# taz.de -- Mieterin schickt Rechnung an Vonovia: „30 Stunden Arbeit pro Woche“
> Zehn Jahre lang muss sich eine Vonovia-Mieterin immer wieder ihre Rechte
> erstreiten. Jetzt stellt sie dem Konzern diese Arbeitszeit in Rechnung.
(IMG) Bild: Mieter:innen, die für ihre Rechte einstehen, haben praktisch einen zweiten Job
Seit zehn Jahren wohnt Leila von der Spree, die einen Künstlernamen
verwendet, in einer Wohnung, die zunächst [1][Deutsche Wohnen und jetzt
Vonovia] gehört. In dieser Zeit musste sie sich so viel mit Mietsachen
herumschlagen, neben ihrem eigentlichen Job, dass sie jetzt in einem
offenen Brief an die Vonovia-Geschäftsführung diese „erzwungene Dauerarbeit
und Selbstverteidigung“ in Rechnung stellt.
taz: Leila von der Spree, Sie verlangen 500.000 Euro Honorar von Vonovia
als Entschädigung für die aufgebrachte Zeit, um sich gegen unrechtmäßige
Mieterhöhungen und Co zu wehren. Um was mussten Sie sich denn kümmern?
Von der Spree: Schon drei Monate nach meinem Einzug habe ich die ersten
Beschwerde-E-Mails schicken müssen. Da ging es um marode Heizungen. Seither
gab es unzählige weitere Themen, wie Schimmel, Schädlingsbefall,
Verwahrlosung im Hof, falscher Energiekennwert und Mieterhöhungen. Dann
muss man die bescheuerte Nebenkostenrechnung überprüfen und durchrechnen,
weil die eigentlich immer falsch ist. Das ist unheimlich viel Arbeit und
man sitzt da echt viele Stunden dran. Man muss sich da in Themen
einarbeiten, mit denen man sich gar nicht auskennt.
taz: Und wie sind Sie auf die konkrete Summe gekommen?
Von der Spree: Ich habe mir von einer KI ausrechnen lassen, wie viel Zeit
dabei drauf gegangen ist. Allein in den letzten zwei Jahren waren das pro
Woche manchmal mehr als 30 Stunden. Das Ergebnis habe ich dann mit einem
Stundenlohn von 100 Euro verrechnet – nichts im Vergleich dazu, was die
Vonovia-Anwälte verdienen. So bin ich auf die geforderte Summe gekommen.
Parallel lasse ich gerade von einem Rechtsanwalt überprüfen, ob es einen
Weg gibt, die Arbeitszeit und die gesundheitlichen Schäden, die wir durch
diese Dauerbelastung erleiden, in Rechnung zu stellen.
taz: Sie sprechen davon, dass Ihre Situation für die aller Mieter:innen
in Berlin steht. Ihre Situation sei kein Einzelfall, sondern habe System.
Was ist das „System-Vonovia“?
Von der Spree: Das, was Vonovia macht, nennt sich kalte, minimale
Compliance. Compliance ist praktisch der Verhaltenskodex eines
Unternehmens. In diesem Fall heißt das: [2][Vonovia macht so wenig wie
möglich für die Mieter], aber betrügt immer mehr. Und es gibt keine
politischen und juristischen Mittel dagegen, weil die das so machen, dass
sie am Rande der Gesetzgebung arbeiten und nötigenfalls zurückziehen. So
wie jetzt in dem Fall der rechtswidrigen [3][Mieterhöhung wegen
ÖPNV-Anbindung]. Damit wir uns wehren können, müssen wir praktisch gratis
Arbeitsstellen ausfüllen, während Vonovia eine ganze Armada hoch bezahlter
Rechtsanwälte beschäftigt.
taz: Was wäre sonst passiert?
Von der Spree: Hätten wir nichts getan, wären unsere Mieten doppelt so
hoch, unsere Wohnungen wären vergammelt und wir wären, wie so viele andere,
längst aus unseren Wohnungen und aus unserem Kiez vertrieben worden.
Mittlerweile sehen viele – unabhängig von der politischen Haltung – nur
noch eine Lösung: vergesellschaften.
taz: Sie richten sich in ihrem offenen Brief an den scheidenden
Vonovia-Geschäftsführer Rolf Buch und den werdenden Luka Mucic. Was würden
Sie den beiden gerne mal ins Gesicht sagen?
Von der Spree: Ich würde ihnen sagen, es gibt noch mehr außer Rendite. Es
gibt noch ein anderes Leben und das ist unser Leben. Man müsste die
Neiddebatte mal umdrehen und fragen: ‚Kann es sein, dass Sie und
Ihresgleichen neidisch auf uns sind, weil wir auch ohne Millionen oder
Milliarden ein gutes Leben führen können?‘ Vielleicht ist das ein bisschen
naiv. Aber ich würde die beiden einfach mal einladen, an unserem normalen
Leben teilzunehmen. Ich würde ihnen gerne unsere Situation und unsere
Perspektive näher bringen wollen. Und für eine gemeinwohlorientierte
Zukunft kämpfen, wo wir alle mitnehmen.
26 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Clara Dünkler
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