# taz.de -- Wahlausschuss gegen Neuauszählung: Demokraten sollte das Schicksal des BSW nicht egal sein
> Die Wagenknecht-Partei hat Probleme des Wahlrechts aufgezeigt. Was nun
> aus der Partei und ihren Wählern wird, sollte auch ihre Gegner
> interessieren.
(IMG) Bild: Das BSW hat Bedeutung eingebüßt, nicht aber die Probleme im Wahlrecht
Das Bündnis Sahra Wagenknecht [1][kämpft ums Überleben]. Die Gründerin gibt
beim BSW-Parteitag an diesem Wochenende nicht nur den Vorsitz ab, sie nimmt
perspektivisch auch ihren Namen mit. Selbst in Ostdeutschland, wo die
Partei in der Vergangenheit bis zu 20 Prozent holte, verliert sie an
Zustimmung. Wenn das BSW bei den kommenden Wahlen nicht in die Landtage von
Schwerin und Magdeburg einziehen sollte, war es das wohl.
Na und? Man kann das allgemeine Schulterzucken beinahe hören. Tatsächlich
wäre es auf den ersten Blick nicht schade um eine teils autoritär
organisierte Partei, die die Ukraine an Putin ausliefern will und deren
Geschäftsmodell zu oft das Verächtlichmachen des politischen Gegners war.
Aber so einfach sollten es sich Demokraten nicht machen.
Denn da ist einerseits die extrem knappe Niederlage bei der Bundestagswahl.
Etwa 9.000 Stimmen fehlten der Partei, 0,019 Prozent. Der
Wahlprüfungsausschuss [2][hat den Einspruch des BSW nun abgelehnt]. Und es
ist nicht damit zu rechnen, dass das Verfassungsgericht zu einem anderen
Urteil kommt. Das Wahlrecht regelt, dass konkrete Wahlfehler vorliegen
müssen, um einen Einspruch zu begründen. Dass es so knapp war wie noch nie,
reicht nicht aus.
Rechtlich ist gegen die Entscheidung [3][nichts einzuwenden]. Politisch
bleibt ein Störgefühl: 2,5 Millionen Menschen haben das BSW gewählt.
Statistisch ist es nicht unwahrscheinlich, dass bei 50 Millionen
Wahlzetteln so viele Stimmen falsch gezählt wurden, dass das BSW doch knapp
über die 5 Prozent gekommen ist.
## Nicht der Bundestag sollte entscheiden
Das BSW hat damit Probleme des Wahlrechts aufgezeigt. Es ist falsch, dass
der Bundestag über Wahleinsprüche selbst entscheidet. So steht immer der
Vorwurf im Raum, dass die Abgeordneten befangen sind, weil sie über ihr
eigenes Mandat entscheiden. Falsch ist auch, dass Wahlen nicht längst
transparenter und digitaler sind. Warum wird das vorläufige Ergebnis nicht
im Detail veröffentlicht, warum werden nicht alle Wahlzettel nach dem
Auszählen digitalisiert? Die Hürde, punktuell neu auszuzählen, sollte
niedriger werden, um das Vertrauen in Wahlen zu stärken.
Schon aus Eigennutz sollte alle Parteien und ihre Wähler das Schicksal des
BSW nicht kalt lassen: Wer sagt denn, dass es beim nächsten Mal nicht eine
andere Partei trifft, die knapp an der Fünfprozenthürde scheitert? Man
stelle sich vor, es beträfe die eigene Stimme.
Politisch stellt sich nun die Frage, was mit den Wählern passiert, die das
BSW gewählt haben. Der Erfolg der Partei hat gezeigt, dass sich viele
Menschen nicht von den etablierten Parteien vertreten fühlen, aber auch
nicht die AfD wählen wollten. Wem wenden sich diese Wähler zu, wenn das BSW
tatsächlich untergehen sollte? Schaffen es die demokratischen Parteien, sie
zu gewinnen? Oder wählen sie nun doch die AfD – und verschaffen der Partei
bei den kommenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und
Mecklenburg-Vorpommern die absolute Mehrheit? Die Antworten auf diese
Fragen könnten für die Bundesrepublik entscheidend sein.
5 Dec 2025
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## AUTOREN
(DIR) Kersten Augustin
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