# taz.de -- Grünen-Spitzenkandidat für Berlin-Wahl: „Ein schönes Leben für alle“
       
       > Werner Graf soll für die Grünen das Rote Rathaus übernehmen. Beim
       > Landesparteitag verspricht er, dass dort mit einem Graf mehr Demokratie
       > einzieht.
       
 (IMG) Bild: Die Frau an seiner Seite: Bettina Jarasch und ihr Co-Spitzenkandidat Werner Graf auf der Grünen-Parteitagsbühne
       
       Werner Graf und Bettina Jarasch sind nun auch offiziell das
       Spitzenkandidaten-Duo der Berliner Grünen für die Abgeordnetenhauswahl am
       20. September 2026. Beim Landesparteitag gab es Samstagnachmittag von 180
       Delegierten 147 Ja-Stimmen für die beiden. Das entspricht einer
       Unterstützung von 81,7 Prozent. Jarasch war [1][bei der Wahl 2021 und der
       Wiederholungswahl 2023 alleinige Nummer 1 der Grünen].
       
       Die Parteiführung hatte sich schon im Juli darauf festgelegt, dass Graf und
       Jarasch, die seit 2023 Chefs der Abgeordnetenhausfraktion sind, ihre Partei
       in den Wahlkampf führen. Die Grünen waren damit die erste der im Parlament
       vertretenen Parteien, die diese Personalie zumindest inoffiziell klärten.
       Die SPD folgte erst Ende August, die Linkspartei Anfang Oktober.
       
       Während aber bei der SPD schon lange vor [2][der offiziellen Kandidatenkür
       vor einer Woche] von „unserem Spitzenkandidaten Steffen Krach“ die Rede
       war, waren Graf und Jarasch bei den Grünen bis Samstag offiziell lediglich
       Bewerber für diese Position. Anderes hätte mutmaßlich zu Protest an der
       selbstbewussten Parteibasis geführt.
       
       Graf und Jarasch treten als Duo an, wobei Graf primus inter pares ist, der
       Erste unter Gleichen: Kämen die Grünen nach dem 20. September in die Lage,
       das Rote Rathaus zu übernehmen, würde er Regierender Bürgermeister und
       damit Nachfolger von Amtsinhaber Kai Wegner. Der CDUler ist noch nicht
       offiziell gewählt, eine erneute Spitzenkandidatur gilt aber als sicher.
       
       ## Grüne in Umfrage hinter CDU und Linkspartei
       
       [3][Eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage] lässt allerdings eine solche
       Übernahme derzeit als weit weg erscheinen: Vor den Grünen mit 16 Prozent
       liegt nicht nur die CDU (22 Prozent), sondern auch die Linkspartei (19
       Prozent), die damit stärkste Kraft im linken Lager ist. Dort bildet die SPD
       mit 13 Prozent das Schlusslicht. Die AfD befindet sich auf gleicher Höhe
       mit den Grünen. Zusammen hätten Linke, Grüne und SPD eine Mehrheit im
       Abgeordnetenhaus.
       
       Offen blieb am Samstag, ob die Grünen eine mit Antisemitismus-Debatten
       belastete Linkspartei als führende Kraft einer Koalition unterstützen
       würden. Graf und Jarasch gingen am Samstag in ihren Bewerbungsreden weder
       darauf noch generell auf mögliche Bündnisse nach dem 20. September ein.
       
       Was vor allem in Grafs Rede auffiel: die Strategie, dem oft gehörten
       Vorwurf der Verbotspartei nicht zu widersprechen oder eine solche
       Einordnung zu vermeiden, sondern das ins Positive zu drehen. „Ja, ich will
       verbieten“, sagte der wenig später gewählte Spitzenkandidat, „ich will das
       Totrasen auf unseren Straßen verbieten, ich will das Böllern verbieten und
       ja, ich will die AfD verbieten.“ Auch in einem nach der Wahl von Graf und
       Jarasch gezeigten kurzen Film gaben sich die Grünen
       offensiv-selbstironisch: „Schwuler Gutmensch“, hieß es dort über Graf.
       
       Graf selbst bezeichnete Jarasch und sich in seiner Rede als „das perfekte
       Team“. Nach der Wahl der beiden streiften sich zahlreiche Delegierte und
       anschließend auch die Parteispitze auf der Bühne grüne Trikots mit dem
       Aufdruck „Berlin geht nur im Team“ über, wie es sonst bei Sportmannschaften
       nach Meisterschaftserfolgen oder Pokalsiegen zu sehen ist.
       
       ## Jarasch will Expo und Bauausstellung
       
       Trotz des aktuellen Umfragerückstands und geringer Bekanntheit in Berlin
       machte Graf seinen Anspruch klar: „Ich trete an, um Kai Wegner abzulösen.“
       Jarasch nannte in ihrer Rede neben dem Kampf für bezahlbaren Wohnraum und
       gegen eine aufs Auto konzentrierte CDU-Verkehrspolitik zwei ganz konkrete
       Punkte. Sie forderte zum einen ein „Büro-Moratorium“, ein Stoppen weiterer
       Bürobauten, und die Nutzung von ungenutzter Bürofläche – nach ihren Zahlen
       1,7 Millionen Quadratmeter – für „Wohnen auf Zeit“. Das soll ohne
       aufwändige rechtliche Umwidmung möglich sein.
       
       Zum zweiten schlug sie zur Feier von 800 Jahren Berlin im Jahr 2037 eine
       internationale Bauausstellung vor, verbunden mit einer Weltausstellung –
       einer Expo – im Jahr 2035. Die ist für Jarasch viel eher in Reichweite als
       die vom schwarz-roten Senat aktuell verfolgte Bewerbung für Olympische
       Spiele 2036, 2040 oder 2044. „Machen wir uns doch ehrlich: Der Zug für
       Olympia ist längst abgefahren, und das weiß Kai Wegner ganz genau“, sagte
       Jarasch, „aber die Expo können wir kriegen.“
       
       Das Spitzen-Duo kritisierte zwar mehrfach Wegner und sprach ihm auch
       Fähigkeiten als Regierungschef ab – „er will es nicht, er macht es nicht,
       er kann es nicht“, sagt etwa Jarasch. Weitergehende Angriffe blieben aber
       aus. Graf kündigte an, einen Wahlkampf „mit Anstand, mit Respekt“ zu
       führen. Wegner hatte bei einem CDU-Landesparteitag wegen seiner Haltung zu
       Drogenfreigabe gesagt, Graf habe „nicht mehr alle Latten am Zaun“.
       
       Seine Rede beendet der Grünen-Spitzenkandidat mit einem Versprechen: Ein
       Graf im Roten Rathaus bedeute mehr Demokratie „und ein schönes Leben für
       alle.“
       
       22 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /B-wie-Buergermeisterin/!5733579&s=Jarasch+pop+kapek/
 (DIR) [2] /Parteitag-der-SPD-Berlin/!6130044
 (DIR) [3] https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/berlin.htm
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
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