# taz.de -- Flucht aus dem Gazastreifen: Von Gaza nach Südafrika mit dubioser Organisation
> Mit einem umstrittenen Flug landen über 150 Palästinenser in
> Johannesburg, auch die Familie von Ali Bkheet. Er berichtet von der
> ungewöhnlichen Flucht.
(IMG) Bild: Flugzeug am Flughafen von Johannesburg: Bei der südafrikanischen Regierung sorgt der Flug für deutliche Irritationen
Etwa 1.200 Euro pro Person habe er bezahlt, sagt Ali Bkheet, um seine
Ehefrau und die drei Kinder aus dem Gazastreifen hinauszuholen. Sein Ziel:
letztlich eine Familienzusammenführung in Deutschland zu erreichen, wo
Bkheet seit 2019 lebt. Stattdessen strandet seine Familie auf einem
Rollfeld in Johannesburg, Südafrika.
Am vorvergangenen Donnerstag landet ein Flugzeug mit 153 Palästinensern und
Palästinenserinnen an Bord in der südafrikanischen Metropole. Zwölf Stunden
lang müssen sie an Bord bleiben, bis die südafrikanische Grenzpolizei sie
ins Land lässt, mit Visa für einen 90-tägigen Aufenthalt, wie es für
Inhaber palästinensischer Pässe Standard ist.
Bei der [1][südafrikanischen Regierung] sorgt der Flug für deutliche
Irritationen: Außenminister Ronald Lamola sprach von einer „klaren Agenda,
Palästinenser aus Gaza zu entfernen“ und kündigte Ermittlungen an.
Das der taz bekannte Prozedere bei Ausreisen aus dem Gazastreifen ist so:
Zunächst ist ein Visum eines aufnehmenden Landes nötig. Die diplomatischen
Vertretungen der visumsaustellenden Länder treten dann in Kontakt mit der
israelischen Behörde Cogat, die für die besetzten palästinensischen Gebiete
zuständig sind. Dann wird die Ausreise aus Gaza arrangiert. Nach Erfahrung
der taz werden die Menschen, denen die Ausreise bewilligt wurde, dann mit
dem Bus quer durch Israel nach Jordanien gebracht. Und nehmen von dort aus
Flüge in die jeweiligen Aufnahmeländer.
## Flug mit einer Charterairline nach Kenia
Doch bei dieser Ausreise läuft es anders, so erzählt Bkheet der taz: Seine
Familie wird mit einem Bus aus Gaza über den Grenzübergang Kerem Shalom
nach Israel gebracht und am Flughafen Ramon in Eilat ohne Komplikationen
eingecheckt. Von dort fliegen sie zunächst nach Kenia. Ein Bild, das die
Familie der taz schickt, zeigt das Flugzeug: „FlyYo.com“ steht darauf, eine
rumänische Charterairline.
Zusammen mit 149 weiteren Passagieren steigen sie anschließend in einen
Linienflug nach Johannesburg in Südafrika um – scheinbar ohne dass die
lokalen Behörden vorab informiert worden wären. Dort angekommen werden von
den Behörden unter anderem fehlende Dokumente und Rückflugtickets
beanstandet.
Auf Anfrage der taz schreibt Cogat: „Die Bewohner verließen den
Gazastreifen, nachdem Cogat von einem Drittland die Genehmigung erhalten
hatte, sie aufzunehmen.“ Mehrmalige Nachfragen der taz dazu, etwa um
welches Drittland es sich handle, werden nicht beantwortet.
Organisiert hatte die Ausreise die Nichtregierungsorganisation Al Majd
Europe. Bkheet sagt, dass er sie im Netz gefunden habe und danach
kontakiert hatte. Sie beschreibt sich online als grenzüberschreitendes Team
in Jerusalem, besitzt jedoch weder dort noch in ihrem angeblichen
Gründungsland Deutschland eine Registrierung. Sie behauptet, muslimische
Menschen aus Kriegszonen evakuieren zu wollen.
## Wer steckt hinter der Organisation Al Majd Europe?
Nach [2][Recherchen der israelischen Zeitung Ha'aretz] steckt hinter der
Organisation ein estnisch-israelischer Geschäftsmann, der telefonisch
bestätigt habe, die Operationen zu leiten. Ob israelische Behörden
involviert waren, ließ er offen. Ha'aretz schreibt aber: Das sogenannte
Voluntary Emigration Bureau, angesiedelt im israelischen
Verteidigungsministerium, habe die Organisation an das israelische Militär
verwiesen, um die Ausreisen zu koordinieren.
Südafrika vermutet ein bewusstes Vorgehen, um größere Gruppen aus Gaza
herauszubringen. Dieser Verdacht wird erhärtet durch einen Anfang des
Jahres vom US-Präsidenten Donald Trump [3][erklärten Umsiedlungsplan, der
von israelischen Regierungsvertretern offen unterstützt wird].
Laut israelischen Medien hatte die Organisation bereits ähnliche
Evakuierungen über Indonesien und Südafrika organisiert: eine im Mai, die
andere wenige Wochen vor dem Flug von Bkheets Familie. Die Zielorte wurden
den Familien jeweils erst kurz vor der Abreise mitgeteilt.
Für Betroffene ist dieser irreguläre Weg eine von nur wenig möglichen
Optionen, [4][den abgeriegelten Gazastreifen] zu verlassen. So auch für die
Familie von Ali Bkheet. Er selbst gelangte 2019 im Rahmen einer
Auszeichnung für einen von ihm produzierten Dokumentarfilm über
[5][getötete Journalisten in Gaza] nach Deutschland. Dort beantragte er
Asyl, das er nach einem langwierigen Verfahren erhielt. Seine Familie blieb
in Gaza zurück, während Bkheet die Familienzusammenführung plante.
## Evakuierung nur für deutsche Staatsbürger
Mit [6][Ausbruch des Gazakriegs im Oktober 2023] intensivierte Bkheet seine
Bemühungen: Er versuchte, seine Familie über ein reguläres
Familiennachzugsverfahren nach Deutschland zu holen. Doch geschlossene
Grenzübergänge zu Israel und Ägypten sowie fehlende konsularische
Strukturen machten das unmöglich. Die deutschen Botschaften in Ramallah und
Kairo stellten klar, dass nur deutsche Staatsbürger oder Personen mit
gesichertem Aufenthaltsstatus evakuiert werden könnten.
Selbst nachdem sie in Südafrika angekommen sind, bleibt die Lage für die
meisten der Evakuierten unklar. Einige bereiten Asylanträge in Südafrika
vor, andere warten auf Transit in Drittstaaten. Die Familie von Ali Bkheet
reist schon am Folgetag weiter nach Kairo. Gemeinsam mit seinem Anwalt
bereitet er nun einen [7][Antrag auf Familiennachzug] vor, der über die
deutsche Botschaft in Kairo laufen soll.
Während des Kriegs ließ er für seine Familie bereits alle nötigen Dokumente
– von Geburtsurkunden bis zu Einreisepapieren – in der deutschen Botschaft
[8][Ramallah] erneuern. Ein Termin Anfang Januar soll entscheiden, ob seine
Familie nach Jahren der Trennung über Kairo legal nach Deutschland
einreisen kann.
25 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Verhaeltnis-zwischen-Suedafrika-und-Israel/!6002759
(DIR) [2] https://www.haaretz.com/israel-news/security-aviation/2025-11-16/ty-article/.premium/shadowy-firm-run-by-an-israeli-estonian-has-gotten-hundreds-of-palestinians-out-of-gaza/0000019a-8c8f-d1cc-a9df-efdfff320000
(DIR) [3] /Pietaetlose-Propaganda-aus-den-USA/!6068873
(DIR) [4] /Gaza-Tagebuch/!6126877
(DIR) [5] /Journalismus-im-Gazastreifen/!6107699
(DIR) [6] /7-Oktober-Ueberlebender-im-Gespraech/!6115263
(DIR) [7] /Familiennachzug-nach-Deutschland/!6110663
(DIR) [8] /Gaza-Friedensplan/!6131879
## AUTOREN
(DIR) Lisa Schneider
(DIR) Zeina Abou Taha
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