# taz.de -- Studie zu Wohnarmut: Wohnen macht mehr als 5 Millionen Menschen arm
> Offiziell sind in Deutschland 13 Millionen Menschen armutsgefährdet. Der
> Paritätische rechnet vor: Mit Blick auf steigende Mieten sind es noch
> viel mehr.
(IMG) Bild: Anfang November startete die Linkspartei eine Kampagne gegen den „Mietennotstand“
18,4 Millionen Menschen in Deutschland sind nach Auffassung des
Paritätischen arm. Dies erklärte der Sozialverband am Dienstag bei der
Vorstellung einer neuen Studie. Anders als [1][das Statistische Bundesamt
und die Bundesregierung] verwendet der Paritätische darin das Konzept einer
wohnkostenbereinigten Einkommensarmut. Damit gelten 5,4 Millionen mehr
Menschen als arm als bisher angenommen.
Auf die Zahl ist der Paritätische gekommen, in dem er Daten aus einer
Haushaltsbefragung des Statistischen Bundesamts neu ausgewertet hat. Dabei
hat er, wie auch die Behörde, einen relativen Armutsbegriff verwendet.
Demnach gilt als arm (beziehungsweise als „armutsgefährdet“, wie es bei
staatlichen Stellen heißt), wessen Einkommen unter 60 Prozent des mittleren
Einkommens liegt.
In einem Punkt unterscheiden sich die Methoden aber: Anders als bei der
konventionellen Armutsberechnung hat der Paritätische für die Bestimmung
von Median und Armutsquote nicht die kompletten Haushaltseinkommen
berücksichtigt, sondern nur das, was nach Abzug der Wohnkosten übrig
bleibt.
„Das eigene Zuhause wird immer stärker zur Armutsfalle“, kommentierte
Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes und
Mitautor der Studie. Die herkömmliche Berechnung erfasst diese Realität
laut des Wohlfahrtverbands nicht ausreichend. So hat die Bundesregierung
[2][in ihrem kürzlich veröffentlichten Armutsbericht] den Einfluss von
steigenden Mieten auf Menschen mit wenig Einkommen nicht in gleichem Maße
berücksichtigt.
Dabei entscheide nicht mehr nur die Höhe des Einkommens über den
Lebensstandard. „Es gibt keinen Ausgabenbestandteil in den
Haushaltsausgaben, der einen so dominanten Anteil einnimmt wie die
Wohnkosten“, so Rock dazu.
## Junge, Alte, Familien und Bremer
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass einige Bevölkerungsgruppen besonders
stark betroffen sind. Mit 31 Prozent fällt die Wohnarmut bei jungen
Erwachsenen bis 25 Jahren besonders hoch aus. Sie stehen häufig am Anfang
ihrer Erwerbstätigkeit oder befinden sich in der Ausbildung. Studierende
und Auszubildende mit eigener Haushaltsführung zahlen durchschnittlich 53
Prozent beziehungsweise 41 Prozent ihres verfügbaren Einkommens fürs
Wohnen. In Wohngemeinschaften sind es 37 Prozent. Aber auch Menschen im
Rentenalter oder Haushalte mit mehr als drei Kindern sind häufiger von
Wohnarmut betroffen.
Unterschiede gibt es auch zwischen den Bundesländern. In Bremen (33,4
Prozent), Sachsen-Anhalt (28 Prozent) und Hamburg (25,9 Prozent) ist die
Armut am stärksten verbreitet. In Bayern und Baden-Württemberg sind
vergleichsweise weniger Menschen betroffen. Dennoch gelten durch die
Rechnung des Paritätischen in Bayern 807.000 mehr Menschen als arm. In
Baden-Württemberg sind es 742.000.
## Mietendeckel und Investitionen
Dem Paritätischen zufolge würden zu einer erfolgreichen Armutsbekämpfung
auch wohnungspolitische Maßnahmen gehören. Der Verband fordert, dass Mieter
vor missbräuchlichen Kündigungen geschützt werden.
Außerdem brauche es massive Investitionen für den Rückkauf, Ankauf und
Erhalt von kommunalen Wohnungsbeständen und mehr sozialen Wohnungsbau.
Außerdem sollen Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen in angespannten
Wohnungsmärkten abgesenkt und [3][Mietendeckel] ermöglicht werden.
Mit Verweis auf den Bericht fordern auch die Bundestagsfraktionen von
Linken und Grünen mehr Mieterschutz. Die Unionsfraktion hingegen lehnt eine
aus ihrer Sicht übermäßige Regulierung ab, weil sich dadurch Vermieter aus
dem Markt zurückziehen würden. „Das Problem steigender Mieten lösen wir nur
durch mehr Wohnungsbau. Bauen muss in Deutschland einfacher, schneller und
günstiger werden“, erklärte Jan-Marco Luczak, Vorsitzender der AG Wohnen
der Fraktion.
9 Dec 2025
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