gegenseitig
       parteischädigendes Verhalten vor. Die Kritiker:innen halten die
       Parteichefs John Lucas Dittrich und Thomas Schulze dabei für gänzlich
       ungeeignet, da ihnen jegliche Fähigkeit zu Selbstkritik und Kompromissen
       abgehe. Dittrich und Schulze wiederum bescheinigen ihren Gegner:innen, auf
       einem obskuren Selbstfindungstrip zu sein.
       
       Im Kern handele es sich zudem um einen politischen Konflikt, so die
       Parteivorsitzenden. Der Vorwurf: Ihre Kritiker:innen planten, das BSW
       nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt in neun Monaten – [2][wie die
       Parteikolleg:innen in Thüringen] – an einer Anti-AfD-Koalition zu
       beteiligen. Die 5er-Gruppe weist die Aussage empört zurück: Eine Koalition
       mit CDU und SPD komme nicht infrage, eine Koalition mit der AfD aber auch
       nicht, die Brandmauer brauche es trotzdem nicht. Das Gleiche sagt Schulze:
       „Der Thüringer Weg ist nicht unser Weg.“
       
       Überhaupt Thüringen. Thomas Schulze zufolge pflegten seine
       Kritiker:innen beste Kontakte zum BSW in Thüringen um die dortige
       Finanzministerin und Wagenknecht-Widersacherin Katja Wolf. „Wir wissen,
       dass sich getroffen wurde“, sagte Schulze am Samstag auf taz-Nachfrage. Bei
       ihm klang das fast nach Skandal und Verrat. Auf jeden Fall nach: Spiel
       nicht mit den Schmuddelkindern.
       
       Nun wurde also aufgeräumt. Co-Landeschef Dittrich zeigte sich „mit dem
       Ausgang des Parteitags sehr zufrieden“. Ohne die 5er-Gruppe sei der Weg
       jetzt frei für einen „Neuanfang“. Was auch Dittrich weiß: Schon länger ist
       das BSW auch in Sachsen-Anhalt [3][auf dem absteigenden Ast]. Vor ziemlich
       genau einem Jahr wollten hier noch 16 Prozent der Befragten der Partei ihre
       Stimme geben, bei der Bundestagswahl kam sie dann nur noch auf 11 Prozent.
       Inzwischen ist das BSW in dem Bundesland bei 6 Prozent angekommen.
       
       29 Nov 2025
       
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