# taz.de -- Vorbereitung auf den Ernstfall: EU plant „Schengen des Militärs“
       
       > Die EU will Soldaten und Panzer schnell innerhalb der Länder verlegen
       > können. Der Verteidigungskommissar spricht von einem „Eckpfeiler der
       > Kriegsführung“.
       
 (IMG) Bild: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihr Verteidigungskommissar Andrius Kubilius
       
       afp | Vor dem Hintergrund der russischen Bedrohung plant die EU eine Art
       Schengenraum für das Militär, um im Notfall schnell Soldaten und Gerät über
       EU-Grenzen hinweg verlegen zu können. „Je schneller wir Streitkräfte
       bewegen können, desto stärker sind unsere Abschreckung und Verteidigung“,
       sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Mittwoch bei der Vorstellung
       des Maßnahmenpakets in Brüssel. EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius
       bezeichnete Geschwindigkeit als „Eckpfeiler der [1][Kriegsführung]“.
       
       Das Projekt soll es laut Kommission ermöglichen, „schneller, sicherer und
       besser koordiniert“ Truppen und militärische Ausrüstung durch Europa zu
       bewegen. Demnach soll dieser militärische Mobilitätsraum bis 2027
       geschaffen werden und ist Teil des EU-Plans, die Verteidigungsfähigkeit der
       EU bis 2030 massiv zu stärken.
       
       Der Kommission zufolge soll es künftig eine Genehmigung für alle
       Grenzübergänge geben mit einer maximalen Bearbeitungszeit von drei Tagen.
       Für den Kriegsfall soll ein Schnellverfahren eingeführt werden, das unter
       anderem bei Einsätzen im Kontext von Nato oder EU den vorrangigen Zugang
       des Militärs zu Infrastruktur beinhaltet und das Genehmigungsverfahren mit
       einer bloßen Benachrichtigung ersetzt.
       
       Bisher bedarf der Transport von Panzern und anderem schweren Gerät noch
       Genehmigungen jedes einzelnen Transitlandes – bei einigen kann dies bis zu
       45 Tage dauern. Doch selbst mit diesen Genehmigungen müssen Militärkolonnen
       häufig lange Umwege fahren, um Straßen und Brücken zu meiden, die ihr
       Gewicht nicht tragen können. Vor einigen Monaten hatten EU-Prüfer gewarnt,
       dass Militärtransporte durch die EU „problematisch“ seien. Ein Beispiel: Im
       Jahr 2022 hatte Frankreich Schwierigkeiten, Panzer nach Rumänien zu
       transportieren, nachdem Deutschland wegen des Gewichts die Nutzung seiner
       Straßen untersagt hatte.
       
       ## Deutschland als logistische Drehschreibe
       
       Deutschland gilt aufgrund seiner geostrategischen Lage in der Mitte Europas
       im Ernstfall eines Konflikts mit Russland als eine logistische Drehscheibe
       für Truppen- und Materialtransporte Richtung [2][Osteuropa]. Gleiches gilt
       für Nachschub und Rücktransporte. Auch für Verstärkungskräfte aus den USA
       und Kanada oder britische Truppen fungiert Deutschland nach Angaben der
       Bundeswehr als erster Anlaufpunkt. Vergangene Woche hatten acht EU-Länder,
       darunter Deutschland, Polen und die Niederlande, bereits eine
       Absichtserklärung für einen militärischen Mobilitätsraum für das nördliche
       Mitteleuropa unterzeichnet.
       
       Mit den nun von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen sollen die
       Mitgliedstaaten verpflichtet werden, zusammen mit der Kommission Routen für
       die Verlegung militärischer Ausrüstung und Truppen zu erarbeiten und zu
       prüfen, inwiefern Straßen, Schienen, Tunnel oder Brücken die dafür
       notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Anhand dieser Routen sollen vier
       grenzübergreifende Korridore für Militärtransporte festgelegt werden. Nach
       Angaben von Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas wurden bereits 500
       Nadelöhre identifiziert, deren Beseitigung rund 100 Milliarden Euro kosten
       dürfte.
       
       ## Milliarden für militärische Mobilität
       
       Der Kommission zufolge sind im nächsten mehrjährigen EU-Haushalt ab 2028
       mehr als 17 Milliarden Euro für militärische Mobilität eingeplant. Bis
       dahin können laut Tzitzikostas Gelder aus dem EU-Kohäsionsfonds sowie dem
       EU-Verteidigungsfonds Safe und aus nationalen Haushalten genutzt werden.
       
       Die 22 EU-Länder, die auch [3][Mitglieder der Nato] sind, hatten sich im
       Juni beim Nato-Gipfel dazu verpflichtet, künftig 1,5 Prozent ihres
       Bruttoinlandsproduktes für verteidigungsrelevante Ausgaben aufzubringen –
       etwa Infrastruktur.
       
       Zu den Kommissionsplänen gehört auch der Schutz strategischer Infrastruktur
       sowie Investitionen in Cyber- und Energiesicherheit. Zudem soll mithilfe
       eines Fahrplans zum Umbau der Verteidigungsindustrie in der EU die
       Verteidigungsbereitschaft verbessert werden. So sollen etwa mit einem eine
       Milliarde schweren Fonds Investitionen in Verteidigungsunternehmen
       unterstützt und die Entwicklung neuer Technologien beschleunigt werden.
       
       Die Kommission will ihren Vorschlag in der kommenden Woche im
       Europaparlament vorstellen und im Dezember mit den Mitgliedstaaten
       diskutieren. Die Vorsitzende der CSU-Europagruppe, Angelika Niebler, nannte
       die Maßnahmen „dringend notwendig“. Europa brauche ein „militärisches
       Schengen, um unsere Verteidigungsfähigkeit sicherzustellen“.
       
       19 Nov 2025
       
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