# taz.de -- Sorgerechtsstreit in Hannover: Mutter soll fünf Monate im Knast bleiben
       
       > Eine Mutter, die ihre Tochter nicht an den Vater herausgab, kam in Haft,
       > weil sie nicht bei Gericht erschien. Nun sitzt sie bis April in
       > Ordnungshaft.
       
 (IMG) Bild: Ein strukturelles Problem: Demonstration gegen mütterfeindliche Sorgerechtsentscheidungen in Hannover 2022
       
       Eine 38-jährige Mutter aus Hannover, die sich [1][weigerte, ihre Tochter an
       den Vater herauszugeben], wurde Anfang November in Frankfurt verhaftet und
       in ein Gefängnis in Niedersachsen überführt. Das berichtet die Hannoversche
       Allgemeine Zeitung (HAZ). Die inzwischen 13-jährige Tochter wurde in einer
       Einrichtung in Niedersachsen untergebracht.
       
       Der Anwalt der Mutter, Christian Laue, hatte Haftbeschwerde eingelegt. Denn
       eigentlich sei die Haft nicht rechtens. Die Haft wurde daraufhin
       aufgehoben. Aber statt dessen muss die Mutter jetzt eine fünf Monate lange
       Ordnungshaft absitzen, die das Oberlandesgericht (OLG) Celle verhängt
       hatte.
       
       Der Fall zieht sich seit Jahren hin, auch die taz hat schon berichtet. Die
       Mutter hatte das [2][Sorgerecht für ihre beiden Töchter an den Vater]
       verloren. Die Ältere fuhr daraufhin im Juni 2021 mit der Straßenbahn
       eigenständig zur Wohnung der Mutter und bat diese darum, [3][bei ihr
       bleiben zu dürfen].
       
       Das OLG Celle hatte im Februar 2022 zunächst 30 Tage Ordnungshaft gegen die
       Mutter verhängt, weil diese ihre Tochter nicht aktiv zum Vater
       zurückbrachte. Die Mutter galt aus Sicht der Richter als nicht
       erziehungsfähig, weil sie die Bindung der Kinder zum Vater zu wenig
       toleriere. Sie sagte damals der taz, sie habe dem Vater mehrmals angeboten,
       das Kind abzuholen. Das habe dieser aber nicht getan. Sie respektiere aber
       den Willen des Kindes.
       
       ## Haft höchstens für drei Wochen zulässig
       
       Die Frau war mit ihrer Tochter untergetaucht, um der Haft zu entgehen. Den
       Haftbefehl soll es aber aus einem anderen Grund geben. So soll der Vater
       auch die Strafverfolgung seiner Ex-Frau beantragt haben.
       
       Daraufhin erhob die Staatsanwaltschaft Hannover Anklage wegen Entziehung
       Minderjähriger. Zu einem Gerichtstermin im September 2023 war die Mutter
       nicht erschienen. Daraufhin erließ das Gericht einen Haftbefehl nach
       Paragraf [4][230 Strafprozessordnung (StpO)].
       
       Der Anwalt der Mutter, Christian Laue, bezeichnete den Haftbefehl gegen
       seine Mandantin und auch die U-Haft als „völlig unverhältnismäßig“. Die
       Frau habe seinerzeit wegen der Ordnungshaft damit rechnen müssen, sofort
       festgenommen und ins Gefängnis gebracht zu werden.
       
       Er habe deshalb bei Gericht beantragt, den Prozess als
       Strafbefehlsverfahren durchzuführen. „Das Strafverfahren, um das es jetzt
       geht, wäre im Strafbefehlsverfahren längst erledigt“, sagte Laue der taz.
       Zudem sei eine Haft nach Paragraf 230 StpO laut Rechtsprechung des
       Bundesverfassungsgerichts höchstens für zehn Tage zulässig.
       
       Andere Kommentare sprächen von einer Höchstdauer von drei Wochen. Auch sei
       diese Haft nicht ohne Bezug auf einen in einem kurzen Zeitraum anstehenden
       Hauptverhandlungstermin denkbar. Da die Frau am 6. November verhaftet
       wurde, sei die Zeit bald um. Laue fordert die Freilassung seiner Mandantin.
       
       Gerichtssprecher Laurin Osterwold erklärt, der Haftbefehl sei erlassen
       worden, weil die Polizei die Frau nicht unter ihrer Anschrift aufgefunden
       habe. Aufgrund des Schreibens ihres Anwalts habe das Gericht nicht davon
       ausgehen können, dass sie zu einem weiteren Termin erscheinen würde.
       Angesprochen auf die Höchstfrist für so eine Haft nach Paragraf 230 StpO
       sagt Osterwold: „Es ist beabsichtigt, das Verfahren zeitnah abzuschließen.“
       
       Die Tochter soll inzwischen in einer Jugendeinrichtung bei Hannover wohnen.
       Das Mädchen wird demnächst 14. Damit ist es dann in einem Alter, in dem
       junge Menschen selbst Beschwerde gegen Entscheidungen einlegen können, die
       sie betreffen.
       
       ## Gerichtstermin im Dezember
       
       Laut dem Hamburger Rechtsanwalt Peter Hoffmann, der die Mutter vor dem
       Familiengericht vertritt, wird es Anfang Dezember einen Gerichtstermin
       geben. In dem wird es darum gehen, ob die Mutter Umgang mit ihren beiden
       Töchtern haben kann.
       
       Perspektivisch könnte sie auch erneut versuchen, das Sorgerecht zu
       beantragen. Allerdings hat sich das zuständige OLG Celle hier zuletzt durch
       einen harten Kurs hervorgetan, in dem es in vergleichbaren Fällen Müttern
       das Sorgerecht absprach.
       
       Grundlage ist, dass ihnen die Verantwortung dafür angelastet wird, wenn ein
       Kind seinen Vater nicht sehen will. Doch es gibt die Hoffnung, dass sich
       das noch mal ändert. „Es gibt Entscheidungen von Oberlandesgerichten aus
       [5][Frankfurt am Main], Köln und Brandenburg, die ganz anders lauten“, sagt
       Familienrechtler Hoffmann.
       
       „Die sagen, es kann nicht sein, dass man Kinder, die keinen Umgang mit dem
       Vater wollen, von ihren Müttern trennt, denn eine Umgangsverweigerung kann
       ganz andere Ursachen haben.“
       
       Am 28. November erreichte die taz die Nachricht, dass der Haftbefehl
       tatsächlich aufgehoben wurde. Die Mutter kam jedoch nicht frei, sondern
       wurde innerhalb der Justizvollzugsanstalt Hildesheim sofort in die
       Abteilung für „Ordnungshaft“ verlegt, wie ihr Anwalt Christian Laue
       berichtet. Diese wurde vom OLG Celle für 150 Tage verhängt und ist bis zum
       25. April 2026 terminiert.
       
       Gerichtssprecher Osterwold erklärt daraufhin, der Haftbefehl sei am 26.
       November aufgehoben worden, weil nun doch ein Strafbefehl ergehen soll. Die
       Höhe ist noch nicht bekannt, es kann jedoch bei so einem Strafbefehl
       maximal eine Bewährungsstrafe von einem Jahr geben.
       
       Gefragt, ob es hier nicht mit Strafbefehl und Ordnungshaft unterm Strich zu
       einer unzulässigen Doppelbestrafung der Mutter kommt, antwortet Sprecher
       Osterwold, dies sei nicht der Fall, da beides einen „unterschiedlichen
       Schutzzweck“ hätte. Einmal gehe es um den Schutz des Sorgerechts, das
       andere mal um die effektive Vollstreckung von Umgangs- und
       Herausgabe-Entscheidungen. Die Frau befinde sich in Ordnungshaft, die neben
       einem „Beugecharakter“ bei wiederholten Verstößen auch einen
       „Sanktionscharakter“ habe. Der aktuelle Beschluss dazu sehe 150 Tage vor,
       weil der ältere Beschluss über 30 Tage verjährt war. Ob diese Ordnungshaft
       verkürzt oder aufgehoben wird, sei „Entscheidung der zuständigen
       Richterin“.
       
       Indes erklärt Anwalt Christain Laue: „Diese fünfmonatige Ordnungshaft ist
       völlig überzogen, anders kann ich es nicht sagen.“ Zudem berichte seine
       Mandantin von unzumutbaren Bedingungen in der JVA Hildesheim wie Schimmel
       an den Wänden.
       
       Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde nach seinem Erscheinen im
       zweiten sowie in den letzten drei Absätzen aktualisiert. Eingearbeitet
       wurde die Nachricht, dass die Frau inzwischen eine fünfmonatige
       Ordnungshaft antreten musste.
       
       27 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Sorgerechtsstreit-in-Hannover/!5911008
 (DIR) [2] /Entscheidungspraxis-im-Familienrecht/!5919662
 (DIR) [3] /Recht-auf-Bildung-in-Niedersachsen/!5885729
 (DIR) [4] https://lexetius.com/StPO/230/ausbleiben-des-angeklagten
 (DIR) [5] https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/1-uf-186-24-olg-frankfurt-kindeswohl-familienstreit-sorgerechtsentzug-bestrafung-eltern
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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